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UmsatzsteuerKleinunternehmer goes international: JStG 2024 bringt grundlegende Reformen – auch national

Abo-Inhalt02.12.202413 Min. Lesedauer

| Eine EU-Richtlinie hat alle Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre Kleinunternehmerregelungen anzupassen und zu reformieren. Das Ergebnis: Der Kleinunternehmer wird international. Ab 01.01.2025 erstreckt sich die Kleinunternehmerregelung nicht mehr nur auf das Inland, sondern auch auf den europäischen Binnenmarkt. Damit können auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer die deutsche Kleinunternehmerregelung nutzen – und umgekehrt. |

So ist der Kleinunternehmer noch bis 31.12.2024 geregelt

Die Kleinunternehmerregelung ist bislang in § 19 UStG verankert. Sie kommt immer dann zur Anwendung, wenn Ihr Umsatz zzgl. Steuer

  • im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht überstiegen hat und
  • im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro absehbar nicht übersteigen wird.

Das Positive an der Kleinunternehmerregelung: Die Finanzverwaltung erhebt die grundsätzlich von Ihnen geschuldete Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 S. 1 UStG nicht. Die Kehrseite der Medaille: Als Kleinunternehmer steht Ihnen kein Vorsteuerabzug zu.

Praxistipp | § 19 Abs. 2 UStG erlaubt es Kleinunternehmern, zur Regelbesteuerung zu optieren. Üben Sie die Option aus, sind Sie fünf Jahre an die Regelbesteuerung gebunden. Das Gute daran: Sie können Vorsteuern geltend machen.

Ab 2025 gelten neue Schwellenwerte

Ab dem 01.01.2025 werden die Umsatzschwellen für die Kleinunternehmer- regelung durch das JStG 2024 (Abruf-Nr. 243440) angehoben.

Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr: Maximal 25.000 Euro

Sodann darf der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr die Schwelle von 25.000 Euro nicht überschreiten (bisher: 22.000 Euro). Wie sich der maßgebende Gesamtumsatz ermittelt, regelt der neue § 19 Abs. 2 UStG.

Beispiel 1

Malte ist Kleinunternehmer. Sein Gesamtumsatz i. S. v. § 19 Abs. 2 UStG beträgt regelmäßig 20.000 Euro. 2024 hat er aber 24.000 Euro Umsatz gemacht.
Lösung: Ohne die Gesetzesänderung könnte Malte 2025 nicht als Kleinunternehmer tätig werden; er müsste die Regelbesteuerung anwenden. Weil der Grenzwert auf 25.000 Euro angehoben wurde, gilt Malte auch 2025 als Kleinunternehmer.

Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr: Maximal 100.000 Euro

Der Gesamtumsatz im laufenden Jahr darf nach dem neuen § 19 Abs. 1 UStG künftig 100.000 Euro nicht überschreiten. Bisher hieß es noch „(...) 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen (...)“. Der Gesetzgeber hat die Umsatzschwelle also nicht nur verdoppelt, sondern sie auch mit einem absoluten Grenzwert versehen. Das bedeutet: Überschreiten Sie die Umsatzschwelle von 100.000 Euro Gesamtumsatz im laufenden Jahr, fällt ab dem Umsatz, ab dem Sie die Schwelle überschreiten, die Kleinunternehmerregelung weg. Dieser und alle folgenden Umsätze unterliegen dann der Regelbesteuerung.

Beispiel 2

Malte ist Kleinunternehmer. Für 2025 geht er von einem Gesamtumsatz von 45.000 Euro aus. Unvorhergesehen entdeckt er eine Marktlücke und generiert tatsächlich 120.000 Euro Umsatz. Davon erzielt er 99.800 Euro bis Oktober 2025. Im November tätigt er einen Umsatz in Höhe von 700 Euro und dann – bis zum Jahresende – Umsätze über 19.500 Euro.
Lösung bisher: Nach bisheriger Gesetzeslage wäre Malte 2025 vollständig Kleinunternehmer, weil die zu Jahresbeginn aufgestellte Prognose einen voraussichtlichen Gesamtumsatz von nicht mehr als 50.000 Euro enthält. Damit hätte Malte bisher die 120.000 Euro ohne Umsatzsteuerbelastung vereinnahmt.
Lösung neu: Die Neufassung von § 19 Abs. 1 UStG sieht einen absoluten Grenzwert von 100.000 Euro vor. Mit dem Umsatz, mit dem Malte die Grenze von 100.000 Euro überschreitet, fällt die Kleinunternehmerregelung weg. Das bedeutet effektiv, dass Malte nur 99.800 Euro Umsatz als Kleinunternehmer erzielt hat; die weiteren 20.200 Euro unterliegen der Regelbesteuerung.

Wichtig | Nehmen Sie Ihre gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auf, ist § 19 Abs. 1 S. 1 UStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass Ihr Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr den Betrag von 25.000 Euro nicht überschreiten darf. Überschreiten Sie die 25.000-Euro-Grenze im Jahr der Betriebseröffnung, unterliegt bereits der Umsatz, mit dem Sie die Grenze überschritten haben, der Regelbesteuerung. Der davor getätigte Umsatz bleibt steuerfrei.

Umsätze werden offiziell steuerfrei

Bislang hat die Finanzverwaltung bei Kleinunternehmern die für Umsätze i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer schlicht nicht erhoben. Es handelte sich nicht um eine Steuerbefreiung. Deshalb hat der Gesetzgeber

über § 19 Abs. 1 S. 4 UStG dafür gesorgt, dass Kleinunternehmer keinen Vorsteuerabzug geltend machen können.

Der neue § 19 Abs. 1 S. 1 UStG gibt dieses Prinzip auf. Ab 01.01.2025 ist der von Kleinunternehmern getätigte Umsatz i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit schließt den Vorsteuerabzug ebenfalls aus (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 3 UStG).

Neuer § 19 Abs. 2 UStG regelt Gesamtumsatzberechnung

Der für die Schwellenwerte von 25.000 bzw. 100.000 Euro maßgebliche Gesamtumsatz ermittelt sich ab 01.01.2025 nach § 19 Abs. 2 UStG. Das Berechnungsschema bleibt unverändert. Die bisher in § 19 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 UStG enthaltenen Regelungen wurden lediglich im neuen § 19 Abs. 2 UStG zusammengeführt.

Wichtig | Haben Sie Ihre gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahrs ausgeübt, mussten Sie bislang den tatsächlichen Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umrechnen. Diese Umrechnung entfällt ab dem 01.01.2025. Es kommt nur noch auf den tatsächlich erzielten Gesamtumsatz an.

Neuregelung bringt neue Fristen in Sachen Option

Ab 01.01.2025 ist es weiterhin möglich, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten und stattdessen die Regelbesteuerung anzuwenden. Diese Option ist nun in § 19 Abs. 3 UStG geregelt, entspricht im Wesentlichen aber dem bisherigen § 19 Abs. 2 UStG.

Wie bisher gilt der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung von Beginn des Jahres an, für das er gelten soll. Sie können also nicht unterjährig optieren. Zudem sind Sie durch die Option – auch wie bisher – für mindestens fünf Jahre an die Regelbesteuerung gebunden und können erst zu Beginn eines darauffolgenden Jahres zur Kleinunternehmerregelung zurückkehren.

Wichtig | Kehren Sie zur Kleinunternehmerregelung zurück, sind Sie nicht für weitere fünf Jahre daran gebunden. Sie können bereits nach einem Jahr wieder zur Regelbesteuerung optieren.

Neu ist die in § 19 Abs. 3 S. 1 UStG geregelte Frist für die Option. Bislang konnten Sie die Option nur bis zum Ablauf des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs erklären. Wollen Sie also für 2024 optieren, müssen Sie den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung Ihrem Finanzamt bis zum Ablauf des 31.12.2026 erklären. Diese recht lange Frist ist nun vom Tisch.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2025 können Sie den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs gegenüber Ihrem Finanzamt erklären. Für 2025 müssen Sie also bis zum 28.02.2027 die Option ausüben.

Wichtig | Neu ist auch, dass ein einmal erklärter Verzicht unwiderruflich ist. Haben Sie also auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet, sind Sie daran fünf Jahre gebunden. Der Verzicht kann dabei auch konkludent erfolgen, z. B. durch die Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung oder Jahreserklärung mit Berechnung der Steuer nach der Regelbesteuerung. Ergo: Optieren Sie nicht vorschnell, sondern prüfen Sie die Option vorab eingehend. Es gibt so schnell kein Zurück mehr.

Ausländischer Unternehmer kann Kleinunternehmer werden

Vollkommen neu ab 01.01.2025 ist § 19 Abs. 4 UStG. Der gestattet es Unternehmern, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die in Deutschland geltende Kleinunternehmerregelung anzuwenden. Dafür muss der ausländische Unternehmer zwei zusätzliche Voraussetzungen erfüllen:

  • 1. Der nach Art. 288 der Richtlinie 2006/112/EEG ermittelte Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet darf im vorangegangenen Jahr 100.000 Euro nicht überschritten haben und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreiten.
  • 2. Dem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer muss durch den Mitgliedstaat seiner Ansässigkeit eine gültige Kleinunternehmer-Identifikationsnummer erteilt worden sein.

Der Vorteil: Wendet der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer für seine in Deutschland bewirkten Umsätze die Kleinunternehmerregelung an, sind diese Umsätze nach § 19 Abs. 1 S. 1 UStG steuerfrei.

Beispiel 3

Der in Frankreich ansässige Unternehmer Fabrice tätigt in Frankreich einen Umsatz von 20.000 Euro, in den Niederlanden einen Umsatz von 22.000 Euro und in Deutschland einen Umsatz von 24.000 Euro.
Lösung: Bisher unterlag der von Fabrice in Deutschland bewirkte Umsatz der Umsatzsteuer. Weil der Gesamtumsatz im Gemeinschaftsgebiet mit 66.000 Euro aber den Grenzbetrag von 100.000 Euro nicht überschreitet und auch die in Deutschland für die deutsche Kleinunternehmerregelung geltende Grenze von 25.000 Euro eingehalten wird, kann Fabrice über § 19 Abs. 4 UStG die in Deutschland geltende Kleinunternehmerregelung nutzen. Sein in Deutschland bewirkter Umsatz von 24.000 Euro ist somit steuerfrei (§ 19 Abs. 1 S. 1 UStG). Dafür muss er eine ihm von Frankreich erteilte Kleinunternehmer-Identifikationsnummer nutzen.

Wichtig | Die Prüfung des gesamten Jahresumsatzes im Gemeinschaftsgebiet obliegt dem Ansässigkeitsstaat (im Beispiel 3: Frankreich). Überschreitet der Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet die absolute Grenze von 100.000 Euro, findet die Steuerbefreiung ab diesem Zeitpunkt keine Anwendung mehr. Sichergestellt wird das, indem der Ansässigkeitsstaat die erteilte Kleinunternehmer-Identifikationsnummer deaktiviert.

„EU-Kleinunternehmer“ darf auch optieren

Weil inländische Kleinunternehmer auf die Kleinunternehmerregelung verzichten können, besteht diese Möglichkeit auch für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer. Bei ihnen erfolgt die Verzichtserklärung aber über § 19 Abs. 5 UStG; sie ist mit einigen Besonderheiten versehen:

Zum einen muss der ausländische Kleinunternehmer den Verzicht gegenüber der zuständigen Finanzbehörde im Ansässigkeitsstaat erklären. Zum anderen gilt der Verzicht nicht immer zu Beginn eines Kalenderjahrs, sondern zu Beginn des auf den Eingang der Verzichtserklärung folgenden Kalendervierteljahrs.

Beispiel 4

Wie Beispiel 3; Unternehmer Fabrice aus Frankreich verzichtet aber am 15.01.2025 gegenüber der für ihn in Frankreich zuständigen Finanzbehörde auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung in Deutschland.
Lösung: Der Verzicht wirkt ab dem 01.04.2025. Ab dann gilt für Fabrice in Deutschland die Regelbesteuerung. Bis zum 31.03.2025 gilt die Kleinunternehmerregelung.

Auch der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer bindet sich durch den Verzicht mindestens für fünf Kalenderjahre an die Regelbesteuerung. Die Option kann er nur mit Wirkung von Beginn eines darauffolgenden Kalenderjahrs an ausüben (§ 19 Abs. 5 S. 4 und 5 UStG). Das erste der fünf Jahre ist das Jahr, in dem der Verzicht wirksam wird.

Es wird noch komplizierter: Geht die Verzichtserklärung erst im letzten Monat eines Kalendervierteljahrs ein, wird der Verzicht nicht bereits mit Beginn des nächsten Kalendervierteljahrs an wirksam, sondern erst von Beginn des zweiten Monats des folgenden Kalendervierteljahrs (§ 19 Abs. 5 S. 3 UStG).

Beispiel 5

Wie Beispiel 3; Unternehmer Fabrice aus Frankreich verzichtet aber am 15.03.2025 gegenüber der für ihn in Frankreich zuständigen Finanzbehörde auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung in Deutschland.
Lösung: Eigentlich wird der Verzicht zum 01.04.2025 wirksam (Beginn des nächsten Kalendervierteljahrs). Weil Fabrice den Verzicht jedoch im letzten Monat eines Kalendervierteljahrs ausgesprochen hat, gilt er erst ab dem 01.05.2025.

Wichtig | Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer kann also nur für künftige Zeiträume auf die Kleinunternehmerregelung in Deutschland verzichten. In Deutschland ansässige Kleinunternehmer können hingegen auch rückwirkend auf die Kleinunternehmerregelung verzichten.

Deutscher Kleinunternehmer darf Steuerfreiheit in EU nutzen

Weil im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer die in Deutschland geltende Kleinunternehmerregelung nutzen können (§ 19 Abs. 4 UStG), gilt Entsprechendes in umgekehrter Weise auch für Kleinunternehmer, die in Deutschland ansässig sind. Mit anderen Worten: Sind Sie ein in Deutschland ansässiger Kleinunternehmer, können – neben Ihren in Deutschland steuerfrei bewirkten Umsätzen – auch Ihre im übrigen Gemeinschaftsgebiet bewirkten Umsätze steuerfrei sein.

Teilnahme am Meldeverfahren ist zwingend erforderlich

Damit das in der Praxis funktioniert, hat der Gesetzgeber mit § 19a UStG ein besonderes Meldeverfahren eingeführt. Es dient der Prüfung der Voraussetzungen für die unionsweite Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung. Folglich müssen Sie an dem Meldeverfahren zwingend teilnehmen, wenn Sie die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in einem anderen Mitgliedstaat, sprich außerhalb von Deutschland, in Anspruch nehmen wollen.

Wichtig | Sind Sie im Inland, also in Deutschland, ansässig und wollen ausschließlich in Deutschland die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in Anspruch nehmen, spielt der neue § 19a UStG und das darin eingeführte Meldeverfahren für Sie keine Rolle.

So bleiben Ihre Umsätze in anderen Mitgliedstaaten steuerfrei

Voraussetzung für die Teilnahme am Meldeverfahren ist zunächst, dass Sie die Teilnahme über das Online-Portal des BZSt („BOP“) beantragen. Darüber hinaus müssen Sie noch drei weitere Voraussetzungen erfüllen:

  • 1. Ihr Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet darf im Vorjahr 100.000 Euro nicht überschritten haben und im laufenden Jahr nicht überschreiten.
  • 2. Sie müssen die nationalen Bedingungen zur Inanspruchnahme der Sonderregelung für Kleinunternehmer des Mitgliedstaats erfüllen, der die Steuerbefreiung gewähren soll. Wollen Sie z. B. in den Niederlanden als steuerfreier Kleinunternehmer agieren, darf Ihr Umsatz in den Niederlanden nicht mehr als 20.000 Euro betragen.
  • 3. Sie dürfen nicht in einem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer registriert sein.

Wichtig | Die Kleinunternehmerregelung beantragen Sie nicht pauschal für alle Mitgliedstaaten des übrigen Gemeinschaftsgebiets. Sie stellen für genau den Staat einen Antrag, in dem Sie als Kleinunternehmer agieren wollen. Diesen Antrag können Sie dann später auf weitere Mitgliedstaaten erweitern.

Die Entscheidung über die Anwendung der Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat obliegt dem im Antrag genannten Mitgliedstaat. Dieser prüft die Voraussetzungen und teilt dem BZSt das Ergebnis mit. Gewährt der angefragte Mitgliedstaat die Anwendung der Steuerbefreiung in seinem Hoheitsgebiet, erteilt das BZSt Ihnen eine für genau diesen Mitgliedstaat gültige Kleinunternehmer-Identifikationsnummer. Mit dieser können Sie dann die Steuerbefreiung in dem genehmigten Mitgliedstaat in Anspruch nehmen.

Beispiel 6

Unternehmer Ulf ist in Deutschland ansässig. Sein Umsatz in Deutschland beträgt jährlich 22.000 Euro. Er möchte nun auch in den Niederlanden tätig werden und plant dort mit einem Umsatz von jährlich 10.000 Euro. Ulf beantragt über das BZSt in den Niederlanden die Kleinunternehmerregelung. Die Niederlande stimmt zu; über das BZSt erhält Ulf eine gültige Kleinunternehmer-Identifikationsnummer.
Lösung: Der in den Niederlanden generierte Umsatz unterliegt dort nicht der Umsatzsteuer, sondern ist steuerfrei.

Die Teilnahme am Meldeverfahren ist unabhängig davon, ob Ihre Umsätze im Inland der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer unterliegen. Das bedeutet, dass Sie im Inland als regelbesteuerter Unternehmer auftreten, aber im übrigen Gemeinschaftsgebiet die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer nutzen können. Die Gesamtumsatzgrenze von 100.000 Euro gilt aber auch hier.

Beispiel 7

Wie Beispiel 6; der Umsatz von Ulf in Deutschland beträgt aber 60.000 Euro.
Lösung: Zwar überschreitet Ulf die in Deutschland geltende Umsatzgrenze von 25.000 Euro und kann deshalb in Deutschland die Kleinunternehmerregelung nicht nutzen. Für den Umsatz von 60.000 Euro gilt damit die Regelbesteuerung. Der Umsatz in den Niederlanden über 10.000 Euro bleibt dort dennoch steuerfrei, weil Ulf in den Niederlanden als Kleinunternehmer tätig wird.

Abwandlung zu Beispiel 7

Der Umsatz von Ulf in Deutschland beträgt 120.000 Euro.
Lösung: Jetzt kann Ulf auch in den Niederlanden die Kleinunternehmerregelung nicht nutzen. Sein Gesamtumsatz im Gemeinschaftsgebiet überschreitet mit 130.000 Euro nämlich die absolute Grenze von 100.000 Euro.

So können Sie zur Steuerpflicht zurückkehren

Wollen Sie die Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr in Anspruch nehmen, müssen Sie darüber lediglich das BZSt elektronisch informieren (§ 19a Abs. 2 UStG).

Die Steuerbefreiung wird dann am ersten Tag des nächsten Kalendervierteljahrs beendet. Informieren Sie das BZSt im letzten Monat eines Kalendervierteljahrs, endet die Steuerbefreiung erst ab dem ersten Tag des zweiten Monats des nächsten Kalendervierteljahrs.

Beispiel 8

Unternehmer Ulf wurde auf Antrag vom BZSt eine für Frankreich gültige Kleinunternehmer-Identifikationsnummer erteilt. In Frankreich möchte Ulf jedoch nicht mehr als Kleinunternehmer tätig werden. Dies teilt er dem BZSt am 15.08.25 mit.
Lösung: Ab dem 01.10.2025 wird die Kleinunternehmer-Identifikationsnummer von Ulf für Frankreich ungültig. Ab dem 01.10.2025 gelten für die Umsätze von Ulf in Frankreich die allgemeinen Regelungen; die Umsätze sind dann nicht mehr steuerfrei.

Diese besonderen Meldepflichten sind zu beachten

Nehmen Sie die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch, gehen damit auch Verpflichtungen einher. So müssen Sie sodann nach § 19a Abs. 3 UStG innerhalb eines Monats nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahrs für das abgelaufene Kalendervierteljahr elektronisch eine Umsatzmeldung beim BZSt abgeben.

Hintergrund | Anhand dieser Umsatzmeldung prüft das BZSt die Einhaltung und das Überschreiten der Umsatzgrenze für den Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet von 100.000 Euro. Die Prüfung der jeweiligen nationalen Umsatzgrenzen obliegt hingegen nicht dem BZSt, sondern den jeweiligen Mitgliedstaaten.

Praxistipp | In der Umsatzmeldung müssen Sie die im Kalendervierteljahr im Gemeinschaftsgebiet bewirkten Umsätze angeben. Dabei ist für jeden Mitgliedstaat – einschl. des Mitgliedstaats Ihrer Ansässigkeit – ein Wert anzugeben. Haben Sie in einem Mitgliedstaat keine Umsätze generiert, tragen Sie eine Null ein.

Übersteigt Ihr nach § 19a Abs. 1 Nr. 3 UStG ermittelte Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet die Grenze von 100.000 Euro, müssen Sie dies binnen 15 Werktagen per amtlich vorgeschriebenem Datensatz über eine amtliche Schnittstelle dem BZSt anzeigen. Mit Überschreitung der absoluten Umsatzgrenze von 100.000 Euro endet nämlich die Teilnahme an dem besonderen Meldeverfahren – und damit auch die Steuerbefreiung im Gemeinschaftsgebiet. Das bedeutet auch, dass Sie die vom BZSt erteilte Kleinunternehmer-Identifikationsnummer nicht mehr verwenden dürfen. Deshalb deaktiviert sie das BZSt.

Exkurs: E-Rechnungspflicht gilt für Kleinunternehmer nicht

Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes hat der Gesetzgeber mit § 14 Abs. 2 S. 2 UStG die E-Rechnung eingeführt, die im inländischen B2B-Bereich ab 01.01.2025 verpflichtend zu verwenden ist. Das gilt – mit Übergangsvorschriften (§ 27 Abs. 38 UStG) – für alle Unternehmer.

Kleinunternehmer hat der Gesetzgeber jedoch von der E-Rechnungspflicht ausgenommen. Dazu wurde § 34a UStDV eingeführt; die Entbindung von der E-Rechnungspflicht konkret ist in § 34a S. 4 UStSDV geregelt. Deshalb können Sie als Kleinunternehmer immer mit einer sonstigen Rechnung abrechnen, z. B. herkömmlich per Papier oder elektronisch als PDF. Wollen Sie freiwillig die E-Rechnung nutzen, können Sie das natürlich tun.

Wichtig | Entfallen ist für Kleinunternehmer lediglich die Pflicht, die E-Rechnung für inländische Ausgangsumsätze im B2B-Bereich zu nutzen. Beziehen Sie als Kleinunternehmer aber von einem anderen inländischen Unternehmer eine Eingangsleistung, kann der leistende Unternehmer darüber mit einer E-Rechnung abrechnen. Folglich müssen Sie sicherstellen, dass Sie E-Rechnungen empfangen und auswerten können.

AUSGABE: SSP 12/2024, S. 21 · ID: 50247483

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