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EinkommensteuerGrundfreibetrag und Kinderfreibetrag: Beide steigen rückwirkend ab 01.01.2024

Abo-Inhalt02.12.20245 Min. Lesedauer

| Das BVerfG fordert, dass das Existenzminimum jederzeit steuerfrei gestellt werden muss. Deshalb sind die Höhe des Grund- und des Kinderfreibetrags laufend zu überprüfen. Die Überprüfung erfolgt alle zwei Jahre durch den „Existenzminimumbericht“. Für das Jahr 2024 sind die Freibeträge zwar schon mittels Inflationsausgleichsgesetz vom 08.12.2022 erhöht worden, es hat sich aber herausgestellt, dass die Anhebung zu gering bemessen war. Folglich musste der Gesetzgeber nochmal nachbessern. |

So entlastend wirkt der neue Grundfreibetrag

Die Anpassungen sind geregelt im „Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums“ (Abruf-Nr. 242877). § 32a Abs. 1 EStG wurde dahin- gehend geändert, dass der Grundfreibetrag des Jahres 2024 rückwirkend zum 01.01.2024 von 11.604 Euro auf 11.784 Euro steigt; er wird also um 180 Euro erhöht. Die Ersparnis fällt dabei ab einem zu versteuernden Einkommen von 11.784 Euro identisch aus, da die übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs nicht „nach rechts“ verschoben und entsprechend nicht erhöht wurden. Ergo ergibt sich durch die Anhebung für jeden Steuerzahler eine Einkommensteuerersparnis von jährlich 25 Euro. Dazu kommen noch – sofern erhoben – die darauf entfallenden Annexsteuern, also der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer.

Praxistipp | Der Höchstbetrag für als außergewöhnliche Belastung abzugsfähige Unterhaltsaufwendungen (§ 33a Abs. 1 EStG) orientiert sich ebenfalls an der Höhe des Grundfreibetrags. Dieser steigt für 2024 also ebenfalls auf 11.784 Euro.

Wie der neue Grundfreibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren umzusetzen ist

In der Praxis stellt sich das Problem, dass der Arbeitgeber zumindest für Januar bis Oktober – evtl. auch November – schon Lohnabrechnungen erstellt hat. In diesen konnte der erhöhte Grundfreibetrag nicht berücksichtigt werden, sodass Arbeitnehmer für diese Monate zu viele Steuern gezahlt haben. Konkret etwa zwei Euro pro Monat (25 Euro pro Jahr/zwölf Monate). Es stellt sich die Frage, ob diese Lohnabrechnungen zu korrigieren sind.

Die Antwort auf diese Frage richtet sich nach § 41c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Danach ist der Arbeitgeber berechtigt, bei der jeweils nächstfolgenden Lohnzahlung bisher erhobene Lohnsteuer zu erstatten oder noch nicht erhobene Lohnsteuer nachträglich einzubehalten, wenn er erkennt, dass er die Lohnsteuer bisher nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Dies gilt auch bei einer rückwirkenden Gesetzesänderung. Entsprechend hat der Arbeitgeber grundsätzlich die Wahl:

  • 1. Er kann den Lohnsteuerabzug korrigieren oder
  • 2. er verzichtet auf eine Korrektur.

Zur rückwirkenden Korrektur verpflichtet ist der Arbeitgeber nur, wenn ihm eine Korrektur wirtschaftlich zuzumuten ist (§ 41c Abs. 1 S. 2 EStG). Die Voraussetzung wird erfüllt, wenn er die Lohnabrechnung maschinell vornimmt und das Abrechnungsprogramm eine rückwirkende Neuberechnung ermöglicht.

Praxistipp | Während dem Arbeitnehmer in Variante 1 durch den Arbeitgeber die zu viel einbehaltenen Steuern erstattet werden, müsste sich der Arbeitnehmer in der Variante 2 die zu viel gezahlte Steuer mit seiner Einkommensteuererklärung zurückholen. Das dauert aber – mindestens bis zum Frühjahr 2025.

Sofortige Nachholwirkung durch § 52 Abs. 32a EStG

Die Korrektur der Lohnabrechnungen ab Januar 2024 betrifft nahezu alle Arbeitnehmer und verursacht einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Um diese Probleme zu umgehen, wurde mit § 52 Abs. 32a EStG eine Nachholwirkung der Entlastungen für die Dezemberabrechnung geschaffen. Diese Norm legt fest, dass der erhöhte Grundfreibetrag beim Steuerabzug vom Arbeitslohn erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden ist, der für einen nach dem 30.11.2024 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird. Entsprechendes gilt für sonstige Bezüge, die nach dem 30.11.2024 zufließen. Fazit: Die Lohnabrechnungen für Januar bis November 2024 bleiben unverändert und § 41c Abs. 1 Nr. 2 EStG gilt nicht. Zudem werden von der Finanzverwaltung für den Lohnsteuerabzug für Dezember 2024 gesonderte Programmablaufpläne aufgestellt, die die entsprechende Änderung berücksichtigen.

Praxistipp | Die Entlastung durch den angehobenen Grundfreibetrag erhalten Arbeitnehmer also mit der Lohnabrechnung für Dezember 2024. Für Gewerbetreibende und Selbstständige gilt die Regelung nicht. Diese Personen erhalten die Entlastung erst mit der Einkommensteuerfestsetzung für 2024. Gleiches gilt für Arbeitnehmer, die für Dezember 2024 keinen Arbeitslohn beziehen; z. B. weil sie mittlerweile arbeitslos oder in Rente sind.

Der für 2024 rückwirkend angehobene Kinderfreibetrag

Der Kinderfreibetrag 2024 ist rückwirkend von 3.192 Euro auf 3.306 Euro angehoben worden (plus 114 Euro). Bei zusammen veranlagten Ehegatten wie auch in den Fällen des § 32 Abs. 6 S. 3 EStG verdoppelt sich der Freibetrag. Der Betreuungsfreibetrag wurde dagegen unverändert gelassen. Damit gilt:

Jahr
Kinderfreibetrag (beide Eltern)
Betreuungsfreibetrag (beide Eltern)
Summe
2022
5.620,00 Euro2.928,00 Euro8.548,00 Euro
2023
6.024,00 Euro2.928,00 Euro8.952,00 Euro
2024
6.612,00 Euro2.928,00 Euro9.540,00 Euro

Wichtig | Ob Sie von Kindergeld oder Freibeträgen profitieren, ermittelt das Finanzamt anhand einer Vergleichsberechnung. Nur die günstigere Entlastung wird gewährt.

Steuerersparnis: Mit Freibeträgen jonglieren

Grundsätzlich stehen die Freibeträge wie auch das Kindergeld jedem Elternteil zur Hälfte zu. Die Freibeträge können jedoch auch zwischen den Eltern verteilt werden, was zu einer erheblichen Ersparnis führt. Denn hat ein Elternteil Anspruch auf das halbe Kindergeld, jedoch auf die vollen Freibeträge, wirken sich letztere erheblich stärker auf die Steuer aus. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Übertragung der Freibeträge regelt § 32 Abs. 6 S. 6 ff. EStG:

  • 1. Übertragung des Freibetrags bei nicht verheirateten Eltern auf Antrag, wenn dieser Elternteil, nicht jedoch der andere, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind im Wesentlichen nachgekommen ist.
  • 2. Übertragung des Freibetrags auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.

Sofortige Nachholwirkung im Lohnsteuerabzugsverfahren?

Auf die Höhe der Einkommen- bzw. Lohnsteuer wirken sich die Kinderfreibeträge erst mit Festsetzung der Einkommensteuer durch das Finanzamt aus. Direkt auf die Lohnsteuer wirken sich die angehobenen Kinderfreibeträge also nicht aus. Ausnahme: Kirchensteuer. Für die Höhe der Kirchensteuer wird der Kinderfreibetrag bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt (§ 51a Abs. 2a S. 1 EStG). Folglich wurde die Kirchensteuer für Januar bis November 2024 zu hoch einbehalten. Um – genau wie beim Grundfreibetrag – eine rückwirkende Änderung der Lohnabrechnungen für Januar bis November 2024 zu erübrigen, ist mit § 52 Abs. 32 EStG eine direkte Nachholregelung geschaffen worden. Der angehobene Kinderfreibetrag ist vollständig für die Lohnabrechnung Dezember 2024 zu berücksichtigen. Gleiches gilt über § 6 Abs. 25 SolzG auch für den Solidaritätszuschlag.

Ausblick: Was ist für 2025 und 2026 geplant?

Die Lebenshaltungskosten steigen stetig und auch das Existenzminimum wird in den Jahren 2025 und 2026 höher als 2024 ausfallen. Das hat auch die Bundesregierung erkannt. Durch das mittlerweile auf den Weg gebrachte – aber noch nicht endgültig beschlossene – Steuerfortentwicklungsgesetz sollen deshalb noch weitere Entlastungen folgen. Geplant sind derzeit:

Grundfreibetrag 2025
12.084 Euro (+ 300 Euro)
Grundfreibetrag 2026
12.336 Euro (+ weitere 252 Euro)
Kinderfreibetrag 2025
6.672 Euro (+ 60 Euro)
Kinderfreibetrag 2026
6.828 Euro (+ weitere 156 Euro)
Kindergeld 2025
255 Euro pro Monat (+ 5 Euro)
Kindergeld 2026
259 Euro pro Monat (+ weitere 4 Euro)

AUSGABE: SSP 12/2024, S. 2 · ID: 50247661

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