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EigentümergemeinschaftPV-Anlage der Eigentümergemeinschaft: Welche Gestaltungen den Verzug bekommen sollten

Abo-Inhalt28.02.20259 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Fast alle Mehrfamilienhäuser verfügen über eine große Dachfläche und aufgrund der vielen Wohnungen mit unterschiedlichen Nutzern über einen permanent hohen Stromverbrauch. Die ideale Gelegenheit, um auf dem Dach eine PV-Anlage zu installieren. Das gilt auch für Eigentümergemeinschaften. Doch was sollten diese bei der Installation einer PV-Anlage beachten und was gilt für die Besteuerung? SSP gibt Auskunft |

Wer sollte die Anlage betreiben?

Die Gretchenfrage ist, wer die Anlage installieren und betreiben soll. Natürlich kann das die Eigentümergemeinschaft selbst tun. Das birgt aber Probleme:

Wollen sich alle (Mit-)Eigentümer beteiligen?

Zunächst stellt sich die Frage, ob sich überhaupt alle Eigentümer beteiligen wollen und zu welchen Anteilen. Haben einige Eigentümer kein Interesse an dem Projekt, könnten sie das Vorhaben blockieren. Sie könnten zwar durch einen Mehrheitsbeschluss überstimmt werden. Aber dem gemeinsamen Miteinander täte das sicherlich nicht gut.

Wie soll das Projekt finanziert werden?

Und selbst wenn ein Beschluss zugunsten der Installation einer PV-Anlage getroffen werden sollte, stellt sich sofort die nächste Frage: Wie soll das Projekt finanziert werden?

  • Aus der Instandhaltungsrücklage? Wohl kaum, da diese Gelder anderen Zwecken gewidmet sind.
  • Durch die gemeinsame Aufnahme eines hoch verzinslichen Darlehens? Das würde die Eigentümer mit hohem Kapitalvermögen verärgern.
  • Durch eine Sonderumlage? Das wäre wiederum für finanziell schwach aufgestellte Eigentümer ein Problem.

Betreiber sollte eine separate Gesellschaft sein

Um Streitigkeiten zu umgehen, empfiehlt sich für die Praxis folgender Weg: Das Projekt „PV-Anlage“ wird nicht von der Eigentümergemeinschaft realisiert, sondern einer eigens dafür gegründeten Personengesellschaft überlassen. Diese Personengesellschaft besteht typischerweise aus genau den Eigentümern, die ohnehin gewillt sind, auf dem Dach eine PV-Anlage zu betreiben. Und auch die finanzielle Beteiligung kann nun jedem Eigentümer selbst überlassen werden. Entweder der Eigentümer und nun Gesellschafter verwendet für seinen Anteil eigenes Kapitalvermögen, oder er nimmt – ganz oder teilweise – ein Darlehen auf. Die Vorteile:

  • Jeder Gesellschafter erhält später unabhängig von seiner Finanzierung gemessen an seinem Beteiligungsumfang einen identischen Gewinnanteil.
  • Gesellschafter mit Fremdfinanzierung können die Schuldzinsen bei einem steuerpflichtigen Betrieb der PV-Anlage als Sonderbetriebsausgabe geltend machen.
  • Jeder Gesellschafter kann bzgl. der Projektrealisierung auf seine individuellen Vermögensverhältnisse abstellen und sich für die individuell beste Variante entscheiden.

Wichtig | Da die PV-Anlage das Dach des Mehrfamilienhauses nutzt, bietet es sich an, dass die Betreibergesellschaft für die Dachnutzung an die Eigentümergemeinschaft eine jährliche Pacht entrichtet. Diese Pacht sollte auch diejenigen Eigentümer zufrieden stellen, die sich nicht an der PV-Anlage beteiligen möchten. Denn über die Pacht generiert die Eigentümergemeinschaft Erträge, die auch denjenigen Eigentümern zugutekommen, die an der PV-Anlage nicht beteiligt sind.

So funktioniert das Mieterstrommodell

Klassischerweise soll der durch die PV-Anlage erzeugte Strom innerhalb des Gebäudes verbraucht werden, und zwar sowohl in den Gemeinschaftsräumen als auch in den jeweiligen Eigentumswohnungen. Deshalb bietet sich das Mieterstrommodell an. Dieses gilt – anders als der Wortlaut vermuten lässt – nicht nur für Mieter, sondern auch für Eigentümer, die die Wohnungen bewohnen.

Vollversorgung mit Strom muss sichergestellt sein

Ausfluss des Mieterstrommodells ist, dass die Vollversorgung der teilnehmenden Parteien sichergestellt sein muss. Das erfordert, dass die Betreibergesellschaft nicht nur die PV-Anlage betreiben, sondern auch selbst Strom von einem Energieversorger einkaufen und diesen an die teilnehmenden Parteien weiterliefern muss. Denn andernfalls könnten diese nicht mit Strom versorgt werden, wenn die Sonne nicht scheint oder die PV-Anlage aus anderen Gründen nicht genügend Strom für den aktuell geforderten Verbrauch liefert.

So läuft die Rechnungsstellung ab

Die teilnehmenden Wohnungseinheiten erhalten also künftig nicht eine Rechnung über den Strombezug aus der PV-Anlage von der Gesellschaft und eine weitere Rechnung über den „normalen“ Strombezug von einem Stromversorger, sondern nur eine Rechnung von der Betreibergesellschaft. Diese enthält einen Mischpreis, der die Kosten des PV-Stroms und des Netzstroms berücksichtigt.

Jede Partei muss sich Stromversorger frei auswählen können

Zudem steht jeder Partei die freie Wahl des Stromversorgungsunternehmens zu. Es darf im Mieterstrommodell also niemand zur Teilnahme an dem Strombezug von der Betreibergesellschaft gezwungen werden. Das kann dann dazu führen, dass z. B. nur ein Bruchteil der Eigentümer an dem Projekt teilnehmen. Die Praxis sieht typischerweise aber anders aus und die meisten Parteien nehmen an dem Mieterstrommodell teil.

Der Grund dafür ist recht simpel: Da der von der PV-Anlage erzeugte Strom deutlich günstiger ist als der von einem Stromversorger bezogene Strom, liegt der von der Betreibergesellschaft geforderter Mischpreis für eine kWh regelmäßig deutlich unterhalb des Preises, den ein regulärer Stromanbieter fordern würde. Damit wird für alle teilnehmenden Parteien ein Vorteil generiert – egal ob Mieter oder Eigentümer.

Beispiel

Für die von einer Betreibergesellschaft installierte PV-Anlage wird mit Herstellungskosten von sieben Cent je kWh kalkuliert. Um eine Vollversorgung der teilnehmenden Parteien sicherzustellen, wurde zusätzlich ein Vertrag mit einem Stromanbieter über 25 Cent je kWh abgeschlossen. Die Betreibergesellschaft kalkuliert, dass rd. 2/3 des benötigten Stroms von der PV-Anlage erzeugt und nur 1/3 vom regulären Stromversorger bezogen werden müssen.
Lösung: Im Durchschnitt kostet der Betreibergesellschaft jede verkaufte kWh Strom rd. 13 Cent (7 Cent x 2/3 zzgl. 25 Cent x 1/3). Selbst wenn sie diesen zum Verkauf für nur 20 Cent je kWh den teilnehmenden Parteien anbietet, erzielt die Betreibergesellschaft einen ordentlichen Gewinn. Aber auch die teilnehmenden Parteien sparen. Denn anstelle 25 Cent für jede kWh direkt an den Stromanbieter bezahlen zu müssen, werden sie nur mit 20 Cent je kWh belastet. Und selbst wenn die Kalkulation der Betreibergesellschaft komplett fehlerhaft ist, weil bspw. tatsächlich nur 1/3 des Stroms aus der PV-Anlage stammen und 2/3 vom Netzbetreiber zuzukaufen sind, erzielt sie noch immer einen Gewinn. Denn dann beläuft sich der gemittelte Strompreis auf 19 Cent je kWh (7 Cent x 1/3 zzgl. 25 Cent x 2/3) - weniger als die von den Nutzern zu zahlenden 20 Cent je kWh.

Wichtig | Zusätzlich profitiert die Betreibergesellschaft durch die staatliche Förderung in Form des Mieterstromzuschlags. Dadurch werden weitere Erträge generiert. Und was passiert mit dem erzeugten und nicht benötigten Strom? Dieser wird entweder innerhalb einer Batterie gespeichert und später von den Parteien verwendet – oder für eine EEG-Vergütung an den Netzbetreiber veräußert.

So wird das Modell ertragsteuerlich gehandhabt

Die Betreibergesellschaft wird mit der PV-Anlage gewerblich tätig und begründet damit einen Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

So läuft die Besteuerung prinzipiell

Grundsätzlich folgt daraus, dass die Gesellschaft ihren Gewinn durch Bilanzierung oder Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln muss. Das ist aufwendig und kostet Steuern. Doch damit nicht genug. Es muss eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung beim Finanzamt abgegeben werden (§§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Mittels dieser und dem Feststellungsbescheid des Finanzamts wird der Gewinn auf die einzelnen Gesellschafter verteilt und unterliegt bei diesen der Besteuerung zum individuellen Grenzsteuersatz von bis zu 45 Prozent (§ 32a EStG).

So läuft die Besteuerung nach Einführung von § 3 Nr. 72 EStG

Diese Besteuerung verhindert seit 2022 meist § 3 Nr. 72 EStG. Denn gemäß dieser Vorschrift sind alle Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb der PV-Anlage steuerfrei, wenn die Betreibergesellschaft maximal 100 kWp an begünstigten PV-Anlagen betreibt und die auf dem Mehrfamilienhaus betriebene PV-Anlage maximal 30 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit umfasst. Maßgebend für die Grenzen sind dabei nur die von der Betreibergesellschaft betriebenen PV-Anlagen – nicht die PV-Anlagen, die einzelne Eigentümer ggf. daneben betreiben. Parallel zur Steuerfreiheit der Einnahmen ist gemäß § 3c Abs. 1 EStG ein Abzug von Betriebsausgaben ausgeschlossen. Der von der Betreibergesellschaft erzielte Gewinn wird folglich steuerfrei vereinnahmt.

Beispiel

Eine Betreibergesellschaft hat 2020 auf einem Mehrfamilienhaus mit sechs Parteien eine PV-Anlage installiert. Die installierte Bruttoleistung lt. Marktstammdatenregister beträgt 80 kWp. Der jährliche Gewinn beläuft sich auf 5.000 Euro.
Lösung: Bis 2021 mussten die Gesellschafter anteilig die 5.000 Euro versteuern. Seit 2022 ist der Gewinn gemäß § 3 Nr. 72 Buchst. b) EStG steuerfrei. Denn die Höchstgrenze von 100 kWp wird mit 80 kWp nicht überschritten und auch die variable Grenze von 15 kWp je Einheit (hier = max. 90 kWp) wird eingehalten.
Praxistipp | Ist der Betrieb der PV-Anlage für die Betreibergesellschaft gemäß § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei, spart das bei den Gesellschaftern nicht nur Steuern. Infolge der Steuerfreiheit müssen sie auch keinen Gewinn ermitteln – und sparen sich die Abgabe einer gesondert und einheitlichen Feststellungserklärung.

So wird das Modell umsatzsteuerlich gehandhabt

Die Betreibergesellschaft wird durch den Betrieb der PV-Anlage Unternehmerin i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG.

Stromlieferungen der Betreibergesellschaft sind umsatzsteuerpflichtig

Damit sind die von ihr gegenüber den am Mieterstrommodell teilnehmenden Parteien erbrachten Stromlieferungen steuerbar und mangels Steuerbefreiung (§ 4 UStG) auch steuerpflichtig. Das gilt unabhängig davon, ob es sich bei den teilnehmenden Parteien um Mieter oder Eigentümer handelt.

Denn eine nach § 4 Nr. 12 a) UStG steuerfreie Nebenleistung zu einer steuerfreien Wohnungsvermietung kann sich bereits deshalb nicht ergeben, weil die Betreibergesellschaft selbst keine Wohnungen an die Nutzer vermietet. Damit unterliegen die Stromlieferungen dem Regelsteuersatz von 19 Prozent (§ 12 Abs. 1 UStG). Gleiches gilt auch für die vom Netzbetreiber gezahlten EEG-Vergütungen.

Wichtig | Ein vom Netzbetreiber gemäß § 21 Abs. 3 EEG gezahlter Mieterstromzuschlag unterliegt nicht der Umsatzsteuer (echter Zuschuss).

Kein allzu hoher Vorsteuerabzug

Aufgrund der vollständigen Verwendung der PV-Anlage für umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze steht der Betreibergesellschaft bei Erwerb der PV-Anlage zwar der volle Vorsteuerabzug zu (§ 15 UStG). Dieser hat ab dem 01.01.2023 allerdings nahezu keine Bedeutung. Denn die Lieferung und Installation der PV-Anlage an die Betreibergesellschaft unterliegt gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG lediglich einem Steuersatz von null Prozent, weil die Installation auf Wohnungen erfolgt.

Damit beträgt der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der PV-Anlage typischerweise null Euro und es verbleibt nur ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Stromversorgers für den zusätzlich bezogenen Strom.

Wichtig | Anders als bei § 3 Nr. 72 EStG gibt es bei § 12 Abs. 3 UStG keine kWp-Grenze. Auch eine auf einem MFH installierte PV-Anlage mit 150 kWp unterliegt dem Nullsteuersatz. Für diese wäre jedoch § 3 Nr. 72 EStG nicht anwendbar. Das Problem liegt auf der Hand: Die Betreibergesellschaft erhält nur für den Bezug des Fremdstroms einen Vorsteuerabzug, muss aber auf alle getätigten Umsätze Umsatzsteuer abführen. Diese führt für die teilnehmenden Parteien zu einer effektiven Belastung, weil diese die Wohnungen typischerweise für private Zwecke nutzen. Sie sind also auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Nutzung der Kleinunternehmerregelung als Ausweg

Die Lösung für dieses Dilemma schafft § 19 Abs. 1 UStG: Wendet die Betreibergesellschaft die Kleinunternehmerregelung an, wird die von ihr geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben. Parallel ist für sie zwar kein Vorsteuerabzug mehr möglich – aber dieser ist ja ohnehin nur für den geringen Fremdbezug von Strom zulässig.

Als Kleinunternehmer kann die Betreibergesellschaft gegenüber den teilnehmenden Parteien also „brutto wie netto“ abrechnen. Und das reduziert entweder den von den teilnehmenden Parteien je kWh geforderten Strompreis – oder erhöht den Gewinn der Betreibergesellschaft. Damit die Betreibergesellschaft die Kleinunternehmerregelung nutzen kann, darf ihr Umsatz aber nicht mehr als 25.000 Euro betragen (§ 19 Abs. 1 S. 1 UStG).

Fazit | Auch für Eigentümer einer Eigentumswohnung lohnt es sich, sich mit dem Projekt „PV-Anlage auf dem Mehrfamilienhaus“ zu befassen. Ein MFH hat wegen der größeren Dachflächen einen erheblichen Vorteil gegenüber einem EFH: Einen permanent deutlich höheren und konstanteren Stromverbrauch. Einerseits durch deutlich mehr elektrische Geräte, andererseits durch die unterschiedlichsten Gewohnheiten und Tagesabläufe der Hausbewohner. Der Vorteil: Ein höherer Eigenverbrauch des erzeugten Stroms. Grund genug, dass Thema PV-Anlage auf der nächsten Eigentümerversammlung vorzuschlagen und auszuloten, wie das Projekt realisiert werden kann.

AUSGABE: SSP 3/2025, S. 18 · ID: 50195750

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