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Stipendien/Preisgelder Besteuerung von Stipendien: Finanzverwaltung ändert Spielregeln einzelner Stipendien
| Heisenberg-, EXIST- oder Forschungs-Stipendium – die Liste an Stipendien, die gemeinnützige und andere Organisationen vergeben, ist lang. Zur steuerlichen Einordnung hat die OFD Frankfurt a. M. bereits 2019 eine Verfügung erlassen. Nun hat die Finanzverwaltung in manchen Bereichen ihre Sichtweise geändert. SSP nimmt die neue Verfügung der OFD in den Blick und stellt die drei Neuerungen vor. |

Die prinzipielle steuerliche Einordnung von Stipendien
Stipendien können beim Empfänger nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sein. Die Voraussetzungen hierfür hat die OFD Frankfurt a. M. in ihrer Verfügung vom 09.04.2019 beschrieben (Az. S 2121 A-013-St 231, Abruf-Nr. 245421).
Kehrtwende der OFD im Bereich einzelner Stipendien
Mit der Verfügung vom 15.08.2024 hat die OFD für manche Stipendien ihre Rechtsansicht geändert. In der Regel hat sie dabei auf die BFH-Rechtsprechung reagiert (OFD Frankfurt a. M., Verfügung vom 15.08.2024, Az. S 2121 A-00027-0357-St 29, Abruf-Nr. 245422). Konkret neu ist Folgendes:
1. Neuerung: Heisenberg-Programm – jetzt doch steuerfrei
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gewährt jungen Wissenschaftlern Stipendien nach dem sog. Heisenberg-Programm. Sinn und Zweck der Stipendien ist es, besonders qualifizierte junge Wissenschaftler der Wissenschaft bzw. den deutschen Hochschulen zu erhalten. Entsprechend der Zielsetzung orientiert sich das Stipendium der Höhe nach an dem mittleren Einkommen eines Hochschullehrers der Besoldungsgruppe C 2. Der Stipendiat übt eine eigenverantwortliche Tätigkeit aus: Er führt eigene Forschungsvorhaben durch oder beteiligt sich an anderen Forschungsvorhaben. Mit dem Stipendiaten wird kein Arbeits- oder Dienstverhältnis begründet.
Bisher hat die Finanzverwaltung das Stipendium als steuerpflichtig behandelt, weil es den für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag übersteigt (§ 3 Nr. 44 S. 3a EStG). Die Einnahmen wurden daher den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit zugerechnet. Der BFH hatte dagegen entschieden, dass Leistungen aus einem Heisenberg-Stipendium nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sein können (BFH, Beschluss vom 24.10.2023, Az. VIII R 11/22, Abruf-Nr. 239083). Aufgrund dessen stuft die Finanzverwaltung die Leistungen durch das Stipendium als grundsätzlich erforderlich ein. Das Stipendium ist deshalb steuerfrei.
2. Neuerung: EXIST-Gründerstipendien – Rechtsunsicherheit gebannt
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) unterstützt unter Beteiligung des Europäischen Sozialfonds (ESF) anspruchsvolle innovative Gründungsvorhaben aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Diese sog. EXIST-Gründerstipendien dienen dazu, Existenzgründungsvorhaben auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen. Weil das Stipendium der Existenzgründung dient, ist es steuerpflichtig. Die Einnahmen sind der Einkunftsart zuzuordnen, die bei Übergang in die Selbstständigkeit erzielt wird.
Unklar war bisher, ob Stipendien aus dem EXIST-Programm auch als Sonderbetriebseinnahme (SBE) der Besteuerung unterliegen, wenn sie im Rahmen von Stipendiatenverträgen gewährt werden, die die Gesellschafter der Personengesellschaft unabhängig von ihrer Gesellschafterstellung abgeschlossen haben; sprich nicht in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter.
Wichtig | Die Finanzverwaltung beurteilte die Stipendien als steuerpflichtig. Anders das FG Münster (Urteil vom 13.04.2018, Az. 14 K 3906/14 F, Abruf-Nr. 201942). Es sah keine steuerpflichtige SBE. Der BFH hat das Urteil des FG Münster aber aufgehoben und bestätigt, dass ein EXIST-Gründerstipendium nicht nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei ist (BFH, Urteil vom 25.03.2021, Az. VIII R 47/18, Abruf-Nr. 223098). Das gilt auch bei Mitunternehmerschaften. Wird einem Mitunternehmer einer GbR ein solches Stipendium gewährt, ist es als SBE anzusetzen. Voraussetzung ist, dass die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers im Rahmen der Mitunternehmerschaft mit Mitteln des Stipendiums betrieben wird; so auch die OFD.
3. Neuerung: Thüringen-Stipendium für Assistenzärzte
Aufgrund des Ärztemangels werden in vielen Bundesländern Stipendien vergeben – z. B. durch die Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen. Verpflichten sich Assistenzärzte, eine Weiterbildung zum Facharzt mit Teilnahme an der Facharztprüfung zu absolvieren und unmittelbar danach für mindestens vier Jahre an der vertragsärztlichen Versorgung in Thüringen teilzunehmen, können sie für die Dauer von maximal 60 Monaten mit monatlich bis zu 250 Euro, alternativ mit einem Einmalbetrag von maximal 15.000 Euro, gefördert werden.
Finanzverwaltung und FG Thüringen (Urteil vom 14.03.2018, Az. 3 K 737/17, Abruf-Nr. 205918) sind der Auffassung, dass das Thüringen-Stipendium der Besteuerung unterliegt. Zwar kann die Zahlung keiner bestimmten Berufs-tätigkeit zugeordnet werden. Aber die Leistungen sind nach § 22 Nr. 1 EStG (bei monatlichen Zahlungen) bzw. § 22 Nr. 3 EStG (bei einer Einmalzahlung) als sonstige Einkünfte zu versteuern. Der BFH hat dagegen entschieden, dass es sich bei einer Einmalzahlung um eine nicht steuerbare Leistung handelt; die 15.000 Euro sind steuerfrei (BFH, Urteil vom 11.12.2020, Az. IX R 33/18, Abruf-Nr. 221541). Über die Variante der wiederkehrenden Zahlung von monatlich bis zu 250 Euro war nicht zu entscheiden. Nach Ansicht der OFD unterliegen diese Leistungen gemäß § 22 Nr. 1 EStG der Besteuerung.
- Beitrag „Forschungsstipendium: Von der Industrie finanzierter Anteil ist steuerpflichtig“, iww.de/ssp → Abruf-Nr. 49199245
- Beitrag „Berliner Lehramtsstipendium: Steuerbar oder nicht?“, SSP 9/2022, Seite 2 → Abruf-Nr. 48531938
- Beitrag „Masterstudium mit Stipendium: Diese Aufwendungen können Studenten absetzen“, SSP 3/2021, Seite 9 → Abruf-Nr. 47071054
AUSGABE: SSP 3/2025, S. 5 · ID: 50322735