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Umgang mit dem FinanzamtMusterverfahren wird am 23.01. vom BFH verhandelt: Ist die Höhe der Kinderfreibeträge zu niedrig?

Abo-Inhalt14.01.20254 Min. Lesedauer

| Der BFH wird am Donnerstag, den 23.01.2025, zu mehreren Fragen der Familienbesteuerung mündlich verhandeln und entscheiden (Az. III R 33/24). Das Musterverfahren hat hinsichtlich der Kinderfreibeträge für viele Eltern erhebliche Bedeutung. Die Steuerberaterin Reina Becker, die als Prozessbevollmächtigte agiert, hat SSP dazu folgende Informationen zur Verfügung gestellt. |

Die unendliche Geschichte – das Verfahren Kinderfreibetrag

Brisanz hat dieses Verfahren, da alle Einkommensteuerbescheide von Eltern seit dem Veranlagungszeitraum 2001 – also seit über 20 Jahren – hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Kinderfreibeträge nur vorläufig (§ 165 AO) ergehen.

Das FG Niedersachsen war in einem vergleichbaren Fall im Jahr 2016 (Beschluss vom 02.12.2016, Az. 7 K 83/16, Abruf-Nr. 192536) zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesetzgeber die Höhe der Kinderfreibeträge in verfassungswidriger Weise zu niedrig festlegt. Die vom Gesetzgeber verwendete Berechnungsweise führe dazu, dass die dortige Klägerin Einkommensteuer auf das Existenzminimum ihrer zwei Töchter (damals 16 und 21 Jahre alt, in Ausbildung) zahlen müsse. Der Senat hatte das Klageverfahren daher nach Art. 100 GG ausgesetzt und dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die gesetzliche Regelung zur Höhe der Kinderfreibeträge verfassungswidrig ist.

Das BVerfG hat diesen Vorlagebeschluss nach sieben Jahren aus formellen Gründen – ohne inhaltliche Befassung mit der Ansicht des FG Niedersachsen – zurückgewiesen (BVerfG, Beschluss vom 05.09.2024, Az. 2 BvL 3/17, Abruf-Nr. 244647).

BFH hat mehrere Streitfragen zu erörtern

Nach der Ablehnung des Vorlagebeschlusses durch das BVerfG wird das hiesige, bisher ruhende Verfahren vor dem BFH fortgeführt. Für den BFH besteht damit die Gelegenheit, in einem zweiten Anlauf mit einer die Kritik des BVerfG berücksichtigenden weiteren Vorlage die Frage erneut dem BVerfG vorzulegen.

Es wird dabei zu berücksichtigen haben, ob es verfassungsgemäß ist, dass

  • bei der Berechnung der Kinderfreibeträge nur ein Durchschnitt von drei Altersgruppen von Kindern von null bis 18 errechnet wird und volljährige Kinder, die wegen einer Ausbildung zu berücksichtigen sind, in dieser Durchschnittsberechnung nicht einfließen,
  • Eltern, die ihre Unterhaltspflicht für volljährige Kinder, die nicht in der Ausbildung sind, erfüllen, der höhere Grundfreibetrag zugestanden wird,
  • Eltern für volljährige in Ausbildung befindliche Kinder ein weit niedrigeres Existenzminimum zugestanden wird als Dreijährigen, denen Eltern Einkommensquellen übertragen und denen der Grundfreibetrag und damit das Existenzminimum eines Erwachsenen zugestanden wird.

Eine Erhöhung der einkommensteuerlichen Kinderfreibeträge wirkt sich zunächst nur bei Steuerpflichtigen aus, die nicht vom Kindergeld profitieren, sondern bei denen die steuerliche Freistellung über den Kinderfreibetrag erfolgt. Die Erhöhung der Kinderfreibeträge führt aber regelmäßig auch zu einer Erhöhung des Kindergelds. Insofern hat das Verfahren Bedeutung für alle Eltern.

Andere Streitfragen zur Familienbesteuerung im Verfahren

In dem mündlichen Verfahren werden noch zwei weitere Fragen erörtert, die für Familien von Bedeutung sind:

1. Steuertriage

Bis 1974 wurden verwitwete Eltern noch so lange in das Ehegattensplitting einbezogen, wie ihnen Kinderfreibeträge zustanden. Um der drohenden Gefahr vorzubeugen, dass auch nicht verwitwete Alleinerziehende Anspruch auf den Splittingtarif erheben könnten, wurde verwitweten Alleinerziehenden der Splittingtarif nicht mehr gewährt. Seit dieser Gesetzesänderung ist es so, dass es in Familien mit verheirateten Eltern steuerlich günstiger ist, wenn statt eines Elternteils ein Kind stirbt.

Der BFH wird in diesem Verfahren zu beurteilen haben, ob die Versagung des Splittingtarifs für verwitwete Alleinerziehende gegen Verfassungsrecht verstößt, da die Familiengemeinschaft eines verwitweten Elternteils mit zwei Kindern bei gleichem Einkommen deutlich höher besteuert wird als eine Familiengemeinschaft eines Ehepaares mit einem Kind.

2. Hunde und Kinder im Steuerrecht

Schließlich wird der BFH zu entscheiden haben, ob Aufwendungen für ein Kinderferienlager als Kinderbetreuungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abziehbar sind.

Das FG Sachsen hat dies im Hinblick auf den Erlebnischarakter eines Ferienlagers abgelehnt. Der BFH wird daher zu entscheiden haben, ob die Betreuung eines Kindes in einem Ferienlager – anders als die Betreuung eines Kindes im Schulhort oder die Steuergutschrift bei einer Hundebetreuung zu Hause (BFH, Urteil vom 25.09.2017, Az. VI B 25/17, Abruf-Nr. 197968) – steuerlich tatsächlich nicht abziehbar ist.

Verhandlung ist der Öffentlichkeit zugänglich

Die mündliche Verhandlung beim BFH, Ismaninger Straße 109, 81675 München, am Donnerstag, 23.01.2025, 10:15 Uhr, ist öffentlich.

ID: 50281979

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