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GemeinnützigkeitJahressteuergesetz 2024: Wohnungsgemeinnützigkeit wird im Gesetz verankert

Abo-Inhalt26.11.20243946 Min. Lesedauer

| Im Rahmen des JStG 2024 ist auch die „Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“ als neuer gemeinnütziger Zweck in die Abgabenordnung aufgenommen worden. SSP stellt Ihnen die Neuregelung vor und ordnet sie steuerrechtlich ein. |

Wortlaut und Zielsetzung von § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 27 AO

§ 52 Abs. 2 S. 1 wird dazu um die neue Nr. 27 ergänzt: „„die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke; dies ist die vergünstigte Wohnraumüberlassung an Personen im Sinne des § 53. § 53 Nr. 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bezüge nicht höher sein dürfen als das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Fünffachen das Sechsfache des Regelsatzes. Die Hilfebedürftigkeit muss zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen.“

Vermietung von Wohnungen an Bedürftige ist schon bisher begünstigt

Die Vermietung von Wohnungen an hilfsbedürftige Menschen als steuerbegünstigter Zweck ist nichts Neues. Im Rahmen mildtätiger Zwecke war und ist das schon bisher möglich.

Praxistipp | Zugleich erhöhen sich aber die Einkommensgrenzen für die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit. Statt des Vierfachen des Sozialhilferegelsatzes gilt das Fünffache; bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden das Sechsfache statt des Fünffachen. Nach Schätzungen fallen ca. 60 Prozent der deutschen Haushalte unter diese Einkommensgrenzen.

Keine laufende Überprüfung der Bedürftigkeit

Nach S. 3 der Neuregelung müssen die Voraussetzungen der Hilfsbedürftigkeit zu Beginn des Mietverhältnisses nachgewiesen werden. In der Gesetzesbegründung wird das so ausgelegt, dass eine Überprüfung während der Dauer des Mietverhältnisses nicht erforderlich ist. Anders als bei der Hilfsbedürftigkeit bei mildtätigen Zwecken muss also keine regelmäßige Prüfung stattfinden. Aus mietrechtlichen Gründen wäre es ohnehin nicht möglich, Mieter wegen gestiegenen Einkommens zu kündigen. Mögliche Fehlbelegungen im Laufe eines Mietverhältnisses durch eine Verbesserung der Einkommenssituation der Mieter sind also ausdrücklich unschädlich.

Die gemeinnützigkeitsrechtlichen Folgen

Bei der Vermietung ist zu unterscheiden, ob die Wohnungen hilfebedürftige oder nicht hilfebedürftige Personen vermietet werden.

Vermietung an Hilfebedürftige wird dem Zweckbetrieb zugeordnet

Die Neuregelung in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 27 AO stellt klar, dass die vergünstigte Vermietung an hilfebedürftige Personen – entsprechende Satzungszwecke vorausgesetzt – eine Zweckverwirklichung darstellt. Damit fällt sie in den Zweckbetrieb. Potenziell entstehende Verluste können damit aus allen anderen Einnahmen ausgeglichen werden.

Praxistipp | Wird dauerhaft unter Selbstkosten vermietet, stellt sich aber die Frage, ob das eine unentgeltliche Zuwendung an die Mieter darstellt. Zumindest wenn die Mieter Mitglieder oder Mitarbeiter des Vereins sind, wird das von Bedeutung sein. Hier wird die Finanzverwaltung sicher noch Einschränkungen vornehmen.

Vermietung an nicht Hilfsbedürftige fällt in die Vermögensverwaltung

Die Vermietung an nicht hilfsbedürftige Personen fällt in die nicht begünstigte, aber steuerfreie Vermögensverwaltung. Sie ist nicht schädlich für die Gemeinnützigkeit, solange sie nicht zur Haupttätigkeit der gemeinnützigen Einrichtung wird.

Praxistipp | Es ist sind also Investitionen in Wohnimmobilien möglich, die nur teilweise an hilfsbedürftige Mieter vermietet werden. Der an nicht begünstigte Personen vermietete Wohnraum darf aber nicht aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden.

Was der Verzicht auf eine Mietobergrenze bedeutet

Geregelt wird in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 27 AO nur eine Einkommensobergrenze für Mieter, keine Obergrenze für die Höhe der Miete. Laut Gesetzesbegründung muss die Miete aber unter dem Marktüblichen liegen, da andernfalls keine Unterstützungsleistung der Körperschaft vorläge. Das müsse nur zu Beginn des Mietverhältnisses und bei Mieterhöhungen geprüft werden.

Gewinnerzielungsverbot greift bei Wohngemeinnützigkeit nicht

Laut Gesetzesbegründung reicht es auch aus, wenn die jeweilige Wohnung zu einem Mietzins vermietet wird, der nur die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären Absetzung für Abnutzung deckt und keinen Gewinnaufschlag enthält. Das ist aber weder aus der neuen Regelung des § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 27 noch aus anderen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts abzuleiten. Der BFH hat jedenfalls ausdrücklich klargestellt, dass das spezielle Gewinnerzielungsverbot für Wohlfahrtspflegebetriebe nicht auf andere Zweckbetriebe übertragen werden kann (BFH, Urteil vom 18.08.2022, Az. V R 49/19, Abruf-Nr. 233430).

Wohnungsgemeinnützigkeit als steuerliche Gestaltungsoption

Für gemeinnützige Einrichtungen, die bereits Wohnungen vermieten oder planen, gibt es einen relevanten „Mitnahmeeffekt“: Weil die Vermietung dem Zweckbetrieb zugeordnet werden kann, kann die Schaffung und der Ausbau von Wohnraum künftig aus zeitnah zu verwendenden Mittel finanziert werden. Einzige Voraussetzung ist, dass die Wohnungsgemeinnützigkeit als weiterer Zweck in die Satzung aufgenommen wird. Das kann z. B. auch für Mitarbeiterwohnungen interessant sein.

ID: 50248631

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