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BewirtungskostenBewirtungskosten als Werbungskosten: FG Berlin-Brandenburg schwächt Nachweispflichten ab
| Auch Arbeitnehmer können Bewirtungskosten steuerlich geltend machen. Dazu müssen entsprechende Nachweispflichten erfüllt sein und ein beruflicher Anlass für die Bewirtung bestehen. Dass auch eine handschriftliche Rechnung ausreicht, um Bewirtungskosten als Werbungskosten abziehen zu können und dass auch ein Katerfrühstück eine Bewirtung aus geschäftlichem Anlass sein kann, hat das FG Berlin-Brandenburg in einem Arbeitnehmerfall entschieden. SSP stellt Ihnen die Entscheidung vor. |
Der steuerrechtliche Hintergrund der Bewirtungskosten
Bewirtungskosten sind Aufwendungen für die betrieblich oder beruflich veranlasste Beköstigung anderer Personen, z. B. von Kunden, Mandanten oder Geschäftspartnern. Sie dürfen zu 70 Prozent als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.
Die Nachweis- und Aufzeichnungsplichten
Für Bewirtungskosten gelten strenge Nachweis- und Aufzeichnungspflichten. In § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 S. 2 und 3 EStG nennt der Gesetzgeber formelle Anforderungen, die der Bewirtende beachten muss. Dazu gehören Angaben zu Ort und Datum, Teilnehmern und dem Anlass der Bewirtung sowie zur Höhe der Aufwendungen.
Finanzverwaltung schärft mit BMF-Schreiben nach
Mit Schreiben vom 30.06.2021 hatte das BMF die Anforderungen noch weiter verschärft. Danach muss die Rechnung des Bewirtungsbetriebs „maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet“ sein, so das BMF wörtlich (BMF, Schreiben vom 30.06.2021, Az. IV C 6 – S 2145/19/10003 :003, Abruf-Nr. 223336).
Bewirtungskosten und der Werbungskostenabzug
Wie eingangs erwähnt, können auch Arbeitnehmer Bewirtungskosten als Werbungskosten absetzen. Dafür ist erforderlich, dass die Bewirtungskosten in engem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen muss ein objektiver Veranlassungszusammenhang bestehen. Dazu wird jeweils der konkrete Fall betrachtet.
Der Werbungskostenabzugsfall vor Gericht
Das FG Berlin-Brandenburg musste jetzt über einen solchen Werbungskostenabzugsfall entscheiden. Ein Arbeitnehmer stritt mit dem Finanzamt um die Anerkennung einzelner Bewirtungsrechnungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.
Das Finanzamt hatte die berufliche Veranlassung der eingereichten Bewirtungsbelege verneint. Es hatte sowohl die berufliche Veranlassung als auch die formelle Ordnungsmäßigkeit der Bewirtungsbelege in Abrede gestellt, weil die Gaststättenbelege handgeschrieben und nicht maschinengedruckt waren.
Der berufliche Anlass
Der Arbeitnehmer begründete die berufliche Veranlassung der Bewirtung damit, dass seine Haupttätigkeit darin bestanden habe, das Unternehmen, für das er arbeitete, ins Gespräch zu bringen und in bestimmten Kreisen bekannt zu machen. Für seine Tätigkeit bekam er ein monatliches Festgehalt und eine Spesenpauschale in Höhe von 300 Euro pro Monat. Reisekosten, Bewirtungsaufwendungen usw. musste er selbst tragen, auch wenn die Aufwendungen die Spesenpauschale erheblich überstiegen.
Bei einer dieser Bewirtungen ging es um eine Person, die zugleich Nachbar und Freund des Bewirtenden war. Nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss am Vorabend hätten die beiden nach Aussage des Bewirtenden gezecht und seien versackt. Daher lud er seinen Nachbarn, Freund und seit dem Vorabend auch Geschäftspartner am nächsten Morgen zum Katerfrühstück ein. Das Finanzamt sah bei dieser Schilderung keine berufliche Veranlassung und erkannte den Bewirtungsbeleg für das Katerfrühstück nicht an.
Das FG Berlin-Brandenburg sah das anders. Kontakte zu knüpfen und Vertrauen aufzubauen, seien gewissermaßen die Grundlage für die erfolgreiche Ausübung seiner Tätigkeit. Dazu gehörte es eben auch, bestehende und potenzielle Kunden zum Essen einzuladen. Die berufliche Veranlassung sei auch bei einem Katerfrühstück nicht ausgeschlossen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.11.2021, Az. 16 K 11381/18, Abruf-Nr. 228670).
Die Bewirtungsrechnung
Grundsätzlich bestehen keine Bedenken, wenn der Bewirtungsbetrieb den Namen des Bewirtenden handschriftlich auf der Rechnung über 250 Euro vermerkt. Dies ist soweit bekannt. Doch was gilt für komplett handschriftlich erstellte Rechnungen? Folgt man dem BMF würden Rechnungen in handschriftlicher Form die Nachweisanforderungen nicht erfüllen. Die so ausgewiesenen Bewirtungskosten wären vollständig vom Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug ausgeschlossen.
Anders das FG Berlin-Brandenburg. Nach seiner Ansicht fehlt es dafür an jeglicher Rechtsgrundlage. Aus dem Gesetzeswortlaut (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 3 i. V. m. § 9 Abs. 5 EStG) ergebe sich diese Anforderung nicht. Denn im Gesetz sei nur von einer Rechnung über die Bewirtung die Rede. Zwar müssen die umsatzsteuerlichen Voraussetzungen des § 14 UStG erfüllt sein, daraus ergebe sich aber nicht, dass handschriftliche Rechnungen nicht anzuerkennen seien. Auch der BFH habe in seiner Rechtsprechung die Notwendigkeit einer maschinellen Rechnung nie erwähnt, so das FG.
Finanzamt gibt nicht auf
Das FG sah keinen Anlass, gegen seine Entscheidung die Revision zum BFH zuzulassen. Dagegen setzt sich das Finanzamt zur Wehr. Es hat Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. Sie trägt das Az. VI B 3/22.
AUSGABE: SSP 5/2022, S. 17 · ID: 48188440