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SteuertickerWichtiges auf den Punkt gebracht
| Der „Steuerticker“ bietet Ihnen einen Überblick über wichtige steuerliche Trends, Urteile, Verwaltungsanweisungen und BMF-Schreiben. |
Überblick / Trends, Urteile, Verwaltungsanweisungen und BMF-Schreiben |
Israelreise einer Religionslehrerin: Sind die Kosten abzugsfähig? Eine Religionslehrerin kann Aufwendungen für eine Israelreise nicht als Werbungskosten absetzen, wenn die Reise sowohl beruflich als auch privat veranlasst ist und sich die beiden Veranlassungsbeiträge nicht nach objektiven Kriterien trennen lassen. Das hat das FG Münster entschieden. Das FG hätte eine Aufteilung zugelassen, wenn die beruflich und privat veranlassten Zeitanteile abgegrenzt worden wären. Das war aber nicht der Fall. Greifen die für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge aber so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so kommt nach der BFH-Rechtsprechung (Beschluss vom 21.09.2009, Az. GrS 1/06) ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht (FG Münster, Urteil vom 27.01.2022, Az. 1 K 224/21 E, Abruf-Nr. 227547). Steuerfreie Arbeitgeberleistungen zur vorschulischen Kinderbetreuung: Kein Platz für Sonderausgabenabzug Erbringt der Arbeitgeber steuerfreie Leistungen zur vorschulischen Kinderbetreuung ist der Sonderausgaben-abzug in Höhe dieser Leistungen zu kürzen; denn der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Steuerzahler tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird (BFH, Urteil vom 01.09.2021, Az. III R 54/20, Abruf-Nr. 227144). BFH: Nachzahlung von Arbeitslohn aufgrund arbeitsgerichtlichen Vergleichs keine außerordentlichen Einkünfte Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG setzen voraus, dass die Vergütung mit der Tätigkeitsdauer verknüpft ist. Es reicht nicht, dass Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als demjenigen zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zusammentrifft. Das hat der BFH entschieden (BFH, Urteil vom 16.12.2021, Az. VI R 10/18, Abruf-Nr. 227586) und damit die Vorinstanz bestätigt (FG Hessen, Urteil vom 27.07.2018, Az. 2 K 376/16, Abruf-Nr. 204569). In dem Fall ging es um die Nachzahlung von Arbeitslohn aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Erhöhungsbetrag ab dem zweiten Kind per ELStAM beantragen Ab diesem Jahr 2022 wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 4.008 Euro (§ 24b Abs. 2 S. 1 EStG) automatisch im Rahmen der Steuerklasse II berücksichtigt. Der Erhöhungsbetrag von 240 Euro ab dem zweiten Kind (§ 24b Abs. 2 S. 2 EStG) wird dagegen nur auf Antrag des Steuerzahlers in ELStAM als Freibetrag berücksichtigt. Darauf hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein hingewiesen (Kurzinformation Nr. 2022/3). Bemessung des Besonderen Kirchgelds: BFH bleibt hart „Es ist höchstrichterlich geklärt, dass die Erhebung des besonderen Kirchgelds nicht gegen die Verfassung verstößt. Dies gilt insbesondere auch für die Sachverhaltskonstellation, in der ein kirchenangehöriger Ehegatte mit eigenen Einkünften in Folge der Anwendung der sog. Vergleichsberechnung zum besonderen Kirchgeld und nicht zur Kircheneinkommensteuer herangezogen wird.“ Das hat der BFH klargestellt und die Nichtzulassungsbeschwerde einer Steuerzahlerin aus Bayern abgeschmettert (BFH, Beschluss vom 05.10.2021, Az. I B 65/19, Abruf-Nr. 227431). Hintergrund: Das besondere Kirchgeld, das von einigen evangelischen Landeskirchen erhoben wird, ist streitanfällig. Das liegt daran, dass man für die Bemessungsgrundlage in den Fällen, in denen der kirchenangehörige Ehegatte über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügt, rein faktisch auf das Einkommen des anderen Ehegatten zugreift, der keiner Kirche angehört. Deshalb hat vor kurzem schon eine Steuerzahlerin vor dem FG Baden-Württemberg gegen die Bemessung des Besonderen Kirchgelds geklagt und verloren (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.10.2021, Az. 3 K 3268/18, Abruf-Nr. 227311). Zu dieser Entscheidung ist noch die NZB beim BFH anhängig. Sie trägt das Az. I B 91/21. |
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Werbungskosten: Burnout als Berufskrankheit anerkannt Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Burnout als Krankheit anerkannt. Am 01.01.2022 ist nämlich die neue Klassifikationsliste mit dem Namen ICD-11 in Kraft getreten. Jetzt kann ein Burnout, der von der WHO auf chronischen Stress am Arbeitsplatz zurückgeführt wird, offiziell diagnostiziert und behandelt werden. Die Anerkennung von Burnout durch die WHO ist ein wichtiger Schritt, und die Finanzgerichte werden den Abzug von Therapiekosten nicht mehr so leicht ablehnen können. Wer glaubhaft macht, dass seine Erkrankung in erster Linie aufgrund einer besonderen Belastung am Arbeitsplatz zurückzuführen ist, kann den Eigenanteil für seine Therapiekosten möglicherweise (doch) leichter als Werbungskosten abziehen als bislang (www.gesundearbeit.at). Künstliche Befruchtung: Aufwendungen können außergewöhnliche Belastung sein Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung können als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sein. Dafür ist es erforderlich, dass die künstliche Befruchtung mit dem Ziel erfolgt, die auf einer „Krankheit“ der Frau oder des Mannes beruhende Kinderlosigkeit zu beheben. Eine chromosomale Translokation mit erheblichen hieraus resultierenden Risiken und möglichen Folgen für ein auf natürlichem Weg gezeugtes Kind ist als Krankheit einzuordnen (FG Niedersachsen, Urteil vom 14.12.2021, Az. 6 K 20/21, Abruf-Nr. 227652; Revision anhängig, BFH-Az. VI 2/22). Abfindungen an weichende Mieter: Werbungskosten oder anschaffungsnaher Herstellungsaufwand? Stellt eine Abfindung an einen Mieter, damit er die zu renovierende Wohnung vorzeitig räumt, abziehbare Werbungskosten dar oder anschaffungsnahe Herstellungskosten? Mit dieser Frage muss sich der BFH im Revisionsverfahren mit dem Az. IX R 29/21 befassen. Das FG Münster hat die vermieterungünstige Auffassung vertreten und die Abfindung als anschaffungsnahe Herstellungskosten eingestuft (FG Münster, Urteil vom 12.11.2021, 4 K 1941/20 F, Abruf-Nr. 227285). Doppelter Haushalt am Beschäftigungsort: FG Berlin-Brandenburg beharrt auf Fahrzeitverkürzung Eine doppelte Haushaltsführung ist nicht gegeben, wenn der Steuerzahler in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen (beruflich veranlassten) Zweithaushalt führt und auch der „eigene Hausstand“ am Beschäftigungsort belegen ist. Das gilt auch dann, wenn der Steuerzahler mehrfach täglich seine mit Parkinson schwer erkrankte Ehefrau pflegen und medizinisch unterstützen will und deswegen in unmittelbarer Nähe zur Arbeitsstätte eine weitere Wohnung anmietet. Ist die Hauptwohnung mit öffentlichen Verkehrsmitteln in ca. 35 bis 40 Fahrminuten von der Arbeitsstätte zu erreichen, erfüllt die Zweitwohnung die Kriterien für einen doppelten Haushalt nicht (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.11.2021, Az. 7 K 7009/19, Abruf-Nr. 227287). Umsatzsteuer: Ist eine Trauer- und Hochzeitsrednerin eine Künstlerin? Eine Trauer- und Hochzeitsrednerin kann als Künstlerin einzustufen sein mit der Folge, dass ihre Umsätze dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Das hat der BFH mehrmals so verlautbart. Die Betonung liegt aber auf „kann“. Denn in der Praxis ist es noch kaum jemandem gelungen, ein Gericht von seiner künstlerischen Tätigkeit zu überzeugen. Das ging auch einer Trauer- und Hochzeitsrednerin vor dem FG Baden-Württemberg so. Der Rednerin half es nichts, dass sie in der mündlichen Verhandlung auszugsweise eine Trauerrede vortrug. Das FG bezog sich auf u. a. auch auf eine Entscheidung des BSG (Urteil vom 23.03.2006, Az. B 3 KR 9/05 R, Abruf-Nr. 062052), wonach „jedenfalls dann, wenn der Wortbeitrag bei dem Begräbnis im Vordergrund steht, Trauerredner grundsätzlich nicht als Künstler anzusehen sind“. Es komme auf die „Darbietung“ an und nicht darauf, „ob ein kunstvoller Text vorgetragen“ werde. Der Vortrag müsse „mit Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar sein“. Hier handle es sich aber um „Gebrauchsreden“, um Reden anlässlich bestimmter Ereignisse (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.11.2021, Az. 14 K 982/20, Abruf-Nr. 227359, rechtskräftig). Bewertung von Arbeitslohn anlässlich von Betriebsveranstaltungen: BVerfG ist am Zug Absagen von Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung gehen steuerrechtlich zulasten der tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer. So hat es der BFH für eine Weihnachtsfeier entschieden (BFH, Urteil vom 29.04.2021, Az. VI R 31/18, Abruf-Nr. 223501). Das Unternehmen hat jetzt Verfassungsbeschwerde gegen die BFH-Entscheidung eingelegt. Sie wird beim BVerG unter dem Az. 2 BvR 1443/21 geführt. |
AUSGABE: SSP 3/2022, S. 1 · ID: 47950493