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Umsatzsteuer/VorsteuerIst-Versteuerer leistet: EuGH will Empfänger den Vorsteuerabzug erst mit Zahlung gewähren

Abo-Inhalt23.02.20223069 Min. LesedauerVon Laura Klein, Steuerberaterin, KMLZ Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

| „Ist-Versteuerer“ nach § 20 UStG müssen (im Gegensatz zu „Soll-Versteuerern“) Umsätze erst versteuern, wenn Sie die Zahlung erhalten haben. Leistungsempfänger können die Vorsteuer dagegen unabhängig von der Besteuerung des Leistenden mit Leistungsausführung ziehen. So sieht es das deutsche Umsatzsteuerrecht vor. Der EuGH hält das für EU-rechtswidrig. Er sagt: Der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers entsteht nach EU-Recht (erst), wenn der Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer entsteht. Dies ist bei Ist-Versteuerung des Leistenden der Zeitpunkt der Zahlung. |

So wird es in Deutschland bisher gehandhabt

Nach derzeitiger Auffassung der Finanzverwaltung entsteht das Vorsteuerabzugsrecht unabhängig von der Besteuerung des Leistenden im Zeitpunkt des Leistungsbezugs (Abschn. 15.2 Abs. 2 UStAE). Wesentliche Bedingungen für den Vorsteuerabzug sind die Leistungsausführung und der Empfang der Rechnung.

Das sagt der EuGH

Der EuGH hat jetzt klargestellt, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nach Art. 167 Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) dann entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Umsatzsteuer entsteht. Ist der Leistende ein „Ist-Versteuerer“, ist das der Zeitpunkt der Zahlung. Der EuGH begründet das damit, dass der Unionsgesetzgeber den Zeitpunkt der Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts gerade an die – durch die Ist-Versteuerung veränderliche – Entstehung des Steueranspruchs geknüpft habe, nicht hingegen an die Leistungsausführung. Auf die Zahlung kommt es (sofern keine Anzahlung vorliegt) nicht an (EuGH, Urteil vom 10.02.2022, Rs. C-9/20, Abruf-Nr. 227487, Grundstücksgemeinschaft Kollaustraße 136).

Konsequenz für die Praxis

Das Urteil ist für alle Unternehmen von Bedeutung. Das liegt daran, dass Leistungsempfänger (derzeit) in der Regel nicht erkennen können, wie der leistende Unternehmer seine Umsatzsteuer berechnet. Leistungsempfänger dürften aber Bestandsschutz genießen, bis das UStG oder der UStAE geändert worden sind. Der unternehmerfreundliche Vorsteuerabzug mit Leistungsausführung wäre also zunächst noch möglich.

Damit eine unionsrechtskonforme Auslegung oder Anpassung der bestehenden Regelungen praktisch anwendbar ist, braucht es zwingend auch die von Art. 226 Nr. 7a MwStSystRL vorgesehene Hinweispflicht auf die Ist-Versteuerung des Leistenden in Rechnungen. Nur so wären Leistungsempfänger überhaupt in der Lage, den Leistenden als Ist-Versteuerer zu identifizieren und den zutreffenden Zeitpunkt für ihren Vorsteuerabzug zu bestimmen.

AUSGABE: SSP 3/2022, S. 21 · ID: 47996675

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