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Europäische GesetzgebungNeues EU-Klimaziel für 2040 mit neuem Subventionsprogramm

Abo-Inhalt14.08.20258017 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg

Die EU-Kommission hat am 2.7.25 einen weiteren Zwischenschritt in Richtung Klimaneutralität vorgeschlagen, über den das EU-Parlament am 8.7.25 erst mal debattiert hat. Nach dem Vorschlag sollen die Treibhausemissionen bis 2040 bereits um 90 % gesenkt werden, wie in den politischen Leitlinien der Kommission 2024 bis 2029 gefordert. Dies soll Sicherheit für Investoren und Innovationen schaffen, die führende Rolle der Industrie in Europa stärken und die Energieversorgungssicherheit in Europa sichern.

1. Flexibilitätsregelungen

Das Europäische Klimagesetz (Verordnung EU 2021/1119, ABl. L 243 v. 9.7.21, S. 1 bis 17, in Kraft getreten 29.7.21) verpflichtet die EU, bis 2050 klimaneutral zu werden und die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 um mindestens 55 % zu senken. Ein zentrales Element des Vorschlags sind Flexibilitätsregelungen, die die Kommission bei der Gestaltung der künftigen Rechtsinstrumente zur Erreichung des Klimaziels für 2040 erwägt. Dazu gehören eine begrenzte Rolle für hochwertige internationale Gutschriften ab 2036, die Nutzung der dauerhaften Entnahme in der EU im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (EU-EHS) und mehr Flexibilität über die verschiedenen Sektoren hinweg, um zu einer kosteneffizienten und sozial gerechten Verwirklichung der Ziele beizutragen. Konkret könnte dies einem Mitgliedstaat die Möglichkeit geben, den mit Schwierigkeiten konfrontierten Landnutzungssektor mit einer Übererfüllung bei der Verringerung der Emissionen aus Abfällen und dem Verkehr auszugleichen.

Merke | Innerhalb der EU sollen die Treibhausemmissionen um 87 % gegenüber 1990 sinken. Die EU will hierbei die Anrechnung sog. Kohlenstoffsenken, die Kohlendioxid aus der Luft binden und wieder einspeichern (etwa in Meeren oder Wäldern) oder durch neue Technologien (z. B. Carbon Capture Storage – CCS) zulassen. Für die restlichen 3 % will die EU den Ländern ab 2036 den Kauf von CO2-Zertifikaten, die Kohlenstoffspeicher und Einsparungen in Drittstaaten finanzieren.

2. CO2-Grenzausgleichssystem der EU (CBAM)

Bereits Ende Februar 2025 hatte die Kommission Vereinfachungen der CBAM-Verordnung (Verordnung [EU] 2023/956 v. 10.5.23) vorgeschlagen, um den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern und gleichzeitig die Funktionsfähigkeit der CBAM-Maßnahme aufrechtzuerhalten. Der wichtigste Aspekt des Vorschlags ist eine neue Freigrenze von 50 t für CBAM-Waren: Unternehmen, die einen einzigen massenbasierten Schwellenwert von 50 t eingeführter Waren pro Einführer und Jahr nicht überschreiten, sind von den CBAM-Verpflichtungen befreit. Die vorgeschlagene Maßnahme wird daher hauptsächlich für KMU und Einzelpersonen gelten, die kleine oder vernachlässigbare Mengen von Waren einführen, die unter die CBAM-Verordnung fallen. Diese Vereinfachung, durch die 90 % der Einführer von der Regelung ausgenommen werden, ist ein erster Schritt, bevor Ende des Jahres 2025 eine allgemeinere CBAM-Überprüfung durchgeführt wird.

3. Neuer Beihilferahmen zur Erreichung des neuen Klimaziels

Die Europäische Kommission hat zur Erreichung des neuen Klimaziels einen neuen subventionsrechtlichen Beihilferahmen zum Deal für eine saubere Industrie angenommen. Der Beihilferahmen gilt bis zum 31.12.30 und ersetzt den seit 2022 geltenden „Befristeten Rahmen zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels (TCTF)“.

3.1 Betroffene Vereinfachungsbereiche

Die Beihilfevorschriften sollen in fünf Bereichen vereinfacht werden:

  • Ausbau erneuerbarer Energien und verstärkte Nutzung kohlenstoffarmer Brennstoffe
  • Befristete Strompreisentlastung für energieintensive Verbraucher, um den Übergang zu niedrigpreisigem, sauberem Strom sicherzustellen
  • Dekarbonisierung bestehender Produktionsanlagen
  • Entwicklung von Fertigungskapazitäten für saubere Technologien in der EU
  • Verringerung der Risiken von Investitionen in saubere Energie, Dekarbonisierung, saubere Technologien, Energieinfrastrukturprojekte und Vorhaben zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft

3.2 Inhalt des neuen Förderrahmens

Inhaltlich umfasst der neue Beihilferahmen folgende Elemente:

  • „Schnellverfahren“ für den Ausbau sauberer Energie: Förderung von erneuerbaren Energien und kohlenstoffarmen Brennstoffen. Der Beihilferahmen führt vereinfachte Verfahren ein, die eine rasche Einführung von Regelungen für erneuerbare Energien ermöglichen.
  • Neue Vorschriften über Flexibilitätsmaßnahmen und Kapazitätsmechanismen: Diese geben den Mitgliedstaaten zusätzliche Werkzeuge an die Hand, um schwankende erneuerbare Energiequellen (z. B. Wind- und Solarenergie) in die Energieversorgung zu integrieren und gleichzeitig eine zuverlässige Stromversorgung für die Verbraucher sicherzustellen. Im Beihilferahmen werden Kapazitätsmechanismen nach einem „Zielmodell“ festgelegt, in dem die Mitgliedstaaten Stromanbieter für Bereitschaftskapazitäten bezahlen, die für eine beschleunigte Genehmigung infrage kommen können.
  • Förderung für Stromkosten für energieintensive Verbraucher: Die Mitgliedstaaten können Unternehmen, die in Sektoren tätig sind, die besonders stark vom internationalen Handel und für die Produktion in hohem Maße von Strom abhängig sind, Förderungen für Stromkosten gewähren. So können die Mitgliedstaaten die Stromkosten für energieintensive Verbraucher senken, die mit höheren Kosten konfrontiert sind als Wettbewerber in Regionen mit weniger ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen.
  • Unterstützung von Investitionen in Technologien zur Dekarbonisierung oder Steigerung der Energieeffizienz: Der neue Rahmen fördert Technologien für die Dekarbonisierung wie Elektrifizierung, Wasserstoff, Biomasse und Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2. Die Unterstützung kann dabei gewährt werden
    • auf der Grundlage vorab festgelegter Beihilfebeträge,
    • auf der Grundlage der Finanzierungslücke oder
    • im Wege einer wettbewerblichen Ausschreibung.
  • Förderung von Investitionen: Der Rahmen ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Investitionen in neue Fertigungskapazitäten für saubere Technologien zu fördern:
    • In Form von Regelungen für alle Fertigungsprojekte im Zusammenhang mit Technologien, die unter die Netto-Null-Industrie-Verordnung fallen
    • Auf individueller Basis für Fertigungsprojekte im Bereich der Netto-Null-Technologien, wenn dies erforderlich ist, um zu verhindern, dass solche Investitionen aus Europa abwandern
    • Förderung der Herstellung und Verarbeitung kritischer Rohstoffe, die für saubere Technologien erforderlich sind

4. Empfehlung für neue Steueranreize der Mitgliedstaaten

Ergänzend zum Beihilferahmen hat die Kommission außerdem die Empfehlung zu Steueranreizen gegeben, die Anreize für Investitionen in saubere Technologien und die Dekarbonisierung der Industrie schaffen sollen. Dazu zählen nach der Kommissionsempfehlung:

4.1 Beschleunigte Abschreibung bis hin zur sofortigen Abschreibung

Diese sollen Unternehmen ermöglichen, die vollen Kosten förderfähiger Investitionen in saubere Technologien schneller oder sogar im Jahr des Kaufs oder Leasings abzuziehen. Dies reduziert effektiv die anfänglichen Steuerverbindlichkeiten, verbessert den Cashflow und senkt die Hindernisse für grüne Investitionen. Soweit möglich, sollte die beschleunigte Abschreibung mit angemessenen Regeln für den Verlustvortrag einhergehen.

4.2 Gezielte Steuergutschriften

Direkte Senkungen der Körperschaftsteuerschulden sollen einen starken Anreiz für Investitionen in strategische Sektoren wie die Herstellung sauberer Technologien und Projekte zur Dekarbonisierung der Industrie schaffen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Steuergutschriften nach Möglichkeit erstattungsfähig zu machen oder sie mit anderen nationalen Steuern verrechnen zu lassen. Im Rahmen des CISAF sind die Steuergutschriften für Projekte auf einen bestimmten Betrag pro Projekt begrenzt und an die Beihilfehöchstintensität gebunden.

Nächste Schritte

Der Vorschlag der Kommission zur Festlegung des Klimaziels für 2040 wird nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Erörterung und Annahme nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren vorgelegt.

Fundstelle

AUSGABE: AStW 9/2025, S. 692 · ID: 50507871

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