FeedbackAbschluss-Umfrage

GesetzgebungGenossenschaftsgesetz soll (endlich) modernisiert werden

Abo-Inhalt14.08.20258013 Min. LesedauerVon Dr. Sascha Genders

Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag auf eine Modernisierung des Genossenschaftsrechts verständigt (Bundesregierung 2025, Verantwortung für Deutschland, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 21. Legislaturperiode, Rn. 2815 ff., S. 88). Hierzu gehört nicht nur die Absicht, eine neue, eigenständige Rechtsform Gesellschaft mit gebundenem Vermögen einführen zu wollen, sondern darüber hinausgehende Modernisierungsaspekte allgemeiner Natur. Eine Modernisierung des Genossenschaftsgesetzes (GenG) war bereits Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens in der letzten Legislaturperiode, wurde zugleich nicht abgeschlossen und liegt nun in modifizierter Form als Referentenentwurf des BMJV vor.

Neben Maßnahmen zur Verbesserung der Attraktivität der Rechtsform oder einzelnen Maßnahmen zum Schutz vor missbräuchlicher Verwendung soll durch Bürokratieabbau die Gründung einer Genossenschaft vereinfacht werden sowie den Anforderungen der Digitalisierungen Rechnung getragen werden. Folgende Aspekte lassen sich hierbei stellvertretend aus dem Referentenentwurf „Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform“ (GenG-E ) nennen:

Modernisierung durch Digitalisierung

Ein Wesenskern der geplanten Änderungen des GenG ist die Ermöglichung der Digitalisierung, insbesondere bei Gründung und Verwaltung. So werden bspw. diverse Schriftformerfordernisse, bspw. bei

  • Anmeldung der Genossenschaft (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 GenG-E),
  • Erwerb der Mitgliedschaft (§ 15 Abs. 1),
  • Änderungen des Vorstands und der Vertretungsbefugnisse (§ 28 GenG-E),
  • Einsicht in die Mitgliederlisten (§ 31 GenG-E),
  • Auslegungen und Zugänglichkeiten bei Vertreterversammlungen (§ 43a GenG-E)

durch Textform ersetzt. Insofern sind E-Mails oder anderweitige digitale Dokumente bei wesentlichen Rechtsakten zulässig. Jedoch können die Genossenschaften auch weiterhin Schriftform qua Satzung verlangen.

Einzug hält die Digitalisierung bei elektronischen Wahlen oder hybriden Vertreterversammlungen. Konkret bedeutet dies bei Vertreterversammlung eine Änderung dahingehend, dass die Satzung oder die Wahlordnung eine elektronische Wahl der Vertreter vorsehen kann oder zulassen können, dass der Vorstand (…) beschließen kann, die Wahl elektronisch durchzuführen (§ 43a Abs. 5 GenG-E). Zudem kann in der Satzung vorgesehen sein, dass die an einer hybriden Sitzung in Präsenz teilnehmenden Mitglieder gleichfalls elektronisch abstimmen können (§ 43b Abs. 4 GenG-E). Ferner kann vorgesehen werden, dass Vertreterversammlungen für alle Mitglieder durch Bild- und Tonübertragungen zugänglich gemacht werden (§ 43a Abs. 9 GenG-E), insofern sind Live-Übertragungen möglich. Insgesamt steigt die Flexibilität und die Kommunikation wird moderner.

Forcierung des Bürokratieabbaus

Einerseits schafft die Digitalisierung – bspw. in Form der Texterfordernis – eine Minderung bürokratischer Belastungen, darüber hinaus lässt sich anderseits eine Vielzahl weiterer Aspekte nennen, die den Verwaltungsaufwand mindern: So werden die Schwellenwerte für die vereinfachte Pflichtprüfung zur Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nach § 53 Abs. 1 GenG-E auf 2 Mio. EUR Bilanzsumme (zuvor 1,5 Mio. EUR Bilanzsumme) und 4 Mio. EUR Umsatzerlöse (zuvor 3 Mio. EUR Umsatzerlöse) angehoben. Zudem kann die vereinfachte Prüfung bei begrenzten Mitgliederdarlehen nach § 53a Abs. 1 GenG-E bei einem Gesamtvolumen von unter 200.000 EUR, somit bei kleinen Mitgliederdarlehen, weiterhin angewendet werden.

Beschleunigung erhofft man sich, indem die Eintragung im Genossenschaftsregister als Nachweis für die Legitimation des Vorstands ausreicht, eine Bescheinigung des Registergerichts ist nicht mehr nötig (§ 26 Abs. 2 GenG-E). Bestimmte Änderungen wie Adressänderungen eines Mitglieds des Vorstands müssen nicht mehr notariell beglaubigt werden (§ 28 Satz 2 GenG-E), es genügt ein Nachweis in formloser Art und Weise. Insgesamt sollen Gründungsaufwand reduziert und Verfahren beschleunigt werden.

Attraktivität und Missbrauchsschutz erhöhen

Eine Steigerung der Attraktivität der Rechtsform der Genossenschaft und zugleich der Schutz vor Missbrauch soll bspw. erreicht werden, indem auf der einen Seiten Klarheiten geschaffen werden, indem der zulässige Förderzweck nachgeschärft wird durch Ausschluss „bloßer gemeinschaftlicher Vermögensanlage“ (§ 1 Abs. 3 GenG-E). Die mittelbare Förderung hingegen ist eindeutig zulässig (§ 1 Abs. 1 GenG-E).

Dem gleichen Zweck dienen Änderungen bei Prüfverbänden und Aufsicht dahingehend, dass Prüfverbände außerordentliche Generalversammlungen einrichten dürfen (§ 60 GenG-E) oder indem Meldepflichten sowie Prüfungen zur Zuverlässigkeit ausgeweitet werden (§ 63a GenG-E). Ausgeweitet werden Mitgliederrechte durch die Zulässigkeit von Mutterschutz oder Elternzeit für Vorstandsmitglieder (§ 24 Abs. 4 GenG-E) oder erweiterte Gastrechte bei Vertreterversammlungen (§ 43a Abs. 9 GenG-E).

Die Mitgliederrechte werden u. a. dadurch erweitert, dass Vorstandsmitglieder während des Mutterschutzes oder der Elternzeit ihr Amt vorübergehend ruhen lassen können und ein Rückkehrrecht erhalten (§ 24 Abs. 4 GenG-E). Zudem werden die Gastrechte bei Vertreterversammlungen ausgeweitet, indem Mitgliedern ein konkretes Rede- und Antragsrecht eingeräumt wird (§ 43a Abs. 9 GenG-E).

Ausblick

Durch Digitalisierung werden Genossenschaften für digitale Gründungen geöffnet, die Kommunikation und Verwaltungen werden durch Änderungen hin zu Textform und verstärkter Nutzung von Online-Verfahren modernisiert. Genossenschaften können außerdem durch den angestrebten Bürokratieabbau formal schneller stattfinden. Durch mehr Partizipation werden die Mitwirkungsmöglichkeiten innerhalb der Genossenschaften und somit deren Attraktivität gesteigert. Regelungen zum Schutz vor missbräuchlicher Verwendung der Rechtsform sollen ausgeweitet werden.

Fundstelle
  • BMJV, Referentenentwurf/RefE des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform, 25.5.25, Berlin, www.iww.de/s14076

AUSGABE: AStW 9/2025, S. 689 · ID: 50507870

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte