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Steuergestaltung§ 34a EStG: Warum sich die Gewinnthesaurierung bei Weitem nicht nur für Spitzenverdiener lohnt

Abo-Inhalt27.09.20225908 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Die Gewinnthesaurierung nach § 34a EStG ist eine höchst interessante Gestaltungsvorschrift zum Steuern sparen, die in der Praxis noch viel zu wenig beachtet wird. Und zwar deshalb, weil gemeinhin die Auffassung vertreten wird, dass sich das Optimierungspotenzial des § 34a EStG nur Spitzenverdienern erschließt. Das ist aber ein Trugschluss. SSP stellt Ihnen die Grundsätze des § 34a EStG vor und zeigt, warum sich das Steuersparmodell auch für „Normalsterbliche“ lohnt. |

Darum geht es bei § 34a EStG

Die Gewinnthesaurierung des § 34a EStG soll ermöglichen, dass Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften mit den Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften annährend gleich besteuert werden. Denn während bei erstgenannten der komplette Gewinn sofort zum individuellen Spitzensteuersatz (bis zu 45 Prozent zzgl. Soli = 47,5 Prozent) versteuert wird (Transparenzprinzip), werden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft „gestaffelt besteuert“. Der Gewinn wird zwar von der Kapitalgesellschaft sofort in voller Höhe versteuert (je nach GewSt-Hebesatz etwa mit 30 Prozent). Er muss von den Gesellschaftern aber erst dann mit der Abgeltungssteuer von 25 Prozent zzgl. Soli versteuert werden, wenn er an sie ausgeschüttet wird (Trennungsprinzip). Die effektive Steuerbelastung beträgt dann etwa 48,5 Prozent.

Auch wenn die Steuerbelastung damit leicht höher ausfällt, ergibt sich ein nicht zu verachtender Vorteil: Sollen Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern betrieblich reinvestiert werden, stehen der Kapitalgesellschaft regelmäßig höhere finanzielle Mittel als einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft zur Verfügung. Denn in diesem Fall erfolgt lediglich die Besteuerung auf Ebene der Kapitalgesellschaft mit rd. 30 Prozent (finanzieller Vorteil von 18 Prozent des Bruttogewinns).

Die Gewinnthesaurierung am einfachen Beispiel erklärt

Nach § 34a EStG können auf Antrag nicht entnommene Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit zu einem pauschalen Steuersatz von nur 28,25 Prozent zzgl. 1,55 Prozent Soli (5,5 Prozent von 28,25 Prozent) versteuert werden. Der Vorteil: Dem Unternehmen bleiben damit 70,20 Prozent des Gewinns für betriebliche Reinvestitionen (ähnlich einer Kapitalgesellschaft).

Die Kehrseite: Wird der thesaurierte Gewinn in späteren Jahren doch entnommen, findet – ähnlich wie bei der Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft – eine Nachversteuerung statt. Diese erfolgt zu einem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent zzgl. 1,37 Prozent Soli (5,5 Prozent von 25 Prozent) des thesaurierten Nettogewinns. Die Steuer beträgt damit 26,37 Prozent der thesaurierten 70,20 Prozent und folglich 18,51 Prozent. Effektiv wird der thesaurierte Gewinn damit langfristig mit 48,31 Prozent besteuert (29,80 Prozent zzgl. 18,51 Prozent):

Beispiel

Der ledige Einzelunternehmer Lothar Wolf hat 2010 einen Gewinn von 500.000 Euro erzielt. Seine Sonderausgaben und anderen Abzugspositionen haben 10.000 Euro betragen.

Lösung: Die zu zahlende Einkommensteuer inkl. Soli belief sich bei einem zu versteuernden Einkommen von 490.000 Euro auf 216.070 Euro.

Ergänzung

In Höhe von 100.000 Euro hatte Wolf den Gewinn nicht entnommen. Er hat den Gewinn in dieser Höhe nach § 34a EStG thesauriert.

Lösung: Das zu versteuernde Einkommen reduzierte sich auf 390.000 Euro und die Einkommensteuer inkl. Soli auf 168.595 Euro. Die verbleibenden 100.000 Euro wurden nach § 34a EStG thesauriert besteuert. Die darauf entfallende Einkommensteuer (28,25 Prozent) inkl. Soli (1,55 Prozent) betrug 29.803 Euro. Die Gesamtbelastung belief sich damit auf 198.398 Euro, Wolf generierte einen Liquiditätsvorteil von 17.672 Euro. Der nachversteuerungspflichtige Betrag betrug 70.197 Euro (100.000 Euro ./. darauf gezahlter Steuern von 29.803 Euro).

Ergänzung

Zehn Jahre später (2020) hat Lothar Wolf den thesaurierten Betrag entnommen.

Lösung: Es ist zur Nachversteuerung gekommen. Der nachversteuerungspflichtige Betrag von 70.197 Euro ist zu einem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent zzgl. 1,37 Prozent Soli besteuert worden. Damit wurde durch die Entnahme eine Steuer von 18.510 Euro ausgelöst (70.197 Euro x 26,37 Prozent). Effektiv hat Wolf durch die Thesaurierung folglich 838 Euro mehr Steuern gezahlt als er ohne Thesaurierung hätte zahlen müssen. Dafür stand seinem Unternehmen zehn Jahre lang zinslos ein Betrag von 17.672 Euro zur Verfügung.

Wichtig | Damit steht fest, dass die Gewinnthesaurierung des § 34a EStG selbst im Spitzensteuersatz nicht zu einem tatsächlichen – in Euro ausgedrückten – Vorteil führt. Der Vorteil besteht vielmehr darin, dass die betriebliche Liquidität geschont wird. Diese kann in den kommenden Jahren gewinnsteigernd eingesetzt werden oder es können (zinsteure) Darlehen abgelöst bzw. vermieden werden. Zudem kommt es infolge der Inflation zu einer Abwertung der Kaufkraft der thesaurierten Steuern. Im Ergebnis führt dieser Prozess dazu, dass im Zeitpunkt der Nachversteuerung eine effektiv geringere Steuerbelastung greifen kann.

Die Gewinnthesaurierung im Detail

Die im Detail recht komplexen Regelungen und besonderen Fallgestaltungen zur Gewinnthesaurierung sind im BMF-Schreiben vom 11.08.2008 (Az. IV C 6 – S 2290a/07/10001, Abruf-Nr. 083020) näher erläutert worden. SSP fasst die wichtigsten Eckpunkte zusammen.

Wer kann profitieren?

Das können alle Steuerbürger, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit (ohne § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG) erzielen. Voraussetzung ist dabei, dass der Gewinn nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG ermittelt wird (Bilanzierung, keine Einnahme-Überschuss-Rechnung).

Begünstigt sind nicht nur Einzelunternehmer, sondern auch Gesellschafter einer Personengesellschaft. Voraussetzung ist bei diesen allerdings, dass der Gewinnanteil des Gesellschafters mehr als zehn Prozent des Gesamtgewinns (Gesamthands-, Sonder- und Ergänzungsbilanzen) oder mehr als 10.000 Euro beträgt. Zudem kann sich jeder Gesellschafter gesondert dazu entscheiden, ob er eine Thesaurierung wünscht oder nicht.

Muss die Thesaurierung beantragt werden?

Ja. Der Antrag ist für jeden Betrieb und für jeden Veranlagungszeitraum gesondert bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen. Gesellschafter einer Personengesellschaft stellen den Antrag also nicht bei dem für die Gesellschaft zuständigen Finanzamt, sondern bei dem für ihre eigene Einkommensteuer zuständigen Finanzamt (Wohnsitzfinanzamt – § 19 AO). Regelmäßig wird der Antrag mit Abgabe der Steuererklärung gestellt, er kann jedoch auch im Rahmen eines Einspruchsverfahrens nachgeholt werden.

Praxistipp | Der Antrag auf Thesaurierung kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den nächsten Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise zurückgenommen werden und der bisherige Einkommensteuerbescheid wird entsprechend geändert (§ 34a Abs. 1 S. 4 EStG). Der Vorteil: Erkennt der Antragsteller frühzeitig, dass er den thesaurierten Betrag doch kurzfristig benötigt, kann er die erhöhte Besteuerung so vermeiden.

Welcher Gewinn kann thesauriert werden?

Dem Gedanken des § 34a EStG folgend, kann nur der nicht entnommene Gewinn (§ 34a Abs. 2 EStG) thesauriert werden. Es wird dazu der steuerliche Gewinn im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 bzw. § 5 EStG ermittelt (inkl. steuerfreier Gewinnbestandteile – z. B. Teileinkünfte – und vor Hinzurechnung nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben) und um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahrs vermindert.

Der verbleibende Betrag ist derjenige, welcher maximal thesauriert werden kann. Die Thesaurierung muss dabei jedoch nicht für den vollen Betrag gewählt werden. Es kann auch nur ein Teilbetrag thesauriert werden.

Beispiel

Markus Dill führt ein Einzelunternehmen (Trockenbau) und erzielt einen Gewinn im Sinne des § 5 EStG von 300.000 Euro. Dabei fielen nicht abzugsfähige Betriebsausgaben in Höhe von 45.000 Euro an. Im selben Jahr hat er Entnahmen in Höhe von 210.000 Euro und Einlagen von 20.000 Euro getätigt.

Lösung: Der Gewinn von 300.000 Euro (vor Hinzurechnung der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben) wird um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen (190.000 Euro) vermindert. Übrig bleiben 110.000 Euro. Dill kann für diese 110.000 Euro – aber auch nur für einen Teilbetrag davon – die Thesaurierung nach § 34a EStG beantragen. Der steuerpflichtige Gewinn zum progressiven Steuersatz von 345.000 Euro (nach Hinzurechnung der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben) würde sich dann um diesen Betrag reduzieren.

Wichtig | Eine Thesaurierung ist nicht möglich, soweit für die Gewinne der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG oder die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch genommen wird. Auch eine Thesaurierung für Gewinne im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist ausgeschlossen.

Wie erfolgt die Besteuerung bei Thesaurierung?

Wird ein Antrag auf Gewinnthesaurierung gestellt, wird der Gewinn insoweit abweichend von der tariflichen progressiven Einkommensteuer (§ 32a EStG) mit einem Steuersatz von 28,25 Prozent zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer versteuert.

Beispiel

Der steuerliche Gesamtgewinn beträgt 250.000 Euro. Es wird ein Betrag von 100.000 Euro thesauriert.

Lösung: Der nicht thesaurierte Gewinn von 150.000 Euro unterliegt der progressiven persönlichen Einkommensteuer (§ 32a EStG). Auf den thesaurierten Gewinn von 100.000 Euro entfällt eine Einkommensteuer von 28.250 Euro (28,25 Prozent) und der Soli von 1.553 Euro (5,5 Prozent von 28.250 Euro).

Was ist der nachversteuerungspflichtige Betrag?

Der nachversteuerungspflichtige Betrag ist der Betrag, der vom thesaurierten Betrag nach Abzug der darauf entfallenden Steuern (ohne etwaige Kirchensteuer) verbleibt. Im obigen Beispiel also 70.197 Euro (100.000 Euro ./. 28.250 und 1.553 Euro). Dieser Betrag muss erst in späteren Jahren versteuert werden.

Wichtig | Der nachversteuerungspflichtige Betrag wird jährlich vom Wohnsitzfinanzamt gesondert festgestellt (§ 34a Abs. 3 EStG). Er erhöht sich um die Beträge, die bereits in vorangegangenen Jahren gesondert festgestellt wurden. Der Feststellungsbescheid ist ein gesondert anfechtbarer Verwaltungsakt, der als Grundlagenbescheid Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1 AO) für die gesonderte Feststellung des nächsten Jahres erlangt.

Wie erfolgt die Nachversteuerung?

Die Nachversteuerung erfolgt ähnlich wie eine Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft. Kommt es zur Nachversteuerung, wird der entsprechende Betrag pauschal mit 25 Prozent zzgl. 5,5 Prozent Soli und ggf. Kirchensteuer besteuert. Beträgt der nachversteuerungspflichtige Betrag 70.197 Euro, fällt damit eine pauschale Einkommensteuer von 17.549 Euro und ein Solidaritätszuschlag von 965 Euro an.

Wann erfolgt die Nachversteuerung?

Das kommt drauf an. Theoretisch kann die Nachversteuerung unendlich hinausgeschoben werden – auch über den Tod des Steuerzahlers hinaus. Der nachversteuerungspflichtige Betrag geht dann auf die Erben über. Es gibt aber auch Konstellationen, in denen eine Nachversteuerung vorzunehmen ist. Nach dem Rechtsgedanken des § 34a EStG zunächst immer dann, wenn der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen den nach § 4 Abs. 1 S. 1 bzw. § 5 EStG ermittelten Gewinn(anteil) übersteigt. Kurz gesagt: Wird in Jahren nach der Thesaurierung mehr entnommen als der Betrieb an Gewinn erwirtschaftet hat, muss in Höhe des Entnahmeüberhangs der bisher gesondert festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag versteuert werden.

Beispiel

Zum 31.12.20 wurde für das Autohaus Kurz ein nachversteuerungspflichtiger Betrag von 300.000 Euro gesondert festgestellt. Der Gewinn i. S. v. § 5 EStG des Jahres 2021 betrug infolge der Corona-Krise nur 25.000 Euro. Zudem hatte Martin Kurz 100.000 Euro entnommen. Einlagen erfolgten in Höhe von 5.000 Euro.

Lösung: Der Gewinn von 25.000 Euro unterliegt der normalen Besteuerung. Da der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen (95.000 Euro) den Gewinn (25.000 Euro) um 70.000 Euro übersteigt, muss Kurz zusätzlich 70.000 Euro nachversteuern. Zum 31.12.2021 erfolgt eine gesonderte Feststellung des verbleibenden nachversteuerungspflichtigen Betrags in Höhe von 230.000 Euro.

Wichtig | Das Beispiel zeigt das womöglich größte Risiko der Nachversteuerung. Laufen die Geschäfte schlecht, kann es kraft Gesetzes zu einer ungewollten Nachversteuerung kommen. Das Risiko sollte bedacht werden.

Abwandlung

Das Autohaus Kurz hat einen Verlust von 200.000 Euro erzielt.

Lösung: Im Verlust-Fall ist der Entnahmeüberhang nur so hoch wie der positive Saldo von Entnahmen und Einlagen. Der Nachversteuerung unterliegen damit nur 95.000 Euro (BMF, 11.08.2008, Rz. 27). Der Verlust kann nicht mit dem nachversteuerungspflichtigen Betrag verrechnet werden.

Resultieren die den Gewinn übersteigenden Entnahmen aus der Überführung oder Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 S. 1 bis 3 EStG, kann unter den Voraussetzungen des § 34a Abs. 5 EStG eine Nachversteuerung umgangen werden. Voraussetzung ist, dass der Steuerzahler einen Antrag stellt und der insoweit nachversteuerungspflichtige Betrag in Höhe des Buchwerts des überführten oder übertragenen Wirtschaftsguts auf den anderen Betrieb oder Mitunternehmeranteil übergeht.

Können Entnahmen zur Zahlung der Erbschaftsteuer erfolgen?

§ 34a EStG soll die Betriebsübergabe an die nächste Generation nicht einschränken. Deshalb kann auch der nachversteuerungspflichtige Betrag auf den Nachfolger übergehen. Muss dieser infolge der Übertragung des Betriebs- oder des Mitunternehmeranteils Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen und kommt es deshalb zu einem Entnahmeüberhang, ist gemäß § 34a Abs. 4 S. 3 EStG insoweit keine Nachversteuerung durchzuführen.

Weitere Gründe für eine Nachversteuerung

Eine Nachversteuerung ist ferner vorzunehmen, wenn (§ 34a Abs. 5 EStG):

Praxistipp | Bei Nr. 1 bis 3 kann die aufgrund der Nachversteuerung fällige Einkommensteuer auf Antrag in regelmäßigen Teilbeträgen auf einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren zinslos gestundet werden (§ 34a Abs. 5 S. 2 EStG).

  • 1. eine Betriebsaufgabe/Betriebsveräußerung/Realteilung erfolgt,
  • 2. der Betrieb in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird und in Fällen des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft,
  • 3. der Betrieb unentgeltlich nach § 6 Abs. 3 EStG an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.v. § 1 Abs. 1 KStG übertragen wird,
  • 4. der Gewinn nicht mehr nach § 4 Abs. 1 S. 1 oder § 5 EStG ermittelt wird,
  • 5. der Steuerpflichtige dies beantragt (freiwillige Nachversteuerung)

Können auch „normalsterbliche“ Unternehmer profitieren?

Das kommt immer ganz entscheidend darauf an, wie das Unternehmen den Liquiditätsvorteil nutzen kann und wie sich die Inflation entwickelt. Grundsätzlich ist die Thesaurierung für Spitzenverdiener am sinnvollsten. Aber auch Unternehmer mit geringeren Gewinnen können sparen:

Beispiel

Ein kleines als Einzelunternehmen geführtes Autohaus hat 2021 einen Gewinn von 85.000 Euro erzielt (keine nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben). Der Inhaber ist ledig. Sonderausgaben fielen mit 5.000 Euro an. Entnahmen hat er in Höhe von 70.000 Euro getätigt und Einlagen erfolgten in Höhe von 5.000 Euro.

Variante a) Der Unternehmer versteuert den gesamten Gewinn nach § 32a EStG zur progressiven individuellen Einkommensteuer. Dann entfällt auf das zu versteuernde Einkommen von 80.000 Euro eine Steuerbelastung von 25.356 Euro.

Variante b) Der Unternehmer nimmt in Höhe des nicht entnommenen Gewinns von 20.000 Euro (85.000 Euro ./. Entnahmeüberhang von 65.000 Euro) die Thesaurierung nach § 34a EStG vor. Dann beläuft sich die Steuer nach § 32a EStG auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen von 60.000 Euro auf 16.063 Euro. Für den thesaurierten Betrag werden 5.960 Euro fällig (20.000 Euro x 28,25 Prozent zzgl. Soli). Die Gesamtbelastung beträgt damit (zunächst) 22.023 Euro.

Überlegungen des Betriebsinhabers

Entscheidet er sich für Variante b, spart er zunächst 3.333 Euro. Er muss aber – über kurz oder lang – einen nachversteuerungspflichtigen Betrag von 14.040 Euro (20.000 Euro ./. 5.960 Euro) nachversteuern. Über ihm schwebt also eine latente Steuerlast von 3.703 Euro (14.040 x 25 Prozent zzgl. Soli). Diese fällt um 370 Euro höher aus als die reguläre Steuer in Variante a) betragen würde. Er muss sich also entscheiden, was besser ist:

  • 1. Sofort 3.333 Euro zahlen
  • 2. In einigen Jahren – evtl. Jahrzehnte später – 3.703 Euro zahlen

Fremdkapitalgedanke: Der Unternehmer möchte mit seinem Autohaus wachsen und benötigt Fremdkapital. Die Bank fordert einen Zins von drei Prozent. In diesem Fall würde er – bei Wahl der Thesaurierung – ein um 3.333 Euro geringeres Darlehen benötigen bzw. gar in dieser Höhe Eigenkapital vorweisen können (geringerer Zinssatz?). Bei einem Zinssatz von drei Prozent spart er jährlich 99,99 Euro. Sollte es erst in zehn Jahren zur Nachversteuerung kommen, hätte er – inkl. Zinseszinsersparnisse – insgesamt 1.147 Euro gespart. Dies entspricht 777 Euro mehr als die Nachversteuerung mit 370 Euro Zusatzbelastung kostet. Eine Thesaurierung wäre sinnvoll.

Inflationsgedanke: Auch wenn heute 3.333 Euro und „morgen“ 3.703 Euro gezahlt werden müssen, nimmt die Kaufkraft des Geldes infolge der aktuell hohen Inflation ab. So besitzt z. B. ein Geldbetrag von 10.000 Euro zwar in zehn Jahren noch immer einen Wert von 10.000 Euro. Die dahinterstehende Kaufkraft reduziert sich bei einer Inflation von – angenommenen moderaten – vier Prozent jährlich jedoch auf lediglich 6.648 Euro. Das Geld verliert effektiv an Wert. Genauso ist es mit der erhöhten Besteuerung infolge der Thesaurierung, als Schuld nur umgekehrt. Bei einer Inflation von vier Prozent jährlich beträgt eine in zehn Jahren fällige Schuld von 3.703 Euro rückblickend auf heute betrachtet nur 2.461 Euro. Im Vergleich zur sofortigen Zahlung der 3.333 Euro bedeutet dies eine Ersparnis von 872 Euro.

Fazit | Die Regelungen des § 34a EStG eignen sich nicht zum schnellen Steuern sparen. Aber wer Zeit und Geld hat, kann über Jahre hinweg ein beträchtliches Sparpotenzial nutzen. Vorteilhaft ist die Anwendung der Thesaurierung immer dann, wenn sich der aus dem zeitweise vorhandenen Steuerentlastungseffekt ergebende Zinsvorteil die Mehrbelastung bei eintretender Nachversteuerung überkompensiert. Es kommt also darauf an, wie gewinnbringend der Unternehmer die zeitweise eingesparte Steuer einsetzen kann bzw. in welcher Höhe eine Fremdverschuldung umgangen wird. Daneben ist auch der Inflation ein entscheidender Faktor beizumessen. Allgemein gilt zwar der Grundsatz, dass Spitzenverdiener am ehesten von einer Gewinnthesaurierung profitieren können. Jedoch können – wie das Beispiel zeigt – auch „Normalsterbliche“ profitieren.

AUSGABE: SSP 10/2022, S. 22 · ID: 48358563

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