Wohn-Riester
BFH: Unmittelbarkeit auch bei Wohn-Riester-Tilgungsvariante
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UmsatzsteuerVorsteuerabzug: Bis wann und wie muss die Zuordnung zum Unternehmensbereich erfolgen?
| In SSP 1/2022 wurden Entscheidungen des EuGH zu der Frage vorgestellt, ob es mit Unionsrecht vereinbar ist, dass die deutsche Finanzverwaltung verlangt, dass bei einem gemischt genutzten Gegenstand für Vorsteuerzwecke die Zuordnung zum unternehmerischen Bereich spätestens zum Zeitpunkt der Abgabefrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgen muss. Jetzt sind die Folgeentscheidungen des BFH ergangen. SSP stellt diese vor und erläutert ihre Konsequenzen für die Praxis. |
Das Ausgangsproblem
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass sich aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer ergibt, dass die Zuordnungsentscheidung bereits bei Leistungsbezug für einen einheitlichen Gegenstand zu treffen ist. Allerdings sei diese Zuordnungsentscheidung eine innere Tatsache, die erst durch äußere Beweisanzeichen erkennbar werde. Insofern bedürfe es einer Dokumentation der Zuordnungsentscheidung, die grundsätzlich in der erstmöglichen Voranmeldung vorzunehmen sei, spätestens aber in der entsprechenden Umsatzsteuerjahreserklärung (Abschn. 15.2c Abs. 16 S. 1ff. UStAE).
Der EuGH ist mit dieser Rechtsauffassung weitgehend einverstanden. Er verlangt allerdings, dass spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung entweder aufgrund einer ausdrücklichen Erklärung oder aufgrund hinreichender nach außen hin objektiv erkennbarer Anhaltspunkte für eine Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen die Zuordnungsentscheidung dokumentiert sei (EuGH, Urteil vom 14.10.2021, Rs. C-45/20 und C-46/20, Abruf-Nr. 225420).
Was folgert der BFH aus der Rechtsprechung des EuGH?
Der BFH hat die Entscheidung des EuGH jetzt so interpretiert, dass es genügt, wenn anhand objektiver Anhaltspunkte, die innerhalb der Zuordnungsfrist (Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung) erkennbar geworden sind, feststeht, dass der Steuerzahler einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet hat.
BFH hält fristgerechte Mitteilung der Zuordnung nicht für nötig
Nicht erforderlich sei es, dass er innerhalb dieser Frist gegenüber dem Finanzamt die Zuordnung mitgeteilt hat. Dies ergibt sich daraus, dass nach dem nationalen Umsatzsteuerrecht keine Frist vorgegeben ist, innerhalb derer der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt (förmlich) seine Zuordnungsentscheidung erklären muss (BFH, Urteil vom 04.05.2022, Az. XI R 29/21 (XI R 7/19), Abruf-Nr. 229984 und Urteil vom 04.05.2022, Az. XI R 28/21 (XI R 3/19).
Objektive Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum Unternehmen
Objektive Anhaltspunkte für eine Zuordnung des gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen bzw. für das Handeln als Unternehmer bei der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstands können nach Ansicht des BFH sein:
- Anschaffung des Gegenstands unter dem Firmennamen
- Im Zusammenhang mit dem Gegenstand unter Firmenkonditionen geschlossene Verträge (z. B. bzgl. der dem Unternehmen zugeordneten Fotovoltaikanlage werden Stromeinspeisungsverträge bei Ausweisung der Umsatzsteuer geschlossen)
- Betriebliche Versicherung des Gegenstands
- Bilanzielle bzw. ertragsteuerliche Behandlung des Gegenstands
- Bereits in den Bauantragsunterlagen ausgewiesenes, später dem Unternehmen zugeordnetes Arbeitszimmer bzw. Fehlen eines externen Büros für das Unternehmen
Allein Zeugenaussagen oder eine Parteivernehmung reichen in diesem Zusammenhang aber nicht aus.
Was folgt aus den Entscheidungen des BFH?
Der BFH sieht zwar keine gesetzliche Grundlage dafür, dass innerhalb der Frist für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung gegenüber dem Finanzamt eine entsprechende Zuordnungsentscheidung bei einem gemischt genutzten Gegenstand mitzuteilen ist. Gleichwohl müssen innerhalb dieser Frist entsprechende objektive Anhaltspunkte für diese Zuordnung dokumentiert sein.
Offen hat der BFH die Frage gelassen, ob er für alle Steuerzahler aus Gleichbehandlungsgründen als maßgebliche Frist diejenige des § 149 Abs. 3 AO erachtet.
Praxistipp | In der Praxis sollte man sich nicht auf das Vorliegen solcher objektiver Anhaltspunkte verlassen. Um Problemen mit dem Finanzamt aus dem Weg zu gehen, empfiehlt SSP stattdessen, eine fristgerechte entsprechend eindeutige Erklärung gegenüber dem Finanzamt abzugeben. Andernfalls ist eine Versagung des Vorsteuerabzugs zu befürchten. |
- Beitrag zur EuGH-Entscheidung „Vorsteuern: Bis wann müssen Sie eine gemischt genutzte Immobilie dem Unternehmen zuordnen?“, SSP 1/2022, Seite 26 → Abruf-Nr. 47755432
AUSGABE: SSP 9/2022, S. 22 · ID: 48503084