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EinkommensteuerRenovierung von Immobilien: Neue Steuerfallen bei Beauftragung einer ausländischen Baufirma

Abo-Inhalt15.08.20225683 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

| Wenn Sie gerade eine Immobilie renovieren lassen wollen, dürften Ihnen folgende Szenarien bekannt vorkommen: Sie bekommen gar keinen Handwerker, das Angebot ist (zu) teuer oder die Wartezeiten zu lang. Viele Vermieter überlegen deshalb, eine günstige ausländische Baufirma zu beauftragen. Grundsätzlich spricht nichts dagegen. Aber Sie sollten die Rechnung nicht ohne das Finanzamt machen. Es lauern teure Steuerfallen, in die jüngst schon viele Vermieter getappt sind. SSP klärt deshalb auf. |

Fall aus der Praxis zeigt Problempunkte auf

Worum es geht und warum und wo welche Steuerfallen lauern, wird am besten anhand eines konkreten Praxisfalls deutlich:

Beispiel

Hauke arbeitet bei der Stadtverwaltung. Vor einigen Jahren hat er sich drei Eigentumswohnungen gekauft, die er vermietet. Aufgrund notwendiger Renovierungen bei einer der Wohnungen hat er sich auf dem deutschen Handwerkermarkt umgesehen. Dabei hat er festgestellt, dass die meisten Handwerker keine Kapazitäten mehr frei haben bzw. sehr lange Wartezeiten vorgeben. Alle Kostenvoranschläge, die ihm vorliegen, sind zudem sehr hoch (11.000 Euro). Da die renovierungsbedürftige Mietwohnung nah an der polnischen Grenze liegt, beauftragt Hauke eine ausländische Baufirma mit Sitz in Polen für die Renovierungsarbeiten. Das polnische Unternehmen stellt ihm hierfür 10.000 Euro in Rechnung. Hauke hat die 10.000 Euro auf das angegebene Konto pünktlich überwiesen.

Folge: In seiner Einkommensteuererklärung macht Hauke die Renovierungskosten auf der Anlage V als Werbungskosten geltend. Um von Progressionsvorteilen profitieren zu können, beantragt er zudem, die Kosten auf fünf Jahre zu verteilen (§ 82b Abs. 1 EStDV). Das Problem: Im Rahmen der Veranlagung setzt der Finanzbeamte nun 1.900 Euro Umsatzsteuer fest, die Hauke nachzahlen soll. Hauke fragt sich warum. Er vermietet seine Wohnungen doch steuerfrei und musste noch nie Umsatzsteuer bezahlen.

Steuerfalle 1: Die „Umkehr der Steuerschuldnerschaft“

Bei den durch das polnische Bauunternehmen durchgeführten Renovierungsleistungen handelt es sich umsatzsteuerlich um steuerbare Leistungen, da diese im Inland, also in Deutschland ausgeführt wurden (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c UStG). Der Steuersatz beträgt dabei 19 Prozent.

Darum geht es bei § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG

Nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats, da es sich um eine sonstige Leistung eines im Ausland ansässigen Unternehmers handelt (die nicht unter § 13b Abs. 1 UStG fällt).

Gemäß § 13b Abs. 5 S. 1, 1. Halbsatz UStG schuldet in diesem Fall der Leistungsempfänger – und nicht der leistende Unternehmer – die Umsatzsteuer, wenn er ein Unternehmer ist. Da Hauke Wohnungen vermietet, ist er Unternehmer i. S. v. § 2 UStG. Es kommt also zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft (Reverse Charge Verfahren). Folge: Hauke wird Schuldner der Umsatzsteuer in Höhe von 1.900 Euro. Dabei spielt es keine Rolle, ob Hauke selbst Kleinunternehmer i. S. v. § 19 UStG ist (§ 13b Abs. 8 UStG) oder nur steuerfreie Umsätze (Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 UStG) ausführt.

Wer ist ausländischer Unternehmer i. S. v. § 13b UStG?

Derartige Fallkonstellationen treten bei Vermietern auf, die in grenznahen Gebieten Mietshäuser haben und daher Firmen aus Polen, Tschechien, Belgien, Frankreich, Österreich, der Schweiz oder der Niederlande beauftragen.

Es ist zu prüfen, ob es sich bei der beauftragten Baufirma tatsächlich um einen ausländischen Unternehmer handelt. Ein im Ausland ansässiger Unternehmer im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG ist vor allem ein Unternehmer, der im Inland, auf der Insel Helgoland weder einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat (§ 13b Abs. 7 S. 1, 1. Halbsatz UStG). Dies gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, aber seinen Sitz, den Ort der Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Ausland hat (§ 13b Abs. 7 S. 1, 2. Halbsatz UStG).

Steuerbelastung macht vermeintlich günstigeres Angebot unattraktiv

Mit der Vermietung der Wohnungen zu Wohnzwecken steht Hauke kein Vorsteuerabzugsrecht gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu, da es sich nicht um einen sog. privilegierten Umsatz i. S. v. § 15 Abs. 3 UStG handelt. Damit hat ihn die Renovierung durch den polnischen Unternehmer unterm Strich 11.900 Euro gekostet.

Praxistipp | Sie sollten zudem darauf achten, dass Sie nur den Nettobetrag an den ausländischen Handwerker überweisen, falls dieser fälschlicherweise eine ausländische Umsatzsteuer in Rechnung gestellt haben sollte.

Steuerfalle 2: Die „Bauabzugssteuer“

Steuerfalle Nummer Zwei besteht aus der Bauabzugssteuer in § 48b EStG.

Darum geht es bei der Bauabzugssteuer in § 48b EStG

Die Bauabzugssteuer ist eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer. Zuletzt geregelt worden ist sie im BMF-Schreiben vom 19.07.2022 (Az. IV C 8 – S 2272/19/10003 :002:, Abruf-Nr. 230633):

Wenn ein Unternehmer im Inland eine Bauleistung (Leistender) an einen Unternehmer (Leistungsempfänger) erbringt, ist der Leistungsempfänger verpflichtet, von der Gegenleistung (Zahlung) einen Steuerabzug in Höhe von 15 Prozent für Rechnung des Leistenden vorzunehmen. Gleiches gilt, wenn die Bauleistung durch ein ausländisches Unternehmen ausgeführt wird.

Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das bedeutet, dass Sie grundsätzlich 15 Prozent des Bruttobetrags einbehalten müssen und an das Finanzamt für Rechnung des Bauunternehmens abzuführen haben. Tun Sie das nicht, haften Sie für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag (§ 48 Abs. 3 S. 1 EStG).

Die Ausnahmen von der Bauabzugssteuer

Vermietet der Leistungsempfänger nicht mehr als zwei Wohnungen, ist gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 EStG der Steuerabzug auf Bauleistungen für diese Wohnungen nicht anzuwenden (Zweiwohnungsregelung). Der zweite Ausnahmetatbestand ist, wenn der leistende Bauunternehmer eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b Abs. 1 S. 1 EStG vorlegt oder die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr den folgenden Betrag voraussichtlich nicht übersteigen wird:

  • 15.000 Euro, wenn der Leistungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 S. 1 UStG erbringt (steuerfreie Vermietung)
  • 5.000 Euro in den übrigen Fällen.

Wichtig | Für die Ermittlung des Betrags sind die für denselben Leistungsempfänger erbrachten und voraussichtlich zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen (§ 48 Abs. 2 S. 2 EStG).

Lösung im Beispiel

Da die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr 15.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird, muss Hauke keine Bauabzugssteuer einbehalten.

Wichtig | Sichern Sie sich aber besser ab und lassen Sie sich auch bei Leistungen unter 15.000 Euro eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegen. Sie haften für eine nicht abgeführte Bauabzugssteuer nämlich dann nicht, wenn Ihnen im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat – vorausgesetzt, Sie konnten auf deren Richtigkeit vertrauen.

Fazit | Da in der Praxis aufgefallen ist, dass Vermieter häufig keine Umsatzsteuer als Steuerschuldner abgeführt haben, sind die Finanzämter angehalten, derartige Fälle mehr in den Fokus zu nehmen und zu prüfen. Finanzämter greifen hier auf das Risikomanagementsystem zurück. Das hat zur Folge, dass nahezu alle Anwendungsfälle aufgedeckt und geprüft werden dürften.

AUSGABE: SSP 9/2022, S. 19 · ID: 48309673

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