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Fiktive AbrechnungKeine Verweisung von teurerer Werkstatt der Marke auf günstigere Werkstatt der Marke in der Nähe

Abo-Inhalt09.09.2025172 Min. Lesedauer

| Das Fahrzeug ist entweder nicht älter als drei Jahre oder zwar älter, aber scheckheftgepflegt. Kann der Versicherer nun bei der fiktiven Abrechnung von einer teureren Werkstatt der Marke auf eine preisgünstigere Werkstatt der Marke verweisen? Dass das nicht geht, wenn die günstigere nur wegen eines Versicherer-Sonderpreises günstiger ist, ist vom BGH geklärt. Doch wie ist es, wenn der ausgehängte Stundenverrechnungssatz schon niedriger ist? Geht nicht, sagt das LG München I in einer Berufungssache und bestätigt damit das AG München. |

LG München I: Keine Verweisung bei Scheckheftgepflegtheit

Die Berufungskammer vertritt die Auffassung, dass sich der Geschädigte im Falle der Scheckheftgepflegtheit gar nicht auf eine andere Werkstatt verweisen lassen müsse – also weder auf eine günstigere freie Fachwerkstatt noch auf eine günstigere markengebundene Werkstatt (LG München I, Beschluss vom 18.08.2025, Az. 19 S 4497/25, Abruf-Nr. 249815, eingesandt von Rechtsanwalt Oliver Rudolf, Augsburg).

Urteil ist keine sichere Bank – Motive des BGH gehen in andere Richtung

Das Urteil ist erfreulich. Dennoch kann man das mit guten Gründen anders sehen. Daher sollte man sich klar darüber sein, dass das außerhalb Münchens keine sichere Bank ist. Schaut man nämlich in die „VW-Entscheidung“, ist stets von der Unzumutbarkeit der Verweisung auf eine „technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt“ die Rede (BGH, Urteil vom 20.10.2009, Az. VI ZR 53/09, Abruf-Nr. 133712, Leitsatz c). Und die Motive des BGH zeigen klar auf, worum es ihm geht.

Zu den jungen Fahrzeugen heißt es in der VW-Entscheidung als Begründung der Unzumutbarkeit der Verweisung, bei neuen bzw. neuwertigen Kraftfahrzeugen müsse sich der Geschädigte nicht auf Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten könnten. Zur Gruppe der Scheckheftgepflegten heißt es, bei denen könne es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich im Rahmen der Schadenabrechnung auf eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen, weil er dann beim Verkauf nicht mehr mit dem Status „scheckheftgepflegt“ werben könne.

Vor diesem Hintergrund kann man durchaus zum Ergebnis kommen: Der Garantie und der Gewährleistung, den Kulanzerwägungen des Herstellers und auch dem Prädikat „scheckheftgepflegt“ ist es völlig gleichgültig, ob der Stempel von der teureren oder preisgünstigeren Markenwerkstatt ist.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Verweis auf andere Werkstatt bei fiktiver Abrechnung: So will Versicherer BGH-Linie austricksen“, UE 3/2020, Seite 6 → Abruf-Nr. 46356151
  • Textbaustein 493: Versicherer-Sonderpreis bei fiktiver Abrechnung (H) → Abruf-Nr. 46374574

AUSGABE: UE 10/2025, S. 12 · ID: 50525519

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