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EinkommensteuerPrivater Elektro-Pkw: Der Verkauf von Emissionszertifikaten und dessen steuerliche Folgen

Abo-Inhalt13.01.20221679 Min. LesedauerVon Diplom-Finanzwirt (FH) Michael Heine, LL.M., Stauchitz

| Seit diesem Jahr können auch private Halter von Elektro-Pkw über Vermittlungsportale ein Emissionszertifikat zum Verkauf anbieten und gegen Entgelt veräußern. Derzeit stehen Erlöse von bis zu 250 Euro pro Fahrzeug und Jahr im Raum. Der Wert des Emissionszertifikats wird jedes Jahr neu bestimmt und wird tendenziell ansteigen. SSP macht Sie mit der Neuregelung vertraut und zeigt Ihnen, ob Sie solche Zusatzeinnahmen versteuern müssen. |

Hintergrund: Neue gesetzliche Regelung ab 2022

Durch Änderungen im Bundesimissionsschutzgesetz, die Ende 2021 umgesetzt worden sind, sind seit dem 01.01.2022 auch die Halter von E-Autos in den Handel mit Emissionszertifikaten einbezogen. Auch sie können die CO2-Einsparung, die ihr E-Auto erreicht, am Markt anbieten und eine pauschale Vergütung für das Zertifikat erhalten.

Welche E-Autos können Emissionszertifikate anbieten?

Begünstigt sind nur reine Batterieelektrofahrzeuge, nicht hingegen Hybride und Plug-in-Hybride. Auch Wasserstoff- und Erdgas-Pkw profitieren nicht vom Zertifikat-Handel.

Wie müssen die Besitzverhältnisse am E-Auto sein

Da das Gesetz nur auf die Halter des Elektro-Pkw abgestellt wird, können Sie die Vergütung nicht nur für gekaufte, sondern auch für geleaste E-Fahrzeuge beanspruchen. Dafür müssen Sie dem Vermittlungsportal lediglich den Fahrzeugschein vorlegen.

Die steuerlichen Folgen

Die steuerlichen Folgen richten sich danach, ob Sie das E-Auto betrieblich oder privat nutzen.

Zertifikat für Betriebsfahrzeug

Gehört der Elektro-Pkw zu Ihrem Betriebsvermögen, müssen Sie den Erlös aus der Veräußerung des Emissionszertifikats als Betriebseinnahme erfassen. Der Erlös unterliegt als Teil des Gewerbeertrags auch der Gewerbesteuer.

Zertifikat für Privat-Pkw

Fahren Sie das E-Auto privat, könnte der Erlös Sonstige Einkünfte

  • als privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 EStG oder
  • aus § 22 Nr. 3 EStG aus Leistungen darstellen.

Die Zuordnung hängt davon ab, wofür die Vergütung gewährt wird. Als Halter veräußern Sie ein Emissionszertifikat über einen Vermittler an Unternehmen, die aus ihrer Tätigkeit Emissionen oberhalb der gesetzlichen Grenzwerte bewirken. Es wird demnach ein sonstiges Wertpapier übertragen. Steuerlich handelt es sich um ein immaterielles Wirtschaftsgut, das verselbstständigt vom Elektro-Pkw entstanden ist.

Die entgeltliche Übertragung des Emissionszertifikats eines Elektro-Pkw ist so zu behandeln wie die Übertragung eines Tickets der UEFA-Champions-League. Das hat der BFH als Wertpapier, aber nicht als Kapitalanlage im Sinne des § 20 EStG angesehen. Es handelt sich um „andere Wirtschaftsgüter“, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sein können (BFH, Urteil vom 29.10.2019, IX R 10/18, Abruf-Nr. 215074). Die Besteuerung als Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG ist für Veräußerungen und veräußerungsähnliche Vorgänge ausgeschlossen.

Praxistipp | Die vorrangige Zuordnung zu § 23 EStG ist steuerlich auch günstiger, da § 23 Abs. 3 S. 5 EStG eine jährliche Freigrenze von 600 Euro enthält. Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG sind hingegen bereits bei Überschreiten der Freigrenze von 256 Euro steuerpflichtig.

So ermittelt sich der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn

Hier gibt es eine schlechte Nachricht. Vom Veräußerungserlös können Sie keine Anschaffungskosten abziehen. Denn für den Erhalt des Zertifikats mussten Sie nichts aufwenden. Ergo können Sie weder den Kaufpreis noch Zulassungskosten als Anschaffungs- oder Veräußerungskosten berücksichtigen; auch nicht anteilig. Auch bei der Registrierung im Vermittlungsportal werden in der Regel keine eigenständigen Aufwendungen entstehen.

Beispiel

A ist Halter eines reinen Batterieelektrofahrzeugs, das er für private Fahrten und die Fahrten zu seiner ersten Tätigkeitsstätte nutzt. Nach Registrierung im Vermittlungsportal wird A ein Betrag von 250 Euro auf sein Konto überwiesen.

Folge: Der Veräußerungserlös für das Emissionszertifikat gehört zu den sonstigen Einkünften gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Es handelt sich bei dem Zertifikat auch nicht um einen Gegenstand des täglichen Gebrauchs, der nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG aus der Besteuerung ausgenommen wird. Dies hat der BFH auch für ein UEFA-Champions-League-Ticket bestätigt (BFH, Urteil vom 29.10.2019, Az. IX R 10/18, Abruf-Nr. 215074). Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind nur Gebrauchsgegenstände, die auch einem Wertverzehr unterliegen. A hat demnach einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 250 Euro erzielt, weil von den Einnahmen keine Kosten abgezogen werden können. Wegen der Freigrenze des § 23 Abs. 3 S. 5 EStG bleibt der Gewinn aber steuerfrei.

Was gilt für Besitzer mehrerer Elektro-Pkw?

Eine Steuerpflicht kann sich ergeben, wenn Sie mehrere E-Fahrzeuge besitzen, deren Emissionszertifikate Sie alle verkaufen. Die kumulierten Erlöse können die Freigrenze überschreiten.

Beispiel

A ist Halter von drei Elektrofahrzeugen. Eines der Fahrzeuge nutzt A selbst, die beiden weiteren Fahrzeuge nutzen die Kinder des A, die sich noch in ihrer Berufsausbildung befinden. Für die Fahrzeuge fließen A im Jahr 2022 jeweils 220 Euro für die Übertragung der Emissionszertifikate zu.

Folge: Die Veräußerungserlöse sind gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerbar und auch steuerpflichtig, da der Gesamtgewinn im Kalenderjahr 2022 in Höhe von (3 x 220 Euro =) 660 Euro die Freigrenze von 600 Euro übersteigt.

Wichtig | § 23 Abs. 3 S. 5 EStG enthält eine „Freigrenze“ von 600 Euro, keinen „Freibetrag“. Im Beispielsfall muss A demnach die Einkünfte in Höhe von 660 Euro in voller Höhe versteuern. In vergleichbaren Fällen sollten Sie deshalb gut abwägen, ob Sie für alle E-Autos oder nur einen Teil davon Emissionszertifikate verkaufen und mit den Erlösen so unter der Freigrenze bleiben.

Steuerpflicht bei Zusammenfallen mit anderen Geschäften

Eine Steuerpflicht der Veräußerung des Emissionszertifikats kann sich auch ergeben, wenn Sie im Kalenderjahr weitere private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG tätigen. Dies kann

  • neben der Veräußerung von Grundstücken und Eigentumswohnungen, die unter § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG fallen,
  • auch die Veräußerung von virtuellen Währungen betreffen.

Die Finanzverwaltung beabsichtigt nämlich, auch den Verkauf virtueller Währungen im Privatvermögen als private Veräußerungsgeschäfte anderer Wirtschaftsgüter nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu behandeln (Entwurf eines BMF-Schreibens vom 17.06.2021, Abruf-Nr. 223065, Rz. 39 ff.).

Beispiel

A erzielt aus der Übertragung des Emissionszertifikats seines E-Autos einen Gewinn in Höhe von 250 Euro. Daneben erzielt er einen steuerbaren Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks seines Privatvermögens in Höhe von 10.000 Euro.

Folge: Die 600-Euro-Freigrenze wird schon durch den Grundstücksverkauf überschritten. Ergo ist auch der Gewinn aus dem Zertifikatsverkauf steuerpflichtig.

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: SSP 2/2022, S. 6 · ID: 47913432

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