Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Feb. 2022 abgeschlossen.
SonderausgabenPrämien und Bonusleistungen vom Kranken- versicherer: 150 Euro sind ab sofort steuerfrei
| Ob Prämienzahlungen und Bonusleistungen gesetzlicher Krankenversicherungen (GKV) als Beitragsrückerstattung den Sonderausgabenabzug reduzieren, hat in letzter Zeit mehrmals die Finanzgerichte und den BFH beschäftigt. Jetzt hat sich das BMF positioniert und sein über 50 Seiten starkes Schreiben vom 24.05.2017 überarbeitet. Neu ist auch eine steuerzahlerfreundliche Vereinfachung. SSP macht Sie mit den durchaus erfreulichen Neuerungen vertraut und zeigt, wann welche Prämien steuerunschädlich sind. |
Das System der steuerschädlichen Beitragsrückerstattung
Beitragszahlungen an die Krankenversicherung stellen – soweit die Aufwendungen die Basisabsicherung betreffen – nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG Sonderausgaben dar. Großer Vorteil: Das Gesetz sieht keine Höchstbeträge vor. Jeder gezahlte Euro wird steuermindernd berücksichtigt (§ 10 Abs. 4 S. 4 EStG).
Im Gegenzug mindern Beitragsrückerstattungen der Versicherer die abziehbaren Aufwendungen – soweit sie auf die Basisabsicherung entfallen. Unerheblich ist dabei, wie die Erstattung bezeichnet wird und ob sich der erstattete Beitrag bei der ursprünglichen Zahlung überhaupt steuerlich ausgewirkt hat (BFH, Urteil vom 06.07.2016, Az. X R 6/14).
Das neue Anwendungsschreiben aus dem BMF
Unter den Begriff der steuerschädlichen Beitragsrückerstattung fallen deshalb grundsätzlich auch Prämienzahlungen (§ 53 SGB V) und Bonusleistungen (§ 65a SGB V). Etwas anderes gilt nur, wenn es sich bei der Bonusleistung um eine Leistung der GKV handelt. Diese wäre steuerneutral. In der Praxis ist deshalb zu unterscheiden, wann (Zeitpunkt) der Vorteil zufließt, ob es sich um eine Leistung der Krankenversicherung handelt oder ob eine steuerschädliche Beitragsrückerstattung vorliegt. Diese Fragen hat das BMF jetzt geklärt (BMF, Schreiben vom 16.12.2021, Az. IV C 3 – S 2221, Abruf-Nr. 226550).
So bekommt die Finanzamt Kenntnis von dem Bonus
Wenn Sie bei Ihrer Krankenversicherung an einem Bonusprogramm teilnehmen, können Sie meist zwischen Geld- und Sachprämien sowie Gutschriften auf dem Bonuskonto wählen. Die Versicherung muss den Vorteil aus dem Bonusprogramm der Finanzverwaltung zu dem Zeitpunkt elektronisch melden, zu dem der Vorteil dem Grunde nach für Sie verfügbar ist. Konkret heißt das:
- Geldprämien im Zeitpunkt der Auszahlung des Geldbetrags
- Sachprämien im Zeitpunkt der Ausgabe der Sachprämie
- Gutschriften auf dem Bonuskonto im Zeitpunkt der Gutschrift
Bei den meisten Krankenversicherungen ist es aber so, dass diese die Prämien nicht sofort gewähren. Vielmehr müssen Sie zunächst Bonuspunkte sammeln und können diese dann in Prämien umtauschen. Theoretisch muss die Krankenversicherung deshalb die Bonuspunkte in Euro umrechnen und im Zeitpunkt der jeweiligen Gutschrift der Finanzverwaltung elektronisch melden. Dass dies zu einem erheblichen Aufwand führen kann, ist klar.
Deshalb gestattet die Finanzverwaltung den Versicherern eine Vereinfachung: Kann der Bonuskontoinhaber erst mit dem Erfüllen bestimmter Mindestvoraussetzungen – z. B. nach einem gewissen Zeitablauf oder nach Erreichen einer bestimmten Anzahl von Bonuspunkten – über gutgeschriebene Punkte verfügen, können diese erst in dem Jahr gemeldet werden, in dem die Punkte in Form einer Sach- oder Geldprämie an Sie als Versichertem ausgezahlt bzw. ausgegeben werden. Gleiches gilt, wenn Sie die Wahl zwischen einer Geld- oder Sachprämie haben. Auch muss die elektronische Meldung erst für das Jahr erfolgen, in dem Sie Ihr Wahlrecht ausüben.
Wichtig | Bei kostenfreien Familienversicherungen kann regelmäßig nicht nur der Stammversicherte Bonuspunkte sammeln und Prämien beanspruchen, sondern auch alle kostenlos mitversicherten Personen (z. B. Kinder). Die Bonusleistungen sind jedoch in voller Höhe dem Stammversicherten (z. B. Elternteil) zuzurechnen.
Schädliche Beitragsrückerstattung oder unschädliche Leistung?
Schwierigkeiten bei der steuerlichen Einordnung treten insbesondere bei dem Bonus nach § 65a SGB V für gesundheitsbewusstes Verhalten auf. Hier ist zu unterscheiden:
Beispiele für unschädliche Leistung oder schädliche Rückerstattung | |
Unschädliche Leistung der GK | Steuerschädliche Rückerstattung |
Bonuszahlung für:
| Bonuszahlung für:
|
- Eine den Sonderausgabenabzug reduzierende Beitragsrückerstattung liegt vor, wenn sich der Bonus auf eine Maßnahme bezieht, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst ist. Das gilt für Zahlungen, die... im Rahmen des Basiskrankenversicherungs- schutzes schädlich ...
- gesundheitliche Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen (z. B. zur Früherkennung bestimmter Krankheiten) oder
- aufwandsunabhängiges Verhalten (z. B. Nichtraucherstatus, gesundes Körpergewicht) belohnen.
- Werden im Rahmen des § 65a SGB V hingegen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet bzw. bonifiziert, die... und außerhalb des Basiskrankenver-sicherungsschutzes unschädlich
- nicht im regulären Versicherungsumfang des Basiskrankenversicherungsschutzes enthalten sind (z. B. Osteopathie-Behandlung) bzw. die der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen (z. B. Mitgliedschaft in einem Sportverein/Fitnessstudio) und
- von den Versicherten privat finanziert worden sind,
- handelt es sich um eine nicht steuerbare Leistung der Krankenkasse und nicht um eine Beitragsrückerstattung (BFH, Urteil vom 06.05.2020, Az. X R 30/18, Abruf-Nr. 217588). Die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge sind daher nicht um den Betrag der Kostenerstattung bzw. des Bonus zu mindern. Auf den Zeitpunkt des Abflusses der Kosten kommt es nicht an. Eine pauschale Bonusleistung muss die tatsächlich entstandenen bzw. entstehenden Kosten auch nicht exakt abdecken.
Neu: Bonus bis 150 Euro mindert Sonderausgaben nicht
Damit müsste jeder Versicherer bei Bonusleistungen nach § 65a SGB V unterscheiden, für welche Leistungen er den Bonus konkret zahlt. Das ist schwer zu handhaben. Die Finanzverwaltung gestattet es deshalb – zunächst bis zum 31.12.2023 –, dass Bonuszahlungen auf Grundlage des § 65a SGB V bis zur Höhe von 150 Euro steuerunschädliche Leistungen der GKV darstellen. Nur darüberhinausgehende Zahlungen sind als Beitragsrückerstattung anzusehen und reduzieren den Sonderausgabenabzug.
Beispiel |
G ist gesetzlich versichert. Sie nimmt an einem Bonusprogramm nach § 65a SGB V teil und erhält für die unterschiedlichsten Maßnahmen Bonuspunkte. Wenn sie einen bestimmten Punktestands erreicht hat, kann G die Punkte in Geld- oder Sachprämien eintauschen. Die in den Jahren 2021 und 2022 gesammelten Punkte löst sie im Jahr 2022 gegen eine Geldprämie (200 Euro) ein. ... und steuerzahlergünstige Pauschalierung Lösung: Die im Jahr 2022 in eine Geldprämie eingelösten Punkte hat die Krankenversicherung der Finanzverwaltung zu melden, soweit es sich um eine Beitragsrückerstattung handelt. Der Versicherer muss prüfen, für welche Maßnahmen konkret die Punkte gewährt wurden und ob diese in die Kategorie „Beitragsrückerstattung“ oder „Leistung der Versicherung“ fallen. Er kann aber auch pauschal lediglich 50 Euro als Beitragsrückerstattung melden. |
Praxistipp | Als Versicherter sind Sie nicht an die pauschale Verteilung gebunden. Können Sie nachweisen, dass Bonuszahlungen von mehr als 150 Euro auf unschädliche Leistungen der Krankenversicherung beruhen, muss das Finanzamt die gemeldete Beitragsrückerstattung reduzieren. |
BMF-Schreiben wird rückwirkend angewendet
Die Finanzverwaltung wird ihr neues Schreiben nicht nur für künftige Prämienzahlungen und Bonusleistungen anwenden. Vielmehr gilt es auch für alle Steuerfestsetzungen, die noch nicht bestandskräftig sind. Haben Sie in den vergangenen Jahren Bonusleistungen nach § 65a SGB V als Beitragsrückerstattung erhalten und gegen die Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt, können Sie folglich von den neuen Regeln profitieren.
AUSGABE: SSP 2/2022, S. 9 · ID: 47911437