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Fiktive AbrechnungAG Kiel zu fiktiver Abrechnung: Vorlage eines Prüfberichts ist kein substantiierter Prozessvortrag

Abo-Inhalt16.06.20256890 Min. Lesedauer

| Der Verfahrensgang war bemerkenswert und zeigt, dass Beharrlichkeit aufseiten der Anwälte des Geschädigten hilft: Nach Eingang der Klageerwiderung wollte das Gericht ein Gutachten einholen. Dem widersprachen die Anwälte mit dem Hinweis, dass kein substantiierter Vortrag des Versicherers vorliege. Das Gericht verblieb zunächst bei der Auffassung. Nachdem die Anwälte dann nochmals darauf hingewiesen hatten, dass das Gericht unzulässige Ausforschung betriebe, wurde ohne Gerichtsgutachten im schriftlichen Verfahren entschieden. Das Ergebnis ist musterhaft. |

Versicherer benennt keine Verweisungswerkstatt

Legt der Versicherer lediglich einen Prüfbericht vor, der wegen der Laufleistung des betroffenen Fahrzeugs (ganz knapp unter 200.000 km) mit abweichenden Stundenverrechnungssätzen kalkuliert, ohne auf eine andere Werkstatt und deren Stundensätzen zu verweisen, ist das ohne Bedeutung.

Es fällt auf, dass Versicherer immer häufiger davon Abstand nehmen, eine konkrete andere Werkstatt zu benennen. Vermutlich wurden sie oft genug von Gerichten auf die prozessuale Wahrheitspflicht hingewiesen. Der Vortrag von angeblichen Konditionen anderer Werkstätten, die sich im Rechtsstreit als erfunden erweisen, ist nicht ohne sogar strafrechtliches Risiko. „Wir werden uns doch auf den Prüfbericht verlassen dürfen“ funktioniert jedenfalls dann nicht mehr, wenn der Versicherer aus Erfahrung weiß, dass er es nicht kann.

Das Gericht hat den Prüfbericht als „Wunschzettel“ durchschaut

Auch die Abzüge bei verschiedenen Reparaturpositionen nach dem Motto „nicht nachvollziehbar“ oder „nicht nötig“ hat vor dem AG Kiel nicht standgehalten. Denn die bearbeitenden Anwälte haben dem Gericht Dokumente vorgelegt, mit denen erwiesen ist, dass jedenfalls in anderen Fällen die Prüfberichtserstellungsfirma bestätigt hat, ohne fachliche Prüfung nur nach dem zwischen ihr und dem Versicherer vereinbarten „Regelwerk“ die Streichungen vorzunehmen. Es sei zu vermuten, dass das hier auch so sei. Dem hat der Versicherer – vermutlich auch mit der prozessualen Wahrheitspflicht im Nacken – nicht widersprochen.

Das Ergebnis: Die Vorlage eines Prüfberichts ist auch dann kein substantiierter, einer Beweisaufnahme zugänglicher Prozessvortrag, wenn der Inhalt des Prüfberichts im Klageerwiderungsschriftsatz noch einmal wiederholt wurde.

Wichtig | Das Urteil eignet sich gut dafür, anderen Gerichten vorgelegt zu werden (AG Kiel, Urteil vom 05.06.2025, Az. 115 C 63/24, Abruf-Nr. 248626 eingesandt von Rechtsanwalt Matthias Gebkart, Karkossa & Keden, Kiel).

AUSGABE: UE 7/2025, S. 15 · ID: 50454015

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