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KindergeldWann gibt es Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind?

Abo-Inhalt26.07.20225112 Min. Lesedauer

| Ein Kind befindet sich nicht mehr in Berufsausbildung, wenn es langfristig erkrankt ist und das Ausbildungsverhältnis deshalb nicht fortsetzen kann. In dem Fall können Eltern für das Kind nur dann Kindergeld erhalten, wenn es kindergeldtechnisch als behindert gilt und nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Einen solchen Fall musste der BFH entscheiden. |

BFH befasst sich mit nach Unfall langfristig erkranktem Kind

Im konkreten Fall hatte ein junger Erwachsener während seiner Ausbildung einen schweren Unfall mit Schädelbasisbruch und Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Nach dem Krankenhausaufenthalt hatte er verschiedene Reha-Maßnahmen durchlaufen, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann. Das FG Münster hatte den Eltern für die ersten acht Monate nach dem Unfall noch Kindergeld zugesprochen. Das Ausbildungsverhältnis habe fortbestanden und der Wille, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen, sei in mehrfacher Hinsicht belegt worden, so das FG.

Wann ist Erkrankung in Berufsausbildung kindergeldschädlich?

Der BFH hat sich dem entgegengestellt und den Fall zur weiteren Klärung an das FG zurückverwiesen. Nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich ein Kind dann in einer Berufsausbildung, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Die Unterbrechung der Ausbildung, z. B. wegen einer Erkrankung, ist unschädlich, solange sie nur vorübergehend ist. Dauert die Erkrankung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate an, kann das Kind nicht mehr wegen seiner Ausbildung berücksichtigt werden. Es wird demzufolge auch kein Kindergeld mehr ausbezahlt (BFH, Urteil vom 15.12.2021, Az. III R 43/20, Abruf-Nr. 228759).

Das FG muss nun klären, ob nach dem Unfall absehbar war, dass die Erkrankungsdauer den Zeitraum von sechs Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit überschreiten werde. Falls eine schnellere Genesung möglich erschien, könnte der Kindergeldanspruch für diesen Zeitraum noch wegen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses begründet sein, so der BFH.

Berücksichtigung des Kindes aufgrund Behinderung

Für die Monate, in denen sich das Kind kindergeldtechnisch nicht mehr in Ausbildung befunden hat, weil ein langwieriger Heilungsprozess (mehr als sechs Monate) zu erwarten war, können Eltern Kindergeld wegen einer Behinderung des Kindes bekommen (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG). Als behindert gilt ein volljähriges Kind, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies ist der Fall, wenn die Behinderung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht und das Kind über keine anderen Einkünfte und Bezüge verfügt. Die Behinderung muss dafür vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein (BFH, Urteil vom 27.10.2021, Az. III R 19/19, Abruf-Nr. 227714).

AUSGABE: SSP 8/2022, S. 11 · ID: 48228625

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