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V+V-EinkünfteImmobilien-Errichtung: BFH hält Kosten für wirtschaftliche Betreuung für sofort abzugsfähig
| Kosten für eine qualifizierte baufachliche Betreuung im Rahmen der Herstellung einer Immobilie sind den sofort abzugsfähigen Finanzierungskosten zuzurechnen, wenn die Betreuung durch die finanzierende Bank verlangt wurde. Diese Auffassung vertritt nach dem FG Berlin-Brandenburg nun auch der BFH. |
Die steuerliche Ausgangslage
Aufwendungen, die mit der Herstellung einer Immobilie in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen oder zwangsläufig im Zusammenhang mit der Herstellung anfallen, gehören steuerlich zu den Herstellungskosten. Diese können Sie nur über die Abschreibung des Gebäudes steuermindernd geltend machen. Das gilt der „herrschenden Lehre“ nach auch für Honorare von Architekten, Fachplanern und Projektsteuerern, die bei einem solchen Projekt anfallen.
Der Projektsteuerungs-Fall vor dem BFH
In dem konkreten Fall hatten Investoren damit begonnen, mehrere Immobilien zu Vermietungszwecken zu errichten. Im Zusammenhang mit der weiteren Durchführung der Bauvorhaben stellten sie Darlehensanträge.
Finanzierende Bank verlangt Einschaltung eines Projektsteuerers
Die finanzierende Bank gewährte diese nur unter der Voraussetzung, dass ein „Projekt-Controlling-Vertrag“ (PCV) mit einer bestimmten GmbH abgeschlossen werde. Das Projektcontrolling sollte im Hinblick auf die wirtschaftlichen und regulativen Belange des Bauvorhabens erfolgen. Er umfasste lt. Vertrag auch klassische Projektsteuerungsleistungen, wie z. B.:
- Übergeordnete Leistungen in allen Projektphasen
- Kontrolle der Einhaltung der Terminvorgaben
- Kontrolle der Kostenermittlung nach DIN 276
- Kontrolle der Einhaltung des Kostenrahmens mit Soll/Ist-Vergleich
- Mitwirkung bei der Überprüfung beabsichtigter Änderungen (Nutzungsänderungen, Planungsänderungen, Sondervorschläge) im Hinblick auf Termin- und Kostenauswirkungen
- Kontrolle des Abschlusses aller notwendigen Versicherungen und der rechtzeitigen Vorlage von Bürgschaften
- Erstellen regelmäßiger kurzgefasster Controlling-Reports im zweimonatlichen Rhythmus und eines Abschlussberichts innerhalb von zwei Monaten nach Endabnahme des Berichts
- Weitere Leistungen in der Phase der Ausschreibung/Vergabe
- Beratung des Auftraggebers bei Ausschreibungen zu den Qualitätsvorgaben in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht
- Kontrolle des Leistungsumfangs und der Kostenverfolgung und der Darstellung der Abweichungen aus Ausschreibungsergebnissen von den Kostenvorgaben.Wie werden die Honorare für den Projektsteuerer bzw. -controller ...
- Weitere Leistungen in Bauausführungs-, Projektnachlauf- und Schlussrechnungsphase, wie z. B.:
- Überprüfung der Fortführung der Kostenverfolgung und Bauzeitplanung sowie deren Einhaltung
- Kontrolle der rechtzeitigen Durchführung von baubegleitenden Qualitätskontrollen und Bautoleranzen-Kontrollen (Eigen- und Fremdüberwachung)
- Regelmäßige Baubegehungen mit Unterstützung bei der Qualitätskontrolle des Auftraggebers
- Kontrolle und Mitwirkung des Abnahme-/Übergabeprocederes generell unter Bezug auf die abgeschlossenen Bau- und Planungsverträge
Finanzamt und Investor streiten sich über Abzugsfähigkeit der Kosten
Der Investor machte die Controllingkosten in den Jahren 2012 bis 2014 (jeweils sechsstellige Beträge) als sofort abzugsfähige Werbungskosten (= Finanzierungskosten) bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt sah das anders. Nach seiner Auffassung lagen Herstellungskosten vor. Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 04.03.2021, Az. 12 K 12180/18, Abruf-Nr. 225531) plädierte auf den Werbungskostenabzug.
Darum entschied der BFH auf Werbungskostenabzug
Der BFH schloss sich dem FG Berlin-Brandenburg zwar nicht in allen Einzelheiten an, gab ihm im Ergebnis aber Recht. Er begründet seine Entscheidung wie folgt (BFH, Urteil vom 06.12.2021, Az. IX R 8/21, Abruf-Nr. 229139):
Das Projektcontrolling sei – nach der Präambel des Projektcontrollingvertrags – im Rahmen einer Finanzierung durch die ...-Bank installiert worden. Die erstellten Monatsberichte hätten vor allem die Funktion gehabt, das am Projekt beteiligte Finanzierungsinstitut zu informieren. Sie hätten – wie sich aus dem Beiblatt zur Darlehenszusage ergeben habe – eine Bedingung für die Auszahlung der Darlehensteilbeträge nach Baufortschritt dargestellt. Dementsprechend habe das FG auf der Grundlage der schriftlichen Stellungnahme des mit dem Projektcontrolling beauftragten Bauingenieurs festgestellt, dass sich seine Tätigkeit in der Prüfung bzw. Buchung von Rechnungen und der Vorbereitung der Unterlagen für die auszahlende Bank sowie in der Erstellung von Controlling-Reports (Bestandsaufnahmen) erschöpft habe. Es handele sich daher bei den Kosten für das bankseitige Projektcontrolling um Aufwendungen, die durch das Beschaffen der Geldmittel veranlasst gewesen seien. Ohne das Projektcontrolling hätte die ...-Bank die Finanzierung nicht bereitgestellt. Dies reiche zur Begründung des erforderlichen Zusammenhangs mit der Finanzierung des Objekts aus.
Fazit | Künftig muss man wohl die klassische Projektsteuerung und das finanzielle Projektcontrolling unterscheiden. Kosten für Ersteres gehören zu den Herstellungskosten, Aufwendungen für Letzteres zu den sofort abzugsfähigen Werbungskosten. |
AUSGABE: SSP 8/2022, S. 20 · ID: 48411996