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Kinder und SteuernSteuerliche Erleichterungen für Kinder (Teil 2): Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

Abo-Inhalt26.07.20225694 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Kinder werden im Steuerrecht besonders begünstigt. Neben diversen Freibeträgen bestehen zahlreiche Möglichkeiten, Aufwendungen im Zusammenhang mit Kindern geltend zu machen. Da Gesetzgebung und Rechtsprechung sich laufend mit dem Thema „Kinder und Steuern“ befassen, ist es schier unmöglich, stets auf dem Laufenden zu sein und alle Abzugsmöglichkeiten optimal zu nutzen. SSP startet deshalb eine Beitragsreihe. Teil 2 beleuchtet die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für Kinder. |

Höhe der steuerlich absetzbaren Beiträge

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können Sie steuerlich geltend machen – ganz gleich ob Sie gesetzlich oder privat versichert sind. Das gilt nicht nur für die Beiträge zu Ihrer eigenen Kranken- und Pflegeversicherung, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Ihrer Kinder.

Dabei sind Beiträge für die Basisleistung der Krankenversicherung und Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) bzw. b) EStG als Sonderausgaben abziehbar. Der Vorteil: Die Zahlungen mindern in voller Höhe und ohne Abzugsbeschränkungen Ihre Steuerlast. Dagegen sind Beiträge für Wahlleistungen (z. B. Krankenhaustagegeld, Chefarztbehandlung) nur über § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG abzugsfähig. Der Nachteil: Die Aufwendungen fließen in den Höchstbetrag des § 10 Abs. 4 in Höhe von 1.900 Euro bzw. 2.800 Euro pro Person ein und wirken sich daher regelmäßig nicht aus.

Um die Kranken- und Pflegeversicherung Ihrer Kinder steuerlich absetzen zu können, müssen Sie zunächst prüfen, wer Versicherungsnehmer ist.

Konstellation 1: Sie sind Versicherungsnehmer

Haben Sie für Ihr Kind eine Kranken- oder Pflegeversicherung abgeschlossen, können Sie die gezahlten Beiträge in Ihrer Einkommensteuererklärung steuerlich geltend machen (BMF, Schreiben vom 24.05.2017, Az. IV C 3 – S 2221/16/10001 :004, Abruf-Nr. 194291). Dazu tragen Sie die Beiträge inkl. Wahlleistungen

Beispiel

Linda hat für ihre Tochter eine private Krankenversicherung abgeschlossen und übernimmt die Beiträge. Für die Basisabsicherung zahlt Linda 40 Euro/Monat, für Wahlleistungen (z. B. Auslandskrankenversicherung) sind fünf Euro/Monat fällig.

Lösung: Linda kann 480 Euro (40 Euro x 12) als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgabe geltend machen. Die Beiträge für die Wahlleistungen von 60 Euro (5 Euro x 12) sind allerdings nur im Rahmen der Höchstbeträge abzugsfähig.

  • auf der Anlage Kind in den Zeilen 31 bis 34 ein, sofern Sie Anspruch auf Kindergeld haben, oder
  • auf der Anlage Vorsorgeaufwand in den Zeilen 40 bis 44 ein, wenn kein Anspruch auf Kindergeld besteht.

Konstellation 2: Anderer Elternteil ist Versicherungsnehmer

Selbst wenn Sie nicht selbst, sondern der andere (z.B. geschiedene) Elternteil Versicherungsnehmer sein sollte, können die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung Ihres Kind in Ihrer Steuererklärung berücksichtigt werden. Voraussetzung ist dafür nur, dass das Kind

  • Ihnen gegenüber unterhaltsberechtigt ist und
  • Sie die Beiträge wirtschaftlich getragen haben (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 EStG).

Wann gelten die Beiträge als wirtschaftlich getragen? Der BFH vertritt zwar die Ansicht, dass Sie die Beiträge Ihres Kindes nur geltend machen können, wenn Sie diese tatsächlich gezahlt oder Ihrem Kind erstattet haben (BFH, Urteil vom 13.03.2018, Az. X R 25/15, Abruf-Nr. 204849). Die Finanzverwaltung sieht das aber nicht so eng (BMF, Schreiben vom 03.04.2019, Az. IV C 3 – S 2221/10/10005, Abruf-Nr. 208267). Auch das EStG wurde mittlerweile entsprechend geändert. Es kommt daher nicht darauf an, ob Sie die Beiträge durch Bar- oder Sachleistungen tragen. In der Folge können Sie auch Beiträge Ihres Kindes, die es als Arbeitnehmer (z. B. während der Ausbildung) an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zahlt, bei Ihnen berücksichtigen, sofern Ihr Kind bei Ihnen wohnt (Sachleistung: Unterkunft). Dies spart Steuern, da die Einkünfte Ihres Kindes wegen der geringen Ausbildungsvergütung oft unterhalb des Grundfreibetrags liegen.

Beispiel

Malte und Melanie sind geschieden und haben zwei Kinder. Die Kinder leben bei Melanie und wurden von ihr privat krankenversichert. Der monatliche Beitrag beträgt 50 Euro je Kind (Basisabsicherung). Malte ist den Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet und übernimmt auch die Krankenversicherung.

Lösung: Malte kann seine Unterhaltsaufwendungen nicht nach § 33a EStG als außergewöhnliche Belastung geltend machen, da er für die Kinder einen Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag hat (§ 33a Abs. 1 S. 4 EStG). Da Malte jedoch die Beiträge zur Krankenversicherung trägt, kann er diese gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 EStG in Höhe von 1.200 Euro (50 Euro x 12 x 2) als Sonderausgabe absetzen. Bei einem Steuersatz von 30 Prozent spart er dadurch 360 Euro .

Konstellation 3: Das Kind ist Versicherungsnehmer

Wenn Ihr Kind persönlich Versicherungsnehmer ist, können Sie die Beiträge ebenfalls in Ihrer Steuererklärung geltend machen. Voraussetzung für den Abzug in Ihrer Steuererklärung ist gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG lediglich, dass

  • Sie für das Kind Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag haben und
  • Sie die Beiträge durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen haben.

Wichtig | Sie können „nur“ die lukrativen unbeschränkt abzugsfähigen Beiträge geltend machen. Die lediglich beschränkt abzugsfähigen Wahlleistungen kann nur Ihr Kind als Sonderausgabe zum Abzug bringen. Es ist unerheblich, ob Ihr Kind über eigene Einkünfte und Bezüge verfügt und die Versicherungen auch selbst hätte bezahlen können. Die Beiträge tragen Sie auf der Anlage Kind in den Zeilen 35 bis 40 ein.

Beispiel I

Der 17-jährige Sohn von Gerd ist Beamtenanwärter und hat eine private Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen. Für die Basisabsicherung der Krankenversicherung zahlt er monatlich 55 Euro, für die Wahlleistungen zehn Euro. Die Pflegeversicherung kostet ebenfalls zehn Euro im Monat. Gerd erstattet seinem Sohn den Gesamtbetrag von monatlich 75 Euro per Überweisung auf sein Konto.

Lösung: Bei Gerd können im Jahr 660 Euro Krankenversicherungsbeiträge (55 Euro x 12) und 120 Euro Pflegeversicherungsbeiträge (10 Euro x 12) als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgabe berücksichtigt werden. Die Wahlleistungen von 120 Euro (10 Euro x 12) kann nicht Gerd, sondern nur sein Sohn, absetzen.

Praxistipp | Bei der Übertragung der Beiträge handelt es sich um ein Wahlrecht. Sie müssen entscheiden, ob die Beiträge bei Ihnen oder Ihrem Kind berücksichtigt werden sollen. Der Abzug ist nämlich nur einmal zulässig. Sie können die Beiträge aber auch aufteilen (z. B. zu 75 Prozent bei Ihnen und zu 25 Prozent bei Ihrem Kind) und so den bestmöglichen Abzug geltend machen.

Beispiel II

Matthias und Monika sind verheiratet. Ihr zu versteuerndes Einkommen beträgt 35.000 Euro. Sohn Sascha wohnt zuhause und ist im Jahr 2021 in Ausbildung. Er verdient 900 Euro pro Monat. Saschas Arbeitgeber behält davon 72 Euro Krankenversicherung (Basisabsicherung 69 Euro) und 16 Euro Pflegeversicherung ein.

Lösung: Das Einkommen von Sascha liegt mit gesamt 10.800 Euro im Jahr 2021 nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 1.000 Euro auch ohne Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unterhalb des Grundfreibetrags. Steuern zahlt Sascha entsprechend nicht. Seine Eltern Matthias und Monika müssten hingegen bei einem zu versteuernden Einkommen von 35.000 Euro eine Einkommensteuer von 3.250 Euro zahlen. Da sie für Sascha Anspruch auf Kindergeld haben und durch die Unterkunft und Versorgung in ihrem Haushalt Sachunterhalt leisten, können Sie die Beiträge von Sascha zur Krankenversicherung (Basisabsicherung im Jahr 828 Euro) und Pflegeversicherung (im Jahr 192 Euro) als Sonderausgabe abziehen. Das zu versteuernde Einkommen verringert sich dadurch regelmäßig auf 33.980 Euro und die Einkommensteuer reduziert sich auf 2.994 Euro. Effektive Steuerersparnis: 256 Euro.

Mit Beitragsvorauszahlungen Steuern sparen

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Voraus zu zahlen ist in der Praxis eine lohnende Gestaltungsmöglichkeit, um Steuern zu sparen. Das Steuersparmodell geht allerdings nur in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung (z. B. Gesellschafter-Geschäftsführer, Beamte, Gewerbetreibende und Selbständige) – hier aber auch für Beitragsvorauszahlungen der Kinder.

Zufluss-/Abflussprinzip des Sonderausgabenabzugs nutzen

Vorauszahlungen sind im Jahr der Zahlung abzugsfähig, da beim Sonderausgabenabzug das Zu- und Abflussprinzip gilt. Eine im Jahr 2022 geleistete Beitragsvorauszahlung für das Jahr 2023 mindert also bereits die Steuerlast des Jahres 2022 und nicht die des Jahres 2023. Diesen Effekt können Sie nutzen:

  • a) Verfügen Sie aufgrund besonderer Umstände (z. B. Abfindung, privates Veräußerungsgeschäft) in einem Jahr über besonders hohe Einkünfte und im nächsten Jahr voraussichtlich über niedrigere Einkünfte, können Sie mit der Beitragsvorauszahlung Progressionsschwankungen abfedern und die effektive Steuerlast reduzieren.
  • b) Übersteigen Ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung den für übrige Vorsorgeaufwendungen geltenden Höchstbetrag von 1.900 bzw. 2.800 Euro pro Person, wirken sich Ihre übrigen Vorsorgeaufwendungen steuerlich nicht aus. Leisten Sie jedoch eine Beitragsvorauszahlung für ein Jahr im Voraus, mindern Ihre übrigen Vorsorgeaufwendungen im Folgejahr Ihre Steuerlast. Denn die Aufwendungen überlagernde Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht mehr vorhanden.

Höchstbetrag für die Beitragsvorauszahlung beachten

Dieses Steuersparmodell funktioniert nicht in beliebiger Höhe. Denn gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 5 EStG darf die Beitragsvorauszahlung maximal das Dreifache der auf das Zahlungsjahr entfallenden Beiträge betragen:

Formel für die maximale Beitragsvorauszahlung

Regulärer Jahresbeitrag x 3 = Höchstbetrag der Beitragsvorauszahlung

Wird der Höchstbetrag überschritten, wird die Beitragsvorauszahlung im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit berücksichtigt.

Beispiel

Max und Lea sind verheiratet und haben ein Kind. Sie sind privat krankenversichert und zahlen jährlich folgende Beiträge an Versicherungen:

Lösung: Die Versicherungen können Max und Lea als Sonderausgabe mit jährlich 6.000 Euro (KV-/PV-Basisabsicherung) geltend machen. Die weiteren Versicherungen wirken sich wegen der überschrittenen Höchstbeträge nicht aus.

Gestaltung zu a)

Max und Lea erwarten im Jahr 2001 ein zu versteuerndes Einkommen von 100.000 Euro (Spekulationsgewinn). In den Jahren 2002 bis 2004 erwarten sie ein zu versteuerndes Einkommen von nur 50.000 Euro. Sie zahlen in 2001 die Beiträge zur KV/PV der Jahre 2002 bis 2004 (18.000 Euro) voraus.

Lösung: Ohne Vorauszahlung müssen sie für das Jahr 2001 23.988 Euro und für die Jahre 2002 bis 2004 jeweils 7.252 Euro Steuern bezahlen (Tarif 2021). In Summe 45.744 Euro. Da sie die Vorauszahlung in 2001 absetzen können, reduziert sich das zu versteuernde Einkommen auf 82.000 Euro und die Steuer auf 17.362 Euro. In den Jahren 2002 bis 2004 erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um 6.000 Euro. Es sind aber die übrigen Versicherungen mit jeweils 3.320 Euro abzugsfähig, sodass nun 52.680 Euro zu versteuern sind. Die Steuer beträgt jährlich 8.016 Euro. In Summe zahlen die Ehegatten nun lediglich 41.410 Euro. Ein effektiver Vorteil von 4.344 Euro.

Gestaltung zu b)

Max und Lea zahlen in 2001 die Beiträge zur KV/PV des Jahres 2002 (6.000 Euro) voraus.

Lösung: Im Jahr 2001 erhöhen sich die abzugsfähigen Sonderausgaben auf 12.000 Euro. Im Jahr 2002 können die übrigen Versicherungen (Haftpflicht, Unfall, BU und Lebensversicherung) mit 3.320 Euro abgesetzt werden. Für beide Jahre zusammen setzen sie nun 15.320 Euro anstelle von 12.000 Euro ab. Bei einem Steuersatz von 30 Prozent bedeutet dies eine effektive Ersparnis von 996 Euro – alle zwei Jahre.

Krankenkassenbonus nutzen: 150 Euro bleiben steuerfrei

Erhält Ihr Kind von einer gesetzlichen Krankenversicherung einen Bonus, mindert dieser den Sonderausgabenabzug – aber nur wenn es sich um eine Beitragsrückerstattung handelt. Liegt eine Leistung der Krankenkasse vor, bleibt die Höhe Ihrer Sonderausgaben unberührt.

Wichtig | Die Finanzverwaltung gestattet bis zum 31.12.2023, dass Bonuszahlungen auf Grundlage des § 65a SGB V bis zur Höhe von 150 Euro steuerunschädliche Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Nur übersteigende Zahlungen sind als Beitragsrückerstattung anzusehen und reduzieren den Sonderausgabenabzug. Dies gilt für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen.

Praxistipp | Wurde bei Ihnen ein Bonus von den Sonderausgaben abgezogen, sollten Sie dagegen vorgehen. Bis zu 150 Euro ist dieses Vorgehen nicht rechtmäßig.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Prämien und Bonusleistungen vom Krankenversicherer: 150 Euro sind ab sofort steuerfrei“ , SSP 2/2022, Seite 9 → Abruf-Nr. 47911437
  • SSP zeigt in den nächsten Ausgaben, wie Sie Kinderbetreuungskosten, Schulgeld, Krankheitskosten, Unterhaltsleistungen und anderes steuermindernd geltend machen können.

AUSGABE: SSP 8/2022, S. 6 · ID: 48313682

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