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EnergiepreispauschaleDie 300-Euro-Energiepreispauschale: Wer sie bekommt und wie sie sich steuerlich auswirkt

Abo-Inhalt24.05.20225931 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Am 20.05.2022 hat der Bundesrat diversen Gesetzesänderungen mit steuerlichen Auswirkungen zugestimmt. Darunter befindet sich auch der Energiepreispauschale, die die enormen Belastungen aufgrund gestiegener Energiepreise abmildern soll. Sie ist in den §§ 112 bis 122 EStG verankert, beträgt einmalig für jede anspruchsberechtigte Person 300 Euro und wird für den Veranlagungszeitraum 2022 gewährt. SSP liefert die Details. |

Wer hat Anspruch auf die Energiepreispauschale?

Anspruch auf die Energiepreispauschale haben gemäß § 113 EStG zunächst alle unbeschränkt steuerpflichtigen Personen i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG. Personen- und Kapitalgesellschaften profitieren damit nicht. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Personen im Jahr 2022 Einkünfte aus einer der folgenden Einkunftsarten erzielen:

  • 1. § 13 EStG – Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
  • 2. § 15 EStG – Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  • 3. § 18 EStG – Einkünfte aus selbständiger Arbeit
  • 4. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wobei nur die aktive Beschäftigung (Vollzeit, Teilzeit, Aushilfen und pauschal besteuerte Minijobber) begünstigt sind

Die Energiepreispauschale steht damit Personen nicht zu, die nur beschränkt steuerpflichtig sind. Leer gehen auch Personen aus, die nicht über eine der genannten Einkünfte verfügen. Das sind z. B. regelmäßig Rentner, Pensionäre, reine Vermieter und Vermögensverwalter sowie Schüler, Studierende und Arbeitslose.

Praxistipp | Begünstigt sind aber Rentner, Studierende usw., die (kurzfristig) einen Minijob ausüben oder (nebenbei) Gewinneinkünfte i. S. v. § 13, 15 oder 18 EStG erzielen. Auf die Höhe der Einkünfte und die Dauer der Beschäftigung bzw. Tätigkeit kommt es nicht an. Auch ein Minijob an nur einem Tag oder eine kurzzeitige gewerbliche Betätigung reicht aus. Selbst die Beteiligung an gewerblichen Einkünften (z. B. Beteiligung an einer gewerblich oder freiberuflich tätigen Personengesellschaft) oder der Betrieb einer Fotovoltaikanlage würde für den Anspruch auf die Pauschale genügen.

Da der Anspruch auf die Energiepreispauschale am 01.09.2022 entsteht (§ 114 EStG), könnte die Auffassung vertreten werden, dass am 01.09.2022 eine der begünstigten Einkünfte erzielt werden muss. Dem ist nicht so. Es muss strikt zwischen der Anspruchsberechtigung, der Entstehung und der Auszahlung unterschieden werden. Da § 113 EStG (Anspruchsberechtigung) nur vorsieht, dass im Veranlagungszeitraum 2022 begünstigte Einkünfte erzielt werden, kommt es auf den 01.09.2022 (Entstehung) nicht an. Auch ein Schüler, der erst ab dem 01.12.2022 mit einer Ausbildung beginnt, hat folglich Anspruch auf die Energiepreispauschale.

Wie kommt man in den Genuss der Energiepreispauschale?

Grundsätzlich wird die Energiepreispauschale mit der Einkommensteuer für das Veranlagungsjahr 2022 festgesetzt (§ 115 Abs. 1 EStG) und auf die Einkommensteuer des Jahres 2022 angerechnet (§ 116 Abs. 1 EStG). In Höhe der Energiepreispauschale mindert sich damit die Nachzahlung zur Einkommensteuer. Ergibt sich ein Anrechnungsüberhang, wird dieser ausgezahlt (§ 116 Abs. 2 EStG). Dabei muss die Energiepreispauschale nicht gesondert beim Finanzamt beantragt werden. Sie wird von Amtswegen berücksichtigt, sobald für das Jahr 2022 eine Einkommensteuererklärung eingereicht wird und die Anspruchsvoraussetzungen (begünstigte Einkunftsart) vorliegen.

Beispiel

Die Gewerbetreibende Melanie reicht im Mai 2023 ihre Steuererklärung 2022 beim Finanzamt ein. Es ergibt sich eine Steuer von 500 Euro. Vorauszahlungen hat sie nicht geleistet, Anrechnungsbeträge (z. B. Lohnsteuer) sind nicht vorhanden.

Lösung: Grundsätzlich müsste Melanie die Steuer von 500 Euro an das Finanzamt bezahlen. Es wird jedoch parallel eine Energiepreispauschale von 300 Euro festgesetzt und angerechnet. Die Nachzahlung reduziert sich auf 200 Euro.

Praxistipp | Würde sich lediglich eine Einkommensteuer von 200 Euro ergeben, würde die Energiepreispauschale ebenfalls mit 300 Euro angerechnet werden. Melanie erhält dann eine Erstattung des Anrechnungsüberhangs von 100 Euro. Reicht Melanie keine Steuererklärung beim Finanzamt ein, geht sie leer aus.

Dieses Verfahren zur Festsetzung und Auszahlung der Energiepreispauschale würde jedoch das Ziel der Pauschale verfehlen, die Bürger schnell und effektiv zu unterstützen. Deshalb handelt es sich bei der Auszahlung der Energiepreispauschale im Rahmen der Steuerfestsetzung um die absolute Ausnahme. In den meisten Fällen wird die Pauschale den Empfänger schon viel früher erreichen (§ 115 Abs. 2 i. V. m. 117 EStG, § 118 EStG), nämlich als

  • Auszahlung durch den Arbeitgeber (§ 117 EStG) oder
  • Minderung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 118 EStG).

Die Auszahlung durch den Arbeitgeber

Die Energiepreispauschale wird Arbeitnehmern vom Arbeitgeber ausgezahlt (§ 117 EStG), wenn sie am 01.09.2022

  • 1. in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen,
  • 2. in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht sind und
  • 3. der Arbeitgeber monatlich, quartalsweise oder jährlich Lohnsteueranmeldungen abgibt.

Arbeitnehmer sollen nicht mehrfach profitieren

Das Abstellen auf die Steuerklasse ist dabei erforderlich um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer die Energiepreispauschale nicht doppelt erhalten. Da die Auszahlung immer nur im Rahmen des ersten Dienstverhältnisses mit einer der Steuerklassen 1 bis 5 erfolgt und die Steuerklasse 6 nicht begünstigt ist, erhalten Arbeitnehmer mit mehreren Dienstverhältnissen die Pauschale nur einmal.

Das gilt für ab dem 01.09. beginnende Arbeitsverhältnisse

Zudem ist das Abstellen auf den 01.09.2022 für Arbeitgeber von großer Bedeutung. Stellen Arbeitgeber erst nach dem 01.09.2022 einen Arbeitnehmer ein, hat der Arbeitgeber diesem Arbeitnehmer keine Energiepreispauschale auszuzahlen. Der Arbeitnehmer selbst kann sich dann über die Einkommensteuererklärung die Pauschale holen.

Der Hintergrund: Der neue Arbeitgeber weiß nicht, ob der Arbeitnehmer bereits am 01.09.2022 zu einem anderen Arbeitgeber in einem Dienstverhältnis stand und ihm von seinem früheren Arbeitgeber die Pauschale ausgezahlt wurde. Das gleiche gilt, wenn das Beschäftigungsverhältnis vor dem 01.09.2022 aufgelöst wurde. Arbeitgeber müssen für die Auszahlung der Energiepreispauschale immer auf genau diejenigen Arbeitnehmer abstellen, die exakt am 01.09.2022 bei ihnen beschäftigt sind.

Praxistipp | Minijobber gehören nicht den Steuerklassen 1 bis 5 an. Arbeitgeber müssen ihnen die Energiepreispauschale trotzdem durch den Arbeitslohn auszahlen, wenn die Minijobber ihm schriftlich bestätigen, dass es sich bei dem Minijob um ihr erstes Dienstverhältnis handelt. Dadurch soll ebenfalls vermieden werden, dass Minijobber sowohl eine Energiepreispauschale von einem Arbeitgeber erhalten, bei dem sie in die Steuerklasse 1 bis 5 eingereiht sind, und zusätzlich von einem Arbeitgeber, bei dem sie als Minijobber beschäftigt sind (Nebenjob). Beschäftigt der Arbeitgeber aber nur Minijobber, gibt er keine Lohnsteueranmeldungen ab. Dann kann er auch keine Energiepreispauschale an den Minijobber auszahlen. Der Minijobber muss sich die Pauschale dann über seine Einkommensteuererklärung holen.

Zeitpunkt der Auszahlung und Steuerpflicht

Zahlt der Arbeitgeber die Energiepreispauschale aus, fließt sie dem Arbeitnehmer bereits im September 2022 zu. Der Arbeitgeber muss dazu die Pauschale von 300 Euro auf den regulären Lohn aufschlagen. Dabei muss er beachten, dass die Pauschale kraft gesetzlicher Fiktion (§ 119 Abs. 1 EStG) eine Einnahme i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt.

Infolge dessen unterliegt sie der Besteuerung (inklusive Kirchensteuer und Soli), nicht jedoch den Sozialabgaben (kein Arbeitsentgelt). Sie wird aus diesem Grund auch nicht bei der Ermittlung der Vorsorgepauschale nach § 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. a) bis c) EStG berücksichtigt. Der Arbeitnehmer erhält die Pauschale von 300 Euro also lediglich brutto. Die Nettoauszahlung hängt von den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen ab. Liegt das Einkommen des Arbeitnehmers oberhalb des Grundfreibetrags, erhält er demnach je nach Höhe des Einkommens lediglich 55 bis 86 Prozent der Energiepreispauschale ausgezahlt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer (Steuerklasse I) erhält für September 2022 regulär einen Bruttoarbeitslohn von 3.000 Euro.

Lösung: Der Arbeitgeber muss auf den regulären Bruttoarbeitslohn die Energiepreispauschale von 300 Euro aufschlagen. Der Besteuerung unterliegen damit 3.300 Euro, für die Sozialabgaben werden 3.000 Euro herangezogen. Der Arbeitgeber behält von den 3.300 Euro die Steuern entsprechend der Lohnsteuerabzugsmerkmale ein und zieht die Sozialabgaben ab. Der Nettolohn (inklusive Nettoenergiepreispauschale) wird dem Arbeitnehmer ausgezahlt.

Praxistipp | Bei nach § 40a EStG pauschal besteuerten Minijobbern gilt diese gesetzliche Fiktion zur Steuerpflicht nicht (§ 119 Abs. 1 S. 2 EStG). Minijobber erhalten die Energiepreispauschale deshalb ohne Abzüge „brutto wie netto“. Die Pauschale wird auch nicht auf die 450-Euro-Grenze angerechnet.

So setzen Arbeitgeber die Pauschale um

Auch wenn die Arbeitgeber die Energiepreispauschale auszahlen müssen, werden sie dadurch – mit Ausnahme des administrativen Aufwands – nicht zusätzlich belastet. Die Arbeitgeber haben gemäß § 117 Abs. 2 EStG die Energiepreispauschale nämlich gesondert dem Gesamtbetrag der einzubehaltenden und abzuführenden Lohnsteuer zu entnehmen:

Beispiel

Arbeitgeber Anton zahlt seinen fünf Mitarbeitern am 03.09.2022 den Lohn aus. Er gewährt ihnen jeweils die Energiepreispauschale von 300 Euro und erhöht die Bruttolöhne um insgesamt 1.500 Euro. Zum 10.09.2022 hat er eine Lohnsteuer von 4.000 Euro bei seinem Finanzamt anzumelden und abzuführen.

Lösung: A soll durch die Energiepreispauschale nicht belastet werden. Dazu reduziert er die am 10.09.2022 anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer um die 1.500 Euro und zahlt lediglich 2.500 Euro an das Finanzamt.

  • 1. Monatszahler (§ 41a Abs. 2 S. 1 EStG) entnehmen die Pauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.09.2022 anzumelden und abzuführen ist.
  • 2. Quartalszahler (§ 41a Abs. 2 S. 2 HS. 1 EStG) entnehmen die Pauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.10.2022 anzumelden und abzuführen ist.
  • 3. Jahreszahler (§ 41a Abs. 2 S. 2 HS. 2 EStG) entnehmen sie der Lohnsteuer, die bis zum 10.01.2023 anzumelden und abzuführen ist.

Wichtig | Sollte die vom Arbeitgeber insgesamt zu gewährende Energiepreispauschale den Betrag, der von ihm insgesamt an Lohnsteuer abzuführen ist, übersteigen, wird ihm der übersteigende Betrag vom Finanzamt ersetzt. Der Arbeitgeber erhält also in Höhe der Differenz eine Erstattung. Der Vorgang ähnelt der Umsatzsteuer. Die Energiepreispauschale mindert als „Vorsteuer“ die eigentlich zu zahlende Lohnsteuer.

Praxistipp | Für manche Arbeitgeber gelten Vereinfachungen (§ 117 Abs. 3 EStG):

  • 1. Quartalszahler müssen die Energiepreispauschale nicht zwingend im September auszahlen. Sie dürfen die Auszahlung auch erst im Oktober 2022 vornehmen und gewinnen so etwas mehr Zeit.
  • 2. Jahreszahler können komplett auf die Auszahlung verzichten. Die Arbeitnehmer erhalten sie dann im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung.
  • 3. Arbeitgeber, die keine Lohnsteueranmeldungen abgeben müssen, müssen Arbeitnehmern niemals eine Energiepreispauschale auszuzahlen.

Großbuchstabe „E“ auf der Lohnsteuerbescheinigung

Wer als Arbeitgeber die Energiepreispauschale an Arbeitnehmer ausgezahlt hat, muss eine weitere Besonderheit beachten. Er muss in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung den Großbuchstaben „E“ angeben (§ 117 Abs. 4 EStG). Damit soll vermutlich sichergestellt werden, dass Arbeitnehmern mit nebenberuflichen Gewinneinkünften die Energiepreispauschale nicht doppelt gewährt wird. Durch das „E“ erfährt der Finanzbeamte bei Bearbeitung der Einkommensteuererklärung, dass die Pauschale schon gezahlt wurde und er nicht nochmals eine Pauschale festzusetzen hat.

Minderung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen

Erzielt die anspruchsberechtigte Person Gewinneinkünfte und wurde für diese Einkünfte zum 10.09.2022 eine Einkommensteuer-Vorauszahlung festgesetzt, wird diese um die 300 Euro-Pauschale gemindert. Die Minderung erfolgt dabei nicht kommentarlos. Entweder wird hierfür der Vorauszahlungsbescheid geändert oder es wird eine Allgemeinverfügung erlassen.

Sollte sich die Vorauszahlung zum 10.09.2022 bisher auf einen geringeren Betrag als 300 Euro belaufen, erfolgt die Minderung lediglich bis auf 0 Euro. Eine Erstattung des Überhangs erfolgt nicht. Dieser wird erst im Rahmen der Steuerfestsetzung für das Jahr 2022 berücksichtigt.

Wichtig | Die Energiepreispauschale soll Personen mit niedrigem und mittlerem Einkommen mehr unterstützen als Personen mit hohem Einkommen. Deshalb unterliegt sie der Einkommensteuer (inkl. Kirchensteuer und Soli). Bei den Beziehern von Einkünften im Sinne der §§ 13, 15 und 18 EStG wird die Pauschale den sonstigen Einkünften i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG zugeordnet (§ 119 Abs. 2 EStG). Sie muss zum individuellen Grenzsteuersatz versteuert werden.

Sonstiges zur Energiepreispauschale

Auch wenn die Energiepreispauschale der Besteuerung unterliegt, ist sie gemäß § 122 EStG bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Sie bleibt damit unter anderem für das Wohngeld, BAföG und einkommensabhängigen Kita-Beiträgen außer Ansatz.

Um Missbrauch (insbesondere die mehrfache Geltendmachung) vorzubeugen, wurde § 121 EStG eingeführt. Danach gelten für die Energiepreispauschale die normalen Strafvorschriften des §§ 370, 371, 375 und 376 AO sowie die Bußgeldvorschriften der §§ 378, 379, 383 und 384 mit kleineren Einschränkungen entsprechend.

AUSGABE: SSP 6/2022, S. 17 · ID: 48361547

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