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Fahrtkosten/JobticketDas Neun-Euro-Ticket im ÖPNV für Juni bis August 2022: Vorteile für Arbeitnehmer und -geber

Abo-Inhalt24.05.20225956 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Bundestag und -rat haben mit dem „Siebten Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes“ (Abruf-Nr. 229334) auch das Neun-Euro-Ticket für den Nahverkehr auf den Weg gebracht. SSP erläutert die steuerlichen Regeln und zeigt, warum das Neun-Euro-Ticket sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber attraktiv ist. |

Neun-Euro-Ticket im Nahverkehr für drei Monate

Das Neun-Euro-Ticket ist für die Monate Juni bis August 2022 befristet. Es kann für einen Pauschalbetrag von neun Euro erworben werden und gilt einen Kalendermonat lang. Soll das Ticket für alle drei Monate genutzt werden, muss für jeden Monat ein entsprechendes Ticket erworben werden.

Der Vorteil: Mit dem Ticket können innerhalb des Kalendermonats beliebig viele Fahrten zweiter Klasse bundesweit im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) unternommen werden. Dazu zählen z. B. Fahrten mit dem Bus, der S- oder U-Bahn, der Straßenbahn, den Regionalbahnen (RB) und einem Regionalexpress (RE). Keine Gültigkeit hat das Ticket in den Zügen des Fernverkehrs (z. B. IC, EC und ICE) sowie in Fernbussen.

Arbeitnehmer profitieren bei Fahrten zur Arbeit

Durch das Ticket in Kombination mit der Entfernungspauschale profitieren insbesondere Arbeitnehmer. Das verdeutlicht folgendes Beispiel:

Beispiel

Ein Arbeitnehmer fährt gewöhnlich mit dem privaten Pkw an 20 Tagen im Monat zur Arbeit. Bei einer einfachen Entfernung von 15 Kilometern ist er bei angenommenen durchschnittlichen Kosten von 0,30 Euro je Kilometer mit 180 Euro belastet (20 Tage x 15 km x 2 Fahrten x 0,30 Euro). Zwar kann er die Entfernungspauschale von 90 Euro (20 Tage x 15 km x 0,30 Euro) als Werbungskosten geltend machen und bei einem Steuersatz von 35 Prozent Steuern in Höhe von 32 Euro sparen. Effektiv kosten die Fahrten jedoch noch immer 148 Euro im Monat.

Nutzt der Arbeitnehmer hingegen das Neun-Euro-Ticket, reduzieren sich seine Kosten auf neun Euro im Monat. Die Entfernungspauschale von 90 Euro ist jedoch weiter als Werbungskosten abzugsfähig und bewirkt eine Steuererleichterung von 32 Euro. Effektiv „verdient“ der Arbeitnehmer pro Monat 23 Euro mit den durchgeführten Fahrten. Die effektive monatliche Ersparnis beträgt 171 Euro.

Arbeitgeber können Neun-Euro-Ticket als Jobtickets nutzen

Die geringen Kosten von monatlich neun Euro könnten die Arbeitgeber dazu animieren, ihren Arbeitnehmern (inklusive Minijobbern) befristet für die Monate Juni bis August ein kostenloses Jobticket zur Verfügung zu stellen. Auch hier ergeben sich steuer- und beitragsrechtliche Vorteile.

Steuerbegünstigung nach § 3 Nr. 15 EStG nutzbar

Da das Neun-Euro-Ticket nur den Nahverkehr umfasst, kann die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG genutzt werden. Erhält der Arbeitnehmer das Jobticket aufgrund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn (§ 8 Abs. 4 EStG), ist der Vorteil bei ihm steuer- und beitragsfrei.

Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer das Ticket für private Fahrten nutzt. Parallel kann der Arbeitgeber die Kosten des Jobtickets in voller Höhe als Betriebsausgabe geltend machen, muss keine Sozialabgaben (Arbeitgeberanteile) abführen und ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Beispiel

Arbeitgeber A beschäftigt 100 Arbeitnehmer. Es handelt sich sowohl um regulär Beschäftigte, Teilzeitkräfte, Minijobber und Auszubildende. Für die Monate Juni bis August 2022 erwirbt er für jeden Arbeitnehmer und Monat ein Neun-Euro-Ticket und zahlt dafür 2.700 Euro (9 Euro x 100 Arbeitnehmer x 3 Monate). Diese Tickets überlässt er seinen Arbeitnehmern unentgeltlich.

Lösung: Der Arbeitgeber kann die Aufwendungen als Betriebsausgabe geltend machen und einen Vorsteuerabzug beanspruchen. Bei den Arbeitnehmern ist der Vorteil nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit löst auch eine Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung aus (§ 1 Abs. 1 SvEV). Das gilt selbst für die Arbeitnehmer, die das Ticket ausschließlich privat nutzen sollten.

Wichtig | Der Arbeitgeber muss den Beleg für die erworbenen Tickets im Lohnkonto aufbewahren und in der Lohnsteuerbescheinigung bescheinigen.

Zusätzlichkeitserfordernis für Arbeitgeberleistung

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG setzt voraus, dass das Neun-Euro Ticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Der Begriff „zusätzlich“ ist in § 8 Abs. 4 EStG definiert.

Wichtig | Gehaltsumwandlungen oder Gehaltsverzichte sind nicht „zusätzlich“ in diesem Sinne und daher nicht lohnsteuerfrei. Würde der Arbeitgeber bei den Arbeitnehmern im Gegenzug für das Neun-Euro Ticket den Bruttoarbeitslohn um monatlich neun Euro reduzieren, würde sich an der Besteuerung und den Sozialabgaben nichts ändern. Etwas anders gilt nur, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit nutzt, das Neun-Euro-Ticket mit einem Pauschalsteuersatz von 25 Prozent abzurechnen (§ 40 Abs. 2 Nr. 7 EStG); eine Anrechnung auf die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG unterbleibt dann.

Steuerbegünstigung auch für bestehende Jobtickets

Stellt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern (inklusive Minijobbern) bereits Jobtickets nach § 3 Nr. 15 EStG steuer- und beitragsfrei zur Verfügung, kann auch er von dem Neun-Euro-Ticket für die Monate Juni bis August profitieren und dieses steuer- und beitragsfrei gewähren.

Nachträgliche Erstattungen bei Jobtickets

Wer bereits ein Monats- oder Jahres-Abo für den Nahverkehr erworben und bezahlt hat, wird für die Monate Juni bis August 2022 nur mit monatlich neun Euro belastet werden. Abonnenten werden daher von ihren jeweiligen Anbietern oder dem Verkehrsverbund darüber informiert, wie die Erstattung konkret aussieht. Beispielsweise könnte der Bankeinzug angepasst oder der Differenzbetrag gutgeschrieben werden.

Auswirkungen für den Arbeitgeber

Für Arbeitgeber, die bei einem Jobticket in Vorleistung getreten sind und den Preis für Juni bis August 2022 schon entrichtet haben, muss zwischen zwei Fallgestaltungen unterschieden werden.

  • Jobticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn: Da das Job-ticket über § 3 Nr. 15 EStG weder der Besteuerung noch den Sozialabgaben unterliegt, ergeben sich grundsätzlich keine Änderungen für die Lohnabrechnung. Lediglich die verringerten Kosten und Nachweise sind als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen und in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen.
  • Jobticket nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn: Da das Jobticket der Besteuerung und den Sozialabgaben unterliegt, muss der Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung die verringerten Aufwendungen (neun Euro) berücksichtigen. Die Abzüge des Arbeitnehmers für Steuern und Sozialabgaben reduzieren sich und auch der Arbeitgeber spart sich die Arbeitgeberanteile.

Wichtig | Sollte der Arbeitgeber das Jobticket über § 40 Abs. 2 Nr. 7 EStG pauschal mit 25 Prozent versteuern, reduziert sich die hierfür zugrunde zu legende Bemessungsgrundlage.

Der Arbeitgeber muss etwaige Erstattungen gewinnerhöhend erfassen. Zugleich ist ein möglicherweise schon vorgenommener Vorsteuerabzug zu korrigieren (§ 17 Abs. 1 S. 2 UStG).

Auswirkungen für Arbeitnehmer (bei selbst erworbenem Jobticket)

Grundsätzlich ändert sich aufgrund der Kostenreduzierung bzw. Erstattung nichts. Für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte kann weiterhin in unveränderter Höhe die Entfernungspauschale geltend gemacht werden.

Setzt der Arbeitnehmer jedoch über § 9 Abs. 2 S. 2 EStG die tatsächlichen Kosten für die Nutzung öffentlicher Vekehrsmittel an, weil diese höher als die Entfernungspauschale ausfallen, so sind die auf neun Euro reduzierten Kosten zu berücksichtigen.

AUSGABE: SSP 6/2022, S. 13 · ID: 48361857

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