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StrafverfahrenAuch für außergerichtliche Beratung über Einziehung gibt es zusätzliche Verfahrensgebühr

Abo-Inhalt12.09.20222130 Min. LesedauerVon RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

| In „Einziehungsfällen“ tun sich die Gerichte teilweise mit der Beurteilung schwer, ob die Voraussetzungen für die zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV RVG gegeben sind. Das ist insbesondere – wie im Fall des OLG Braunschweig – die Frage, wenn aus der Gerichtsakte keine Tätigkeit des Rechtsanwalts ersichtlich ist. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Das AG setzte keine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG für den Pflichtverteidiger fest und begründete das damit, dass die Staatsanwaltschaft in ihrer Abschlussverfügung von einer Einziehung gemäß § 421 Abs. 3 StPO abgesehen habe. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel des Anwalts hatte beim LG Erfolg. Das OLG Braunschweig hat dann die Beschwerde des Bezirksrevisors verworfen und die Begründung des LG für den Anfall der Gebühr übernommen (1.3.22, 1 Ws 38/22, Abruf-Nr. 227275).

Denn der Gebührentatbestand setzt nicht zwingend eine gerichtliche Tätigkeit voraus, sondern kann auch für eine außergerichtliche Beratung angesetzt werden, sofern dies zumindest nach Aktenlage geboten ist. Hier war eine Beratung hinsichtlich einer möglichen Einziehung nach der Aktenlage geboten, denn der Rechtsanwalt hatte sich vor der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft für die Verurteilte legitimiert und Akteneinsicht genommen. Zu diesem Zeitpunkt war eine Einziehung von Vermögenswerten von ca. 428.000 EUR und damit auch eine Beratung der Mandantin naheliegend. Dem standen keine anderen Gesichtspunkte entgegen.

Relevanz für die Praxis

Es kommt für die Nr. 4142 VV RVG nicht darauf an, ob sich die vom Rechtsanwalt erbrachte Tätigkeit im Hinblick auf die Einziehung aus der Akte ergibt oder nicht. Es handelt sich bei der Nr. 4142 VV RVG um eine grundsätzlich normale Verfahrensgebühr, für die die allgemeinen Regeln gelten. D. h., dass die Gebühr für jede Tätigkeit des Rechtsanwalts entsteht, die er für den Mandanten erbringt (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., Nr. 4142 VV Rn. 13 ff., 18 ff.). Sie entsteht also für jede gerichtliche und außergerichtliche Tätigkeit, wozu auch die sich nicht aus den Akten ergebende Beratung des Mandanten gehört.

Die Rechtsprechung stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, dass die Beratung nach Aktenlage geboten sein muss (vgl. die Nachweise bei Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Rn. 4142 VV Rn. 23). Das ist immer der Fall, wenn die Einziehung naheliegt. Dies ergibt sich – wie hier – schon allein daraus, dass die Staatsanwaltschaft in der Abschlussverfügung von der Einziehung gemäß § 421 Abs. 3 StPO abgesehen hat. Dieses Absehen lässt im Übrigen nicht die bereits entstandene Gebühr nachträglich entfallen. Das folgt aus dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 4 RVG.

AUSGABE: RVGprof 10/2022, S. 169 · ID: 47937926

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