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ProzessrechtWas man vom Beschlussverfahren nach § 72 OWiG wissen muss
| Häufig wird von Verteidigern übersehen, dass das AG nach einem Einspruch nicht nur im Wege der Hauptverhandlung entscheiden kann. Das OWiG räumt ihm in § 72 OWiG auch die Möglichkeit ein, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Wir stellen Ihnen die Vor- und Nachteile dieser Verfahrensweise vor und zeigen auf, worauf Sie bei dem Beschlussverfahren nach § 72 OWiG achten müssen. |
Checkliste 1 / Allgemeine Fragen | |
Frage | Antwort |
| Ein wesentlicher Vorteil des Beschlussverfahrens ist, dass nach § 72 Abs. 3 S. 2 OWiG das sog. Verschlechterungsverbot gilt. Das bedeutet, dass der ergehende Beschluss für den Betroffenen keine nachteiligeren Rechtsfolgen festsetzen darf als der Bußgeldbescheid (vgl. dazu Ziff. 3 ff.). Praxistipp | Die Entscheidung des AG ist also für den Verteidiger und seinen Mandanten kalkulierbar. Außerdem müssen Verteidiger und Betroffener nicht zu einer mündlichen Hauptverhandlung anreisen. Die könnte ggf. bei einem weiter entfernten AG stattfinden. |
| Nachteilig ist, dass es nicht zu einer mündlichen Hauptverhandlung kommt. Denn dann ist der Tatrichter bei seiner Entscheidung auf deren Ergebnis beschränkt (§ 261 StPO). Im Beschlussverfahren kann er hingegen den gesamten Akteninhalt (gegen den Betroffenen) verwenden. Praxistipp | Auch dem Rechtsbeschwerdegericht steht im Rechtsbeschwerdeverfahren (s. Checkliste 3) der gesamte Akteninhalt für seine Entscheidung offen (KG 8.9.22, 3 Ws (B) 209/22, zfs 22, 649; OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 02, 219; OLG Hamm, 5.1.16, 4 RBs 320/15). |
| Grds. gilt, dass im Beschluss keine höhere Geldbuße und auch keine Nebenfolge festgesetzt werden darf, die nicht bereits im Bußgeldbescheid angeordnet war (Göhler/Seitz/Bauer, OWiG 19. Aufl., § 72 Rn. 56). Es darf also z. B. im Beschluss kein Fahrverbot verhängt werden, wenn dieses nicht schon Gegenstand des Bußgeldbescheids war. |
| Der Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot eröffnet die Rechtsbeschwerde (vgl. Checkliste 3). Es ist dann § 79 Abs. 1 S, 1 Nr. 5 OWiG entsprechend anzuwenden und zu argumentieren, dass dieses (Beschluss-)Verfahren nicht vom Einverständnis des Betroffenen gedeckt war (Göhler/Seitz/Bauer, a. a. O., § 72 Rn. 76). |
| Ja, das ist möglich. Der Begriff „Entscheidung“ in § 72 Abs. 3 S. 2 OWiG meint nur die Rechtsfolgenentscheidung. Das bedeutet, dass das AG z. B. im Beschluss von einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen kann, während die Verwaltungsbehörde im Bußgeldbescheid nur eine fahrlässige angenommen hat (Göhler/Seitz/ Bauer, a. a. O., § 72 Rn. 59). |
| Doch, dann kann die Geldbuße erhöht werden. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist eine Gesamtschau der Rechtsfolge vorzunehmen. Diese darf im Vergleich zu einer Gesamtschau der Sanktionen im Bußgeldbescheid keine nachteilige(re) Folge für den Betroffenen erkennen lassen (BGHSt 24, 11 = NJW 71, 666; BayObLG NJW 80, 849; OLG Hamm VRS 50, 50; OLG Stuttgart VRS 66, 467; Göhler/Seitz/Bauer, a. a. O., § 72 Rn 56, 58). Praxistipp | Das gilt auch, wenn ein längeres Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße verkürzt wird. |
| Grds. ist das Beschlussverfahren in allen Fällen zulässig. Allerdings ist Voraussetzung, dass die Sachaufklärungspflicht keine Hauptverhandlung in Anwesenheit des Betroffenen erforderlich macht. Das wäre z. B. der Fall, wenn der Betroffene bestreitet, Fahrer des Pkw zum Vorfallszeitpunkt gewesen zu sein, und deshalb seine Identifizierung anhand eines Lichtbilds erforderlich ist. I. d. R. wird sich das Beschlussverfahren daher nur anbieten, wenn es um eine Rechtsfrage oder um die Rechtsfolgen geht (Einzelheiten bei Burhoff/Krenberger, OWi, Rn. 441 ff.; vgl. auch OLG Celle NJW 07, 2505). |
| Nein. Das Beschlussverfahren kann auch vom Verteidiger angeregt werden. Das bietet sich vor allem an, wenn über das Verschlechterungsverbot die Rechtsfolgen des Bußgeldbescheids „festgeschrieben“ werden sollen und er bzw. der Mandant sich ggf. eine weite Anreise zu einem entfernteren AG ersparen will. |
| Ja, beides ist nach h. M. möglich (vgl. OLG Brandenburg 25.7.19, (1 B) 53 Ss-OWi 99/19 (139/19); OLG Karlsruhe VRS 58, 263; Göhler,/Seit/Bauer § 72 Rn. 27 m. w. N.; Burhoff/Krenberger, OWi, Rn. 443; a. A. für die Durchführung des Beschlussverfahrens nach ausgesetzter Hauptverhandlung OLG Hamm VRS 57, 50). |
| Ja, nach Nr. 5115 Anm. 1 Ziff. 5 VV RVG entsteht für den Verteidiger die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG, wenn das AG nach § 72 OWiG im Beschlusswege entscheidet (wegen der Einzelh. Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 7. Aufl., 2025, Nr. 5115 VV Rn. 47 ff.). Praxistipp | Nach der Rechtsprechung gilt das auch, wenn nach einer bereits durchgeführten Hauptverhandlung noch ins Beschlussverfahren übergegangen wird (LG Cottbus zfs 07, 529; AG Dessau Köln AGS 07, 621). |
Checkliste 2 / Verfahren, insbesondere Widerspruch | |
Frage | Antwort |
| Neben der allgemeinen Geeignetheit (vgl. dazu Checkliste 1) ist Voraussetzung, dass keiner der Widerspruchsberechtigten (vgl. Frage 2) der Entscheidung im Beschlussverfahren widersprochen hat (vgl. Frage 7 ff.). Praxistipp | Das Beschlussverfahren ist außerdem nur zulässig, wenn der Betroffene auf die beabsichtigte Verfahrensweise zuvor hingewiesen worden ist (§ 72 Abs. 1 S. 2 OWiG; vgl. Frage 4 ff.). Der Hinweis ist nach § 72 Abs. 1 S. 3 OWiG allerdings entbehrlich, wenn der Amtsrichter den Betroffenen freisprechen will. Nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 OWiG hat der Hinweis verjährungsunterbrechende Wirkung (s. a. OLG Celle 6.3.20, 2 Ss (OWi) 70/20). |
| Widerspruchsberechtigt sind:
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| Können sich Betroffener und Verteidiger nicht einigen, geht der Widerspruch bzw. die Meinung des Betroffenen vor (BayObLG VRS 68, 469). |
| Aus dem Hinweis an den Widerspruchsberechtigten muss sich eindeutig ergeben, dass ohne mündliche Hauptverhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden werden soll. Zudem muss erläutert werden, dass die Möglichkeit des Widerspruchs besteht, der innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung des Hinweises erklärt werden muss. Praxistipp | Der Hinweis muss (dem Betroffenen) nach § 72 Abs. 1 S. 2 OWiG förmlich zugestellt werden (Göhler/Seitz/Bauer, a. a. O., § 72 Rn. 41; OLG Köln NZV 92, 461). Ist der Hinweis nicht zugestellt worden, hat der Betroffene die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG (vgl. dazu Checkliste 3). Ggf. muss der Hinweis wiederholt werden, wenn sich entscheidende Gesichtspunkte zwischen (erster) Hinweiserteilung und Fristablauf geändert haben (BayObLG 17.7.19, 202 ObOWi 1065/19; OLG Düsseldorf 4.10.18, 2 RBs 195/18; OLG Köln 7.12.22, 1 RBs 373/22). |
| Nein, eine kürzere Frist ist unwirksam und gestattet nicht, vorzeitig durch Beschluss zu entscheiden. |
| Ja. Aus dem ausdrücklichen Verweis in § 72 Abs. 1 S. 2 letzter Hs. OWiG auf § 145a Abs. 1, 3 StPO folgt jedoch, dass sich dann eine schriftliche Vollmacht des Verteidigers bei den Akten befinden muss (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, OWi, Rn. 4043 ff.; OLG Köln NZV 92, 461; OLG Zweibrücken VA 08, 118; 09, 68). |
| Ja, auf den Hinweis kann z. B. verzichtet werden, wenn der Betroffene selbst das Beschlussverfahren angeregt oder bei Einlegung des Einspruchs erklärt hat, dem Beschlussverfahren werde nicht widersprochen (Göhler/Seitz/Bauer, § 72 Rn. 32; OLG Brandenburg DAR 16, 469; vgl. auch KG 7.11.23, 3 ORbs 222/23). |
| Nein. Hat der Betroffene bereits im an die Verwaltungsbehörde gerichteten Einspruchsschreiben einer Entscheidung nach § 72 OWiG widersprochen, wird diese Erklärung gegenüber dem AG wirksam (KG 9.12.21, 3 Ws (B) 337/21; OLG Zweibrücken 17.8.18, 1 OWi 2 Ss Bs 55/18). Erklärt das AG in der Folge, durch Beschluss entscheiden zu wollen, bleibt der Widerspruch wirksam (KG 9.12.21, 3 Ws (B) 337/21). |
| Nein, für den Widerspruch ist keine besondere Form erforderlich (vgl. KG 7.11.23, 3 ORbs 222/23, OLG Koblenz NStZ 91, 191). Er kann also schriftlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, mündlich und sogar fernmündlich erklärt werden (OLG Hamm VA 01, 174; OLG Jena VRS 109, 123; OLG Koblenz, a. a. O.). Praxistipp | Dem Umstand, dass der Widerspruch ggf. nicht zur Akte gelangt ist, kommt keine Bedeutung zu, da es nur auf den Eingang des Widerspruchs beim Gericht ankommt (OLG Düsseldorf 15.12.23, IV 4-ORBs 137/23). |
| Ja (zuletzt OLG Zweibrücken 28.5.25, 1 ORbs 4 SsBs 67/24). Ob in einer Äußerung des Betroffenen oder seines Verteidigers ein Widerspruch im Sinne von § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG zu sehen ist, ist unter Berücksichtigung des konkreten Falls, des wirklichen Willens des Betroffenen und der Reichweite seiner abgegebenen Erklärung sowie dem Gebot eines fairen Verfahrens festzustellen. Dabei ist unter mehreren möglichen Erklärungsinhalten der für den Erklärenden günstigste anzunehmen. |
| Widerspruch bejaht:
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Praxistipp | Erklären der Betroffene bzw. sein Verteidiger, dass sie mit dem Beschlussverfahren nur unter einer bestimmten Bedingung einverstanden sind, also dass z. B. kein Fahrverbot verhängt wird, kann nur nach § 72 OWiG entschieden werden, wenn sich das Gericht an die Bedingung hält (dazu OLG Brandenburg 28.2.19, (1 B) 53 Ss-OWi 40/19 (58/19), OLG Hamburg 10.9.18, 2 RB 44/18). Als nicht ausreichend sind hingegen angesehen worden,
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| Nach § 72 Abs. 2 S. 1 OWiG ist der verspätete Widerspruch unbeachtlich. Das AG kann dann im Beschlussverfahren entscheiden. Der Betroffene kann dann aber gem. § 72 Abs. 2 S. 2 OWiG gegen den ergehenden Beschluss innerhalb von einer Woche nach Zustellung des Beschlusses Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Praxistipp | Der Wiedereinsetzungsantrag muss nach § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 45 Abs. 1 StPO beim AG gestellt werden. Der Verteidiger sollte in diesen Fällen auf jeden Fall auch die Rechtsbeschwerde erheben. Wird dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben, ist die Rechtsbeschwerde gegenstandslos (§ 79 Abs. 3 S. 2 OWiG i. V. m. § 342 StPO). Er darf dann aber nicht versäumen, diese auch zu begründen, da die Begründungsfrist während des Wiedereinsetzungsverfahrens weiterläuft. |
| Ja, das ist möglich (u. a. OLG Brandenburg 1.4.16, (1 B) 53 Ss-OWi 16/16 (29/16); OLG Köln VA 13, 211; zur konkludenten Rücknahme OLG Bamberg zfs 16, 170). Damit ist dann der Weg ins Beschlussverfahren eröffnet. Praxistipp | Das Schweigen des Betroffenen auf den entsprechenden Hinweis des AG auf eine beabsichtigte Entscheidung nach § 72 OWiG lässt den einmal erhobenen Widerspruch aber nicht gegenstandslos werden (BayObLG 10.11.20, 201 ObOWi 1369/20; OLG Hamm 13.1.22, III-5 RBs 392/21; OLG Zweibrücken 24.7.18, 1 OWi 2 Ss Bs 54/18). |
| Ja, das ist zulässig. Insoweit gilt § 71 Abs. 2 OWiG. Praxistipp | Das Ergebnis dieser Ermittlungen darf aber nur zulasten des Betroffenen verwendet werden, wenn dem Betroffenen rechtliches Gehör gewährt worden ist (Göhler/Seitz/Bauer, a. a. O., § 72 Rn. 4, 47 ff.; zum rechtlichen Gehör auch KG 7.11.23, 3 ORbs 222/23). |
| Die Beschlussentscheidung kann – wie das Urteil – den Betroffenen verurteilen oder ihn freisprechen. Möglich ist auch die Einstellung des Verfahrens. Es ist darauf zu achten, dass die Einstellung des Verfahrens nach § 47 OWiG nicht unter die Vorschrift des § 72 OWiG fällt (OLG Dresden NZV 06, 447). |
| Die Anforderungen an die Begründung des Beschlusses ergeben sich aus § 72 Abs. 4, 5 OWiG. Sie entsprechen denen bei einem Urteil (BayObLG VA 20, 35; OLG Frankfurt a. M. DAR 15, 149; OLG Hamm 9.5.19, 4 RBs 144/19). |
Praxistipp | Haben sich die Verfahrensbeteiligten mit einer Beschlussentscheidung einverstanden erklärt und auf eine Begründung verzichtet, genügt an deren Stelle gemäß § 72 Abs. 6 S. 1 OWiG grundsätzlich der Hinweis auf den Inhalt des Bußgeldbescheids. Wird indes gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt, sind nach § 72 Abs. 6 S. 3 OWiG die vollständigen Gründe innerhalb von fünf Wochen ab Einlegung der Rechtsbeschwerde zu den Akten zu bringen (OLG Saarbrücken 9.1.25, 1 Ss (OWi) 113/24). | |
| Der Beschluss führt wie ein Urteil zum „Strafklageverbrauch“. Zudem tritt nach § 32 Abs. 2 OWiG das Ruhen der Verjährung ein. |
| Die Verfügung des Gerichts, auf Antrag des Verteidigers ohne Hauptverhandlung zu entscheiden, hat keine verjährungsunterbrechende Wirkung, wenn kein Hinweis im Sinne des § 72 Abs. 1 OWiG ergeht (OLG Naumburg DAR 25, 40). |
Checkliste 3 / Rechtsmittel | |
Frage | Antwort |
| Grds. steht dem Betroffenen nur die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde offen. Deren Zulässigkeit richtet sich nach § 79 OWiG. D. h.: Sie kommt vor allem in Betracht, wenn die gegen den Betroffenen festgesetzte Geldbuße mehr als 250 EUR beträgt bzw. ein Fahrverbot verhängt worden ist. |
| Eine nachteilige Kostenentscheidung ist für den Betroffenen jedenfalls nicht anfechtbar, wenn ihm gegen die Hauptentscheidung kein Rechtsmittel zusteht und er lediglich rügt, dass die Nebenentscheidung gesetzwidrig ergangen sei. In diesem Fall kann die Kostenentscheidung nur mit der Anhörungsrüge angegriffen werden (AG Landstuhl 31.1.22, 2 OWi 4211 Js 3063/21 (2)). |
| Nein, die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG kommt nicht in Betracht. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG spricht ausdrücklich vom „Urteil“ und nicht auch von einem Beschluss (vgl. u. a. KG zfs 23, 469; 24.1.24, 3 ORbs 280/23; OLG Bamberg 10.8.10, 2 Ss OWi 1297/10; OLG Brandenburg 18.2.08, 1 Ss [Owi] 266 B/07; OLG Köln NZV 89, 401). Legt der Betroffene gegen den Beschluss nach § 72 OWiG (sofortige) Beschwerde ein, wird dieses „Rechtsmittel“ in eine Rechtsbeschwerde umgedeutet (OLG Brandenburg NStZ-RR 05, 213). |
| Ja, über die „normalen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 79 Abs. 1 Nr. 1-4 OWiG hinaus ist in Nr. 5 eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für das Beschlussverfahren normiert. Danach ist die Rechtsbeschwerde (auch) zulässig, wenn
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| Will der Betroffene geltend machen, das AG habe seinen Widerspruch übergangen, muss er die Verfahrensrüge erheben. Zur i. S. d. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO ausreichenden Begründung gehört es, dass alle Verfahrensvorgänge in Zusammenhang mit dem Widerspruch vorgetragen werden müssen (vgl. OLG Brandenburg DAR 16, 469; OLG Bremen 4.9.14, 1 SsBs 42/14). Dazu gehört auf jeden Fall, dass vorgetragen wird, wann dem Betroffenen der Hinweis nach § 72 Abs. 1 S. 2 OWiG erteilt worden ist, dass er widersprochen hat und wann der Widerspruch beim AG eingegangen ist (vgl. u. a. OLG Rostock DAR 93, 481). |
| Ja, sie wird entsprechend angewendet auf die Fälle, in denen dem Betroffenen keine bzw. nicht ausreichende Gelegenheit zum Widerspruch gegeben worden ist. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Hinweis gar nicht erteilt wurde (BGHSt 24, 293; 27, 85 87 = NJW 77, 723; OLG Düsseldorf DAR 99, 129). |
| Der Gehörsverstoß ist ebenfalls mit der Verfahrensrüge geltend zu machen. Für die gelten auch die strengen Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. |
AUSGABE: VA 9/2025, S. 164 · ID: 50459942