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SchadensminderungspflichtSinnloses Bemühen um Arbeit ist nicht geschuldet
| So urteilt das OLG Saarbrücken im Fall des bei einem Motorradunfall schwer verletzten Klägers. Der konnte seine Arbeit als Bohrwerkdreher (Bediener einer großen Fräsmaschine) nicht mehr ausüben und begehrte deshalb Ersatz seines Erwerbsschadens. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die DRV bewilligte ihm im September 2019 bis zum Erreichen der Regelaltersrente Ende August 2030 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die BFA hob zudem im Oktober 2019 die Bewilligung von Arbeitslosengeld auf, weil der Kläger nicht mindestens fünf Stunden in der Woche arbeiten konnte. Ab 2021 bestand allerdings wieder eine Leistungsfähigkeit des Klägers für leichtere Tätigkeiten. Das OLG entschied, dass sich der Kläger auch ab diesem Zeitpunkt nicht wieder um Arbeit bemühen musste. Eine Pflicht, insoweit den Schaden (Netto-Verdienst ohne VU abzgl. ersparter Kosten, abzgl. Kranken-, Übergangs- und Arbeitslosengeld sowie Erwerbsminderungsrente) zu mindern, bestehe nur unter folgenden Voraussetzungen:
- Es besteht die Möglichkeit, die Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen.
- Der Betroffene ist auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt trotz der unfallbedingten Beeinträchtigungen vermittelbar.
- Die Bemühungen um eine Arbeitsstelle dürfen nicht von vornherein aussichtslos sein.
Dies konnte das OLG bei dem Kläger nicht annehmen (13.12.24, 3 U 34/24, Abruf-Nr. 249186). Denn dieser war im Jahr 2021 bereits 59,5 Jahre alt. Er hatte seit mehreren Jahren nicht mehr gearbeitet und bezog seit über drei Jahren Rente. Im bisher ausgeübten Beruf war er nicht mehr erwerbsfähig und hinsichtlich Arbeitsschwere und Arbeitsteilung nur noch eingeschränkt verwendbar. Zudem hatte ihm das Arbeitsamt wegen seiner Nichtvermittelbarkeit geraten, einen Rentenantrag zu stellen.
Relevanz für die Praxis
Grundsätzlich muss der durch den Unfall Verletzte gemäß § 254 II BGB seine verbliebene Arbeitskraft – in den Grenzen der Zumutbarkeit und der gegebenen Möglichkeiten – zur Minderung des Schadens einsetzen (BGH NJW 98, 3706; OLG Düsseldorf 28.12.05, I-1 U 149/05).
Wichtig ist, dass die wechselseitigen Darlegungs- und Beweislasten beim Schädiger und Geschädigten beachtet werden (BGH NJW 79, 2142):
- Der Schädiger muss darlegen und beweisen, dass es dem Verletzten nach den gesamten Umständen seiner besonderen Lage möglich und (unter Berücksichtigung seines Alters, seiner Persönlichkeit, seiner Ausbildung und seiner bisherigen Lebensstellung) zumutbar war, eine Arbeit aufzunehmen. Er muss also auch beweisen, dass der Geschädigte auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar ist (BGH NJW 97, 3381).
- Besonderheit: Der Verletzte muss zunächst seiner Darlegungslast genügen. Diese ergibt sich – vorausgesetzt, er ist (teil)arbeitsfähig und auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar – aus seiner Pflicht, sich ernstlich darum zu bemühen, die ihm verbliebene Arbeitskraft nutzbringend zu verwerten, und dem Umstand, dass er seine Fähigkeiten und Neigungen am besten kennt. Deshalb ist der Verletzte verpflichtet, den Schädiger darüber zu unterrichten, welche Arbeitsmöglichkeiten ihm zumutbar und durchführbar erscheinen und was er bereits unternommen hat, um einen angemessenen Arbeitsplatz zu erhalten (BGH NJW 79, 2142; OLG Düsseldorf r+s 03, 37; OLG Köln NZV 00, 293).Verletzter muss Auskunft über Arbeitsmöglichkeit geben
- Erst dann ist es wieder Sache des Schädigers, zu behaupten und zu beweisen, dass der Verletzte entgegen seiner Darstellung in einem konkret bezeichneten Fall ihm zumutbare Arbeit hätte aufnehmen können.
AUSGABE: VA 9/2025, S. 150 · ID: 50455569