Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Mai 2025 abgeschlossen.
HaftungWo allenfalls die Vollkaskoversicherung greift: Der Kinderunfall ohne Schutz des Geschädigten
| Mancher Kunde hat keine Vollkaskoversicherung für sein Fahrzeug abgeschlossen. Das bedeutet bei manchem von einem Kind verursachten Unfall: Hier muss der Kunde selbst zahlen. Und wenn er das nicht kann, schaut die Werkstatt in die Röhre. Damit in diesen Zeiten der guten Auslastung keine Aufträge angenommen werden, die am Ende nichts als Ärger machen, gibt UE hier einen Überblick über die typischen „Gibt nix“-Konstellationen. |
Wenn Kind einen Unfallschaden verursacht – und die Haftung
Die Haftung hängt davon ab, wie alt das Kind zum Unfallzeitpunkt ist.
Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr, also bis zum Alter von sechs Jahren (weil man am Ende des ersten Lebensjahres ein Jahr alt wird, ist das siebte Lebensjahr vollendet, wenn das Kind sieben Jahre alt wird), haften für gar nichts, § 828 Abs. 1 BGB.
In § 828 Abs. 2 BGB ist zusätzlich geregelt, dass Kinder bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres nicht für Unfälle im Straßenverkehr haften. Mit der Erwägung, dass noch nicht einmal Erwachsene immer mit der Unübersichtlichkeit des Straßenverkehrs klarkommen (davon leben nahezu alle Leser der UE!), will der Gesetzgeber Kinder bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres auch insoweit schützen.
Wichtig | Bei einem Unfall im fließenden Verkehr haftet das Kind also auch dann nicht, wenn es den Unfall eindeutig verursacht hat.
Beispiele aus der BGH-Rechtsprechung |
|
Der BGH hat jedoch einschränkend entschieden, dass ein ordnungsgemäß geparktes Auto ein Kind in der Altersgruppe von sieben bis einschl. neun Jahren nicht überfordert. Entsteht daran ein Schaden, z. B. weil das Kind mit dem Kinderfahrrad dagegen fährt → Kind haftet (BGH, Urteile vom 30.11.2004, Az. VI ZR 335/03, Abruf-Nr. 043097 und VI ZR 365/03, Abruf-Nr. 043098).
Eltern haften nicht für ihre Kinder
Auch wenn das berühmte gelbe Baustellenschild mit der Aufschrift „Eltern haften für ihre Kinder“ im kollektiven Gedächtnis ist: Es ist inhaltlich unzutreffend. Eltern haften nämlich nach der Gesetzeslage nicht für ihre Kinder. Allerdings kann es sein, dass sie für eine Nichtbeachtung ihrer Aufsichtspflicht haften, also insoweit für ein eigenes Versäumnis.
Jedoch ist die Gleichung „Das Kind hat einen Unfall verursacht, also haben die Eltern nicht aufgepasst“ zu einfach. Denn ein Kind muss je nach Alter mehr und mehr lernen, auch mal ohne lückenlose Aufsicht auszukommen. Denn sonst wird es immer hilflos bleiben.
Beispiele aus der Rechtsprechung |
|
Wenn ein normal entwickeltes Kind im Alter von sechs Jahren auf dem zum Haus gehörenden Hof und auf dem Gehweg vor dem Haus Fahrrad fährt, muss es nicht ununterbrochen beaufsichtigt werden. Kommt es vom Gehweg ab und auf den Radweg, wo es mit einem anderen Radfahrer kollidiert, haften die Eltern nicht wegen eines Verstoßes gegen deren Aufsichtspflicht (OLG Hamm, Beschluss vom 08.02.2013, Az. 9 U 202/12, Abruf-Nr. 131852). Nicht anders wäre das, wenn es auf die Straße gekommen wäre und dadurch einen Unfall verursacht hätte.
Ein acht Jahre altes Kind darf auf vertrauten Strecken (Schulweg) in verkehrsruhiger Umgebung alleine mit dem Fahrrad unterwegs sein, ohne dass den Eltern deshalb ein Verstoß gegen die elterliche Aufsichtspflicht vorgeworfen werden kann. Kommt es dabei zu einem Unfall, haften weder das Kind noch die Eltern (AG Lippstadt, Urteil vom 08.11.2007, Az. 26 C 454/07, Abruf-Nr. 073556).
Privathaftpflichtversicherung kann Risiko abdecken
Ein verbreitetes Missverständnis ist: Die Eltern sind doch versichert, dafür gibt es doch die Privathaftpflichtversicherung. Die Versicherung haftet nie selbst. Sie muss immer nur für die Haftung des Versicherungsnehmers einstehen. Haftet der nicht, zahlt der Versicherer auch nicht. Allerdings bieten einige Versicherer gegen Aufpreis an, auch für von Kindern verursachte Schäden einzustehen. Das wäre dann der letzte Hoffnungsschimmer.
AUSGABE: UE 5/2025, S. 15 · ID: 50392263