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Fiktive AbrechnungPrüfbericht im Punkt Verweisungswerkstatt nur teils richtig: Darf das Gericht Rosinen picken?
| Dass die Angaben in den Prüfberichten zu den Preisen der Verweisungswerkstatt oft eher der Fantasie als der Realität entstammen, ist nichts Neues. Doch wie ist es, wenn manches stimmt und manches nicht? UE erreichte dazu einer Leserfrage. |
Frage: Nachdem der Geschäftsführer der Verweisungswerkstatt als Zeuge gehört wurde, ist klar: Die Angaben im Prüfbericht zu den Stundenverrechnungssätzen sind korrekt. Die Angabe „keine UPE-Aufschläge“ hingegen stimmt nur, wenn der in den Vorgang involvierte Versicherer betroffen ist. Das ist also eine Sondervereinbarung mit ihm. In jedem anderen Fall werden die UPE-Aufschläge berechnet. Ist der Prüfbericht damit ganz vom Tisch oder kann der Versicherer mithilfe des Gerichts Rosinen picken?
Antwort: Auch wenn Sie danach nicht gefragt haben, ist es von Bedeutung, ob die Stundenverrechnungssätze von „damals“, also aus der Zeit der Erstellung des Prüfberichts stammen oder von „heute“, also dem Zeitpunkt der Verhandlung bei Gericht. Eine zwischenzeitliche Preiserhöhung wirkt in der Regel zulasten des Versicherers (BGH, Urteil vom 18.02.2020 , Az. VI ZR 115/19, Abruf-Nr. 215406). Ob der Prüfbericht im Hinblick auf das Richtige darin zu halten ist oder ob er vollständig verworfen gehört, ist eine offene Frage.
Verwerfung des Prüfberichts durch einzelne Gerichte
Einzelne Gerichte verwerfen den Prüfbericht völlig (AG Bad Neustadt an der Saale, Urteil vom 13.11.2024, Az. 1 C 32/23, Abruf-Nr. 238611, eingesandt von Rechtsanwalt Gernot Spies, Münnerstadt).
Verweisung kann lt. BGH nachgeholt werden – Korrektur vermutlich auch
Der BGH hat vor vielen Jahren entschieden: Wenn der Versicherer vorgerichtlich gar keine Verweisung auf eine andere Werkstatt vorgenommen hat, kann er das noch im Verlauf des Rechtsstreits um die korrekte Abrechnung nachholen (BGH, Urteil vom 14.05.2013, Az. VI ZR 320/12, Abruf-Nr. 131855). Es spricht auf dieser Grundlage einiges dafür, dass der BGH sagen würde: Wenn selbst eine nachgeschobene Verweisung ausreicht, wird wohl auch eine korrigierte Verweisung mit korrigierten Preisangaben ausreichen.
Lediglich die immer etwas dünne Grundlage „Treu und Glauben“ könnte eine andere Sicht tragen. Denn die Korrekturmöglichkeit könnte eine Strategie des Versicherers fördern, irgendwelche Konditionen zu behaupten, um scheibchenweise „zuzugeben“, was als unwahr enttarnt ist. Dass manche Versicherer bewusst unwahr vortragen, ist mehr als wahrscheinlich. Ein solcher versuchter Prozessbetrug sollte nicht mit Nachsicht belohnt werden. Es bleibt nichts, als eine BGH-Entscheidung dazu abzuwarten und bis dahin den Gerichten das legendäre Urteil des AG Berlin-Mitte vom 28.08.2012 (Az. 111 C 3172/10, Abruf-Nr. 122752) vorzulegen.
AUSGABE: UE 5/2025, S. 14 · ID: 50392492