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ReparaturkostenRegresse des Versicherers gegen Werkstatt: Wann ist die Werkstatt regresssicher aufgestellt?

Abo-Inhalt24.02.20253720 Min. Lesedauer

| Kein Einzelfall mehr: Die anwaltliche Vertretung des Geschädigten setzt die Erstattung der Reparaturkosten in voller Höhe durch. Anschließend meldet sich der Versicherer bei der Werkstatt und verlangt Teile des Werklohns als angeblich überhöht zurück. Nachdem das lange Zeit vor allem ein Versicherer aus Münster so machte, fallen nun weitere und auch ein sehr großer Versicherer damit auf. UE erklärt, welches Kraut dagegen gewachsen ist. |

Wer betrügerisch abrechnet, trägt ein hohes Risiko

Gegen ein Verhaltensmuster einiger weniger Werkstätten ist gar kein Kraut gewachsen: Wer Arbeiten berechnet, die nicht durchgeführt wurden, trägt ein hohes Risiko, im Regress zurückzahlen zu müssen. Es liegt auf der Hand, dass nicht berechnet werden darf, was nicht gemacht wurde. Der Täter gibt die Beute zurück. Und durchaus droht auch die strafrechtliche Keule.

Wichtig | Dabei geht es um Arbeitsschritte, die gar nicht gemacht wurden. Was der Subunternehmer, z. B. der Lackierer, gemacht hat, darf der Hauptunternehmer sehr wohl berechnen. Denn im Verhältnis zum Geschädigten rechnet der Hauptunternehmer alles ab, was in der Kette der Beteiligten erledigt wurde. In der Kette der Beteiligten wird untereinander abgerechnet.

Hauptunternehmer muss Arbeit des Subunternehmers kontrollieren

Ehrlichkeit in der Abrechnung ist der sicherste Schutz. Doch leider ist das manchmal anders. Ein Fall aus der Regresspraxis: Die Heckklappe eines Fahrzeugs mit Schrägheck muss an der Unterkante instand gesetzt werden. Im Schadengutachten ist die vollständige Lackierung vorgesehen, Scheibe raus, Scheibe rein, Klebesatz. Instand gesetzt und mit Scheibe geht die Klappe zum Lackierer. In dessen Rechnung an den Hauptunternehmer steht sinngemäß „Scheibe war raus, ist wieder drin, Klebesatz, Klappe ist vollständig lackiert“. Im Regress stellt sich heraus: Die Scheibe war nie draußen, lackiert ist nur der Bereich unten. Der Hauptunternehmer meint, das sei nicht seine Verantwortung, er hätte geglaubt, der Lackierer habe so gearbeitet wie berechnet. Wirklich? Oder hat er es nur glauben wollen, um auch seine Marge auf die nicht erledigten Arbeiten berechnen zu können? Hier ist mehr Sensibilität und Vorsicht geboten.

Wer einfach nur Gutachten zur Rechnung umschreibt, lebt gefährlich

Noch krasser sind manchmal die Fälle, bei denen die Unfallschadenbeseitigung und die Lackierung auswärts erledigt werden. Wer da als Hauptunternehmer nur das Gutachten zur Rechnung umschreibt, lebt gefährlich. Das gilt jedenfalls für die Bereiche, die leicht zu kontrollieren sind. Taucht dann „Heckblech erneuert“ in der Rechnung auf, obwohl es nur – und sei es noch so perfekt – instand gesetzt wurde, sind rechtliche Folgen, die nicht nur „Rückzahlung“ heißen, nicht ausgeschlossen. Es genügt eben nicht, dass nur die Rechnung mit dem Gutachten übereinstimmt, wenn die Reparatur „kreativer“ war.

Das wirksame Kraut gegen alle „zu teuer“-Einwendungen

UE hat bereits in der Ausgabe 3/2024 darauf hingewiesen, aber offenbar haben die wenigsten Werkstätten das bisher umgesetzt: Die Vereinbarung der Preise für die Nebenpositionen ist der sichere Schutz vor dem „zu teuer“-Argument. Denn der Versicherer kann ja nur das zurückfordern, was der Kunde auch zurückfordern könnte. Wenn der aber z. B. die Höhe der Verbringungskosten mit der Werkstatt vereinbart hat, kann er im Nachhinein nicht „zu teuer“ behaupten. Denn nach § 632 Abs. 2 BGB geht die Vereinbarung der Üblichkeit vor.

Werkstatt sollte Preisbestandteile direkt im Auftrag vereinbaren

Wie saubere Vorbereitung durch die Werkstatt hilft, zeigt ein Urteil des AG Cham. Die Werkstatt vereinbarte ihre Preisbestandteile nämlich direkt im Auftrag und nicht nur auf dem Umweg über den Aushang. Das sah so aus:

Unfallschaden nach den Vorgaben des Schadengutachters reparieren

Preisbestandteile:

Stundenverrechnungssatz Karosserie inkl. MwSt.

153,51 Euro

Stundenverrechnungssatz Lackierung inkl. MwSt.

165,41 Euro

Lackmaterialzuschlag

45 Prozent

Ersatzteilaufschlag

15 Prozent

Verbringung zum Lackierer inkl. MwSt.

216,50 Euro

Verbringung zum Assistenten einstellen inkl. MwSt.

197,50 Euro

Probefahrt nach Zeitaufwand nach jeweiligem Stundenverrechnungssatz

Reinigungskosten nach Zeitaufwand mit jeweiligen Stundenverrechnungssatz

Standkosten im Freien täglich inkl. MwSt.

17,85 Euro

Standkosten in der Halle täglich inkl. MwSt.

25,70 Euro

Das AG stellte fest, dass alle vom Versicherer als überflüssig beanstandeten Arbeiten im Schadengutachten enthalten waren und dass es wegen der klaren Preisvereinbarungen auf die Üblichkeit der Preise nicht ankomme. Der Versicherer könne im Wege des Regresses nur solche Einwendungen gegen die Rechnung der Werkstatt erheben, die auch dem Auftraggeber zustanden. Angesichts des eindeutigen Auftrags habe der aber nichts zurückverlangen können (AG Cham, Urteil vom 03.01.2024, Az. 8 C 615/23, Abruf-Nr. 239809).

Bei der Preisvereinbarung keinesfalls die Preise nach oben treiben

Wenn Sie nun die Preise, die Sie bisher im Rahmen der Üblichkeit berechnen, nach diesem Vorbild vereinbaren, dann widerstehen Sie dabei unbedingt der Versuchung, bei der Gelegenheit die Preise nach oben zu treiben. Denn wenn die vereinbarten Preise deutlich über den üblichen liegen, stellt sich schadenrechtlich eine neue Frage: Muss derjenige, der weiß, dass seine Preise deutlich über dem Üblichen liegen und folglich zu über das Normalmaß hinausgehendem Widerstand der Versicherer führen werden, diesen Umstand dem Kunden offenlegen? Unter eng begrenzten Umständen ja (BGH, Urteil vom 24.10.2007, Az. XII ZR 155/05, Abruf-Nr. 080010).

AUSGABE: UE 3/2025, S. 7 · ID: 50330810

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