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Haushaltsnahe Dienstleistungen§ 35a EStG: Neue Musterprozesse zu Kosten der Müllabfuhr und eigenem Hausnotrufsystem
| Beim BFH sind zwei neue Musterprozesse zum Abzug von Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a EStG anhängig. Konkret geht es um Aufwendungen für die Nutzung eines Hausnotrufsystems in der eigenen Wohnung und die Frage, inwieweit Kosten der Müllabfuhr ein Fall für § 35a EStG sind. |
Hausnotrufsystem in der eigenen Wohnung
Für Senioren, die in betreuten Wohnanlagen leben, hat die Rechtsprechung geklärt, dass die Kosten für ein Notrufsystem eine haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a EStG darstellen (BFH, Urteil vom 03.09.2015, Az. VI R 18/14, Abruf-Nr. 183315). Für ein Hausnotrufsystem außerhalb des „betreuten Wohnens” galt das dagegen nicht (OFD NRW, Kurzinfo ESt 23/2016 vom 25.11.2016, Abruf-Nr. 191139). Das FG Sachsen (Urteil vom 14.10.2020, Az. 2 K 323/20, Abruf-Nr. 219489) und das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 11.06.2021, Az. 5 K 2380/19, Abruf-Nr. 223260) haben die Finanzverwaltung aber mittlerweile überstimmt.
Wichtig | Die Finanzverwaltung will aber nicht klein beigeben. Sie hat in beiden Fällen Revision beim BFH eingelegt (Az. VI R 7/21 und VI R 14/21).
Sind Kosten der Müllabfuhr ein Fall für § 35a EStG?
Vom FG Münster stammt eine Entscheidung zu der Frage, ob auch für Müllgebühren und Schmutzwasserbeseitigungskosten die Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch genommen werden kann. Das FG hat das verneint: „Haushaltsnahe“ Leistungen seien solche, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung haben bzw. damit im Zusammenhang stehen. Es handele sich um Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt würden und in regelmäßigen Abständen anfallen. Müllentsorgung und Schmutzwasserableitung seien keine typischen hauswirtschaftlichen Arbeiten. Abgaben, die Gemeinden dafür erhebten, deckten gerade nicht Leistungen, die ein Steuerzahler auf seinem Grundstück erbringe (z. B. Sortieren des Mülls) ab. Es handele sich um Aufgaben, die typischerweise von den Kommunen übernommen werden.
Die Gesamtleistung „Müllentsorgung“ sei auch dann nicht als haushaltsnahe Dienstleistung zu qualifizieren, wenn ein (untergeordneter) Bestandteil im Haushalt beginne, der Hauptteil der Dienstleistung aber gerade außerhalb des räumlich-funktionalen Bereichs erbracht werde. Gleiches gelte für die Gebühren zur Entsorgung des Schmutzwassers (FG Münster, Urteil vom 24.02.2022, Az. 6 K 1946/21 E, Abruf-Nr. 228467).
Praxistipp | Hier ist die Revision beim BFH unter dem Az. VI R 8/22 anhängig. Wenn Sie also Müllgebühren steuerlich absetzen wollen, müssen Sie diese in der Steuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistung angeben, gegen die Ablehnung Einspruch einlegen und auf dem Musterprozess beim BFH verweisen. |
AUSGABE: SSP 7/2022, S. 9 · ID: 48410489