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EinkommensteuerKosten der Strafverteidigung: Das sagt der BFH zum Abzug als Werbungskosten

Abo-Inhalt20.05.20225863 Min. Lesedauer

| Wer sich strafrechtlichen Ermittlungen oder gar einer Anklage gegenübersieht, hat nicht nur damit zu tun, seine Unschuld zu belegen. Er muss in dem Zusammenhang auch enorme finanzielle Aufwendungen tätigen. Hier stellt sich beinahe zwangsläufig die Frage, ob man den Fiskus an diesen Kosten beteiligen kann. Eine aktuelle BFH-Entscheidung zum Abzug von Kosten der Strafverteidigung gibt Anlass, auf das Thema etwas grundsätzlicher einzugehen. |

Der Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten

Kosten der Strafverteidigung sind grundsätzlich Privatsache. Denn es liegt im eigenen Interesse, strafrechtlich nicht verurteilt zu werden. Insoweit gilt das umfassende Abzugsverbot für Privataufwendungen nach § 12 Nr. 1 EStG.

Ein Abzug in Form von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten kann trotzdem in Betracht kommen. Nämlich dann, wenn der zugrunde liegende strafrechtliche Vorwurf durch die berufliche Tätigkeit des Steuerzahlers veranlasst worden ist. Das hat der BFH aktuell noch einmal bestätigt (BFH, Beschluss vom 31.03.2022, Az. VI B 88/21, Abruf-Nr. 229263).

Es reicht nicht, wenn die berufliche Tätigkeit dem Steuerzahler nur die Gelegenheit verschafft, die Straftat zu begehen (BFH, Beschluss vom 13.12.2016, Az. VIII R 43/14, Abruf-Nr. 192387). Selbst wenn die Tat beruflich veranlasst ist, ist der Kostenabzug ausgeschlossen, wenn ein privater Veranlassungszusammenhang die Tat überlagert. Davon ist etwa auszugehen, wenn sich der Steuerzahler durch die Tat persönlich bereichern will.

Von der Rechtsprechung entschiedene Fälle

  • Hinterzieht ein angestellter (faktischer) Geschäftsführer Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, um Arbeitsentgelte schwarz auszuzahlen, liegt eine berufliche Veranlassung vor (BFH, Beschluss vom 31.03.2022, Az. VI B 88/21, Abruf-Nr. 229263).
  • Bestiehlt eine selbstständige Altenpflegerin Patienten, handelt es sich um eine Tat „bei Gelegenheit“ (ohne berufliche Veranlassung). Die Kosten der Strafverteidigung sind nicht abziehbar (BFH, Urteil vom 12.06.2002, Az. XI R 35/01).
  • „Schönt“ ein Arbeitnehmer seine Steuererklärung, stellt die Strafverteidigung gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung Privataufwand dar, auch wenn die Verteidigung zusätzlich auf die Abwehr arbeitsrechtlicher Konsequenzen abzielt (FG Hamburg, Urteil vom 17.12.2010, Az. 6 K 126/10).
  • Für Kosten der Verteidigung gegen Delikte im Zusammenhang mit Bestechung gilt stets das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG (BFH, Urteil 14.05.2014, Az. X R 23/12, Abruf-Nr. 142419).

Wichtig | Ist der berufliche Zusammenhang gegeben und eine Abzugsfähigkeit dem Grunde nach zu bejahen, sind auch Honorare aus einer Vergütungsvereinbarung – selbst bei einer Verurteilung – absetzbar. Denn im Bereich der Betriebsausgaben und Werbungskosten gibt es generell keine Angemessenheitskontrolle für Aufwendungen.

In der Regel wird jedoch bei den Kosten der Strafverteidigung von Privataufwendungen auszugehen sein. So hatte das FG Münster einen Fall zu beurteilen, in dem einem Betreuer vorgeworfen wurde, zu zwei hilfsbedürftigen Personen sexuelle Kontakte aufgenommen zu haben. Ein Bezug zum Pflichtenkreis des Berufs eines Betreuers ist hier ausgeschlossen. In Ermangelung der Bestimmbarkeit der privaten und beruflichen Veranlassungsanteile sind dann vollumfänglich private Aufwendungen anzunehmen (FG Münster, Urteil vom 20.11.2018, Az. 15 K 655/16 E, Abruf-Nr. 211087).

Der Abzug als außergewöhnliche Belastungen

In Fällen wie dem beim FG Münster kommt maximal ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen in Betracht. Der setzt aber voraus, dass sich der Steuerzahler den Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte, die Aufwendungen den Umständen nach notwendig waren und einen angemessenen Betrag nicht überstiegen. Das hat die Rechtsprechung fast immer verneint.

  • War die Verteidigung erfolgreich (Freispruch), fallen die notwendigen Kosten der Strafverteidigung der Staatskasse zur Last. Hat der Steuerzahler mit den Verteidigern ein Honorar vereinbart, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt, sind diese vom Abzug ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 18.10.2007, Az. VI R 42/04, Abruf-Nr. 073805; FG Münster, Urteil vom 20.11.2018, Az. 15 K 655/16 E, Abruf-Nr. 211087).
  • War die Verteidigung nicht erfolgreich (und wird der Steuerzahler verurteilt), wären die Kosten vermeidbar gewesen, indem sich der Steuerzahler nicht strafbar gemacht hätte. Die Aufwendungen sind nicht nach § 33 EStG absetzbar (z. B. BFH, Urteil vom 16.04.2013, Az. IX R 5/12, Abruf-Nr. 132841).
  • Nicht absetzbar sind Strafverteidigungskosten, die man tragen muss, weil man der Einstellung eines Verfahrens gemäß § 153a StPO (freiwillig) zustimmt (BFH, Beschluss vom 13.12.2016, Az. VIII R 43/14, Abruf-Nr. 192387). Gleiches dürfte für eine Einstellung nach § 153 StPO (wegen Geringfügigkeit) gelten. Nach § 33 EStG abzugsfähig bleibt damit allenfalls die gesetzliche Vergütung des Verteidigers, wenn das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wird.

Der Abzug von Geldstrafen

In jedem Fall ausgeschlossen ist im Falle der Verurteilung der steuerliche Abzug von Geldstrafen oder -bußen. Das gilt selbst dann, wenn die Kosten der Verteidigung Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

AUSGABE: SSP 7/2022, S. 20 · ID: 48350633

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