FeedbackAbschluss-Umfrage

EinkommensteuerDer Abzug von Unterhaltsleistungen an Ange-hörige: BMF setzt neue Akzente

Abo-Inhalt20.06.20225859 Min. LesedauerVon Diplom-Finanzwirt (FH) Michael Heine, LL.M., Stauchitz

| Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen können Sie bis zu einem Höchstbetrag steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG abziehen. Zwei neue Schreiben aus dem BMF haben dem Abzugsthema neuen Drive verliehen, eine Anhebung des Höchstbetrags im „Steuerentlastungsgesetz 2022“ ist dagegen leider ausgeblieben. SSP zeigt, wie Sie Unterhaltsleistungen an Angehörige trotzdem steuerlich optimieren. |

Das Kriterium „Gesetzlich unterhaltsberechtigte Person“

Ein Abzugskriterium ist, dass die Unterhaltsleistungen gegenüber einer „gesetzlich unterhaltsberechtigten Person“ erbracht werden. Das sind (BMF, Schreiben vom 06.04.2022, Az. IV C 8 – S 2285/19/10002 :001, Abruf-Nr. 228564 und Az. IV C 8 – S 2285/19/10003 :001, Abruf-Nr. 228750):

  • Verwandte in gerader Linie (z. B. Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern)
  • Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
  • Geschiedene Ehegatten und Lebenspartner
  • Mutter bzw. Vater eines nichtehelichen Kindes gegenüber dem anderen Elternteil.

Der (leider unveränderte) Höchstbetrag

Gehört die unterhaltsberechtigte Person zu Ihrem Haushalt, geht das Finanzamt regelmäßig davon aus, dass Ihnen Unterhaltsaufwendungen in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrags erwachsen. Für das Kalenderjahr 2022 beträgt der (ungekürzte) Höchstbetrag auch nach dem „Steuerentlastungsgesetz 2022“ 9.984 Euro (und nicht etwa wie der neue Grundfreibetrag 10.347 Euro). Der Nachweis des tatsächlichen Anteils der Unterhaltsaufwendungen ist dann entbehrlich.

Beispiel

Der 26-jährige Sohn des A ist als Student an der örtlichen Universität eingeschrieben und wohnt ohne eigene Einkünfte im Haushalt seiner Eltern.

Folge: Ein Anspruch des A auf einen Kinderfreibetrag ist aufgrund des Alters des Sohnes in der Regel ausgeschlossen. A kann in 2022 grundsätzlich Unterhalt gemäß § 33a Abs. 1 EStG in Höhe von 9.984 Euro steuermindernd abziehen – unabhängig von der Höhe der tatsächlichen (monetären) Unterstützung des Sohnes.

Auswärtige Unterbringung

Streitig waren bisher Fälle der auswärtigen Unterbringung des Kindes während Ausbildungs- und Studienzeiten. Wegen der räumlichen Trennung des Kindes vom Haushalt der Eltern wurde die vorgenannte Fiktion des Unterhalts nicht angewendet. Unterhaltsleistungen wurden nur in der durch Zahlungsbelege nachgewiesenen Höhe anerkannt. Mit dem überarbeiteten BMF-Schreiben erkennt die Verwaltung an, dass die Zugehörigkeit des unterhaltsberechtigten Kindes zum Haushalt der Eltern in der Regel nicht aufgehoben wird.

Beispiel

A wohnt mit seiner Ehefrau in Dresden. Der 26-jährige Sohn der Eheleute studiert in Würzburg und hat keine eigenen Einkünfte. Der Sohn wohnt in einem Würzburger Studentenwohnheim und hält sich im Haushalt der Eltern einmal im Monat sowie in den Semesterferien zu Besuchszwecken auf. Der Sohn gehört weiter zum Haushalt der Eheleute. A kann unterstellte Unterhaltsaufwendungen in Höhe von 9.984 Euro berücksichtigen.

Wichtig | Besondere Umstände können darauf schließen lassen, dass das unterhaltsberechtigte Kind dauerhaft vom Haushalt der Eltern getrennt lebt (z. B. wenn ein verheiratetes Kind mit seinem Ehegatten eine eigene Wohnung bezogen hat). Unterhaltsleistungen der Eltern müssen in diesem Fall einzeln nachgewiesen werden.

Abzuziehende Einnahmen der unterhaltenen Person

Der Abzug des Unterhalts wird nur gewährt, wenn der Empfänger der Zahlungen bedürftig ist und sich nicht aus dem eigenen Einkommen und Vermögen versorgen kann. Eigene Einkünfte und Bezüge mindern daher den Höchstbetrag des abzugsfähigen Unterhalts, soweit diese den „anrechnungsfreien“ Betrag von 624 Euro übersteigen. Anrechenbare Einkünfte im Sinne des § 33a Abs. 1 EStG sind alle steuerlichen Einkünfte. Bezüge sind alle Einnahmen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerlichen Ermittlung der Einkünfte erfasst werden, z. B. das steuerfreie Elterngeld.

Wichtig | Auch Kapitalerträge, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben und daher in der Steuererklärung nicht angegeben werden müssen, sind als Bezüge zu erfassen, die den Unterhaltshöchstbetrag mindern.

Beispiel

A unterhält seine alleinstehende im Inland lebende Mutter in 2022 mit insgesamt 6.000 Euro. Die Mutter bezieht ganzjährig eine monatliche Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 400 Euro (Besteuerungsanteil 50 Prozent unterstellt). Außerdem hat sie in 2022 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 800 Euro, die der Kapitalertragsteuer unterlegen haben.

A kann von dem gezahlten Unterhalt in Höhe von 6.000 Euro an die Mutter den Teilbetrag von 5.290 Euro steuerlich als außergewöhnliche Belastung abziehen.

Wichtig | Ist die unterhaltene Person erwerbstätig, muss für den Veranlagungszeitraum 2022 auch die Energiepreispauschale von 300 Euro als Teil der anzurechnenden Einkünfte in die Berechnung des Höchstbetrags einbezogen werden. Denn die Energiepreispauschale gehört bei Arbeitnehmern zu den Einnahmen i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG und bei Selbstständigen zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG.

Unterhalt an Personen im Ausland

Für den steuerlichen Abzug von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Personen gelten sowohl im Hinblick auf die Höhe des geleisteten Unterhalts als auch für die Unterhaltsbedürftigkeit des Empfängers der Zahlungen erhöhte Nachweis- und Dokumentationserfordernisse.

Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit

Zum Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit sind zwingend die Angaben auf der zweisprachigen Unterhaltserklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der im Ausland lebenden unterstützten Person erforderlich. Die Einnahmen der unterhaltenen Person sind durch geeignete Unterlagen (z. B. Steuer- und Rentenbescheide) nachzuweisen. Ist eine Unterhaltserklärung als Nachweis für die Bedürftigkeit der unterhaltenen Person nur unvollständig ausgefüllt, werden die Unterhaltszahlungen mangels Bedürftigkeit nicht berücksichtigt.

Unterstützung von Personen im erwerbsfähigen Alter

Bei Personen im erwerbsfähigen Alter ist davon auszugehen, dass sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen (sog. Erwerbsobliegenheit).

Für im Ausland lebende Personen im erwerbsfähigen Alter sind daher Unterhaltsaufwendungen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft darf nicht gefordert werden, wenn die unterhaltene Person aus gewichtigen Gründen keiner oder nur in geringem Umfang einer Beschäftigung gegen Entgelt nachgehen kann. Gewichtige Gründe sind u. a. das Alter, der schlechte Gesundheitszustand, die Betreuung von Kindern unter sechs Jahren und die Pflege von Angehörigen mit Behinderungen durch die unterhaltene Person.

Wichtig | Die Erwerbsobliegenheit entfällt erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze, die sich nach den Vorschriften des deutschen Sozialrechts richtet. Dies hat der BFH mit Urteil vom 15.04.2015 (Az. VI R 5/14, Abruf-Nr. 179985) bestätigt. Bei Unterhaltszahlungen an Personen in Staaten mit einer gegenüber dem Inland deutlich verminderten Lebenserwartung ist diese Rechtslage mitunter unbefriedigend. Insoweit kann die Unterhaltsbedürftigkeit in der Regel nur durch den Nachweis eines Gesundheitszustandes, der die Erwerbsarbeit nicht mehr zulässt, belegt werden.

Nachweis von Aufwendungen für den Unterhalt

Überweisungen sind durch Post- oder Bankbelege (Buchungsbelege oder Kontoauszüge) nachzuweisen, die die unterhaltene Person als Empfänger ausweisen. Werden mehrere Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, unterhalten, so genügt ein Überweisungsbeleg auf den Namen einer dieser Personen.

Bei Zahlung des Unterhalts mit Bargeld sind erhöhte Beweisanforderungen zu erfüllen. Abhebungsnachweise und Empfängerbestätigungen sind erforderlich. Eine Empfängerbestätigung muss für die Übergabe jedes einzelnen Geldbetrags ausgestellt werden. Sie muss insbesondere vom Geldempfänger unterschrieben werden, sowie den Ort und den Zeitpunkt der Geldübergabe enthalten. Nachträglich ausgestellte oder zusammengefasste Empfänger-bestätigungen werden nicht anerkannt. Die Abhebung und die jeweilige Geldübergabe müssen innerhalb von höchstens zwei Wochen erfolgen.

Wichtig | Die strengen Nachweisanforderungen gelten sowohl für den Unterhalt an im Ausland lebende Personen als auch für den Inlandsunterhalt. Für unterhaltsberechtigte Personen, die zu Ihrem Haushalt gehören, müssen keine Nachweise erbracht werden. Insoweit gilt die gesetzliche Vermutung von erbrachten Unterhaltsleistungen mit dem Höchstbetrag.

Unterstützung durch mehrere Personen

Wird der Unterhalt für eine Person von mehreren Steuerzahlern geleistet, wird bei jedem der Teil des Höchstbetrags abgezogen, der seinem (gezahlten) Anteil am Gesamtbetrag des Unterhalts entspricht (§ 33a Abs. 1 S. 7 EStG). Unterhaltsbeiträge von Personen ohne gesetzliche Unterhaltspflicht führen nicht zu einer anteiligen Kürzung. Sie sind als andere anzurechnende Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person nach § 33a Abs. 1 S. 5 EStG zu berücksichtigen.

Beispiel

Die Töchter A und B unterstützen ihren im Inland lebenden bedürftigen Vater V im Kalenderjahr 2022 mit 500 Euro bzw. 250 Euro monatlich. Zudem wird V von seinem Neffen N mit 250 Euro monatlich unterstützt.

Folge: Die Unterhaltszahlungen des Neffen N sind mangels gesetzlicher Unterhaltspflicht nicht abziehbar nach § 33a Abs. 1 EStG. Der Unterhalt des N wirkt jedoch auch auf den Abzug der Unterhaltszahlungen von A und B. Der gesamte Abzug ist auf den (einmaligen) Höchstbetrag von 9.984 Euro beschränkt.

Bei den beiden Töchtern A und B können die Zahlungen an den unterhaltsberechtigten Vater V im Verhältnis ihrer Leistungen (A = 2/3, B = 1/3) bis zum jeweiligen Höchstbetrag abgezogen werden. Der Höchstbetrag entfällt mit (2/3 x 7.788 Euro =) 5.192 Euro auf A. Ihr geleisteter Unterhalt in Höhe von (500 Euro x 12 =) 6.000 Euro ist demnach nur teilweise zu berücksichtigen. Der Höchstbetrag entfällt mit (1/3 x 7.788 Euro =) 2.596 Euro auf B. Ihr geleisteter Unterhalt in Höhe von (250 Euro x 12 =) 3.000 Euro ist demnach nur teilweise abzugsfähig.

Unterhalt an Angehörige in der Ukraine

Nach dem BMF-Schreiben vom 17.03.2022 (Az. IV C 4 – S 2223/19/10003 :013, Abruf-Nr. 228132) werden Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten steuerlich durch Billigkeits- und Vereinfachungsregelungen gewürdigt. Insbesondere für den Spendenabzug werden die Nachweisvoraussetzungen temporär begrenzt. Für den Nachweis des Unterhalts für Angehörige in der Ukraine sieht das Schreiben vom 17.03.2022 keine Vereinfachung vor. Bereits das BMF-Schreiben vom 06.04.2022 (Rz. 4) zum Auslands-Unterhalt zieht aber Beweiserleichterungen in Betracht, wenn amtliche Bescheinigungen wegen einer besonderen Krisensituation im Wohnsitzstaat der unterhaltenen Person nicht beschafft werden können.

Dies kann zum einen Einkommensnachweise der unterhaltenen Person betreffen (z. B. Fehlen aktueller Lohnbescheinigungen und Steuerbescheide). Zum anderen können für Krisenregionen vereinfachte Nachweise zum Gesundheitszustand der unterhaltenen Person anerkannt werden, um die allgemeine Erwerbsobliegenheit als Hindernis auszuschließen.

AUSGABE: SSP 7/2022, S. 15 · ID: 48345928

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2022

Bildrechte