FeedbackAbschluss-Umfrage

Blitzlicht MandatspraxisSorgerechtsübertragung nach Tod eines Elternteils: Das ist zu beachten

Abo-Inhalt22.04.20253647 Min. Lesedauer

| Wenn ein allein sorgeberechtigter Elternteil stirbt, obliegt es dem Familiengericht, dem überlebenden Elternteil das Sorgerecht zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht, § 1680 Abs. 2 BGB. |

Beispiel

Der Kindesvater (V) hatte mit der plötzlich verstorbenen Kindesmutter (M) einen gemeinsamen vierjährigen Sohn S, die beiden Elternteile waren nicht miteinander verheiratet. F hatte das Sorgerecht. Das Familiengericht hat im Eilverfahren dem Jugendamt (JA) das Sorgerecht übertragen. Der V erhält wegen eines Rückenleidens seit Jahren Cannabis, weswegen es noch nie zu Problemen gekommen ist. Der Verfahrensbeistand (VB) meint, wegen des Konsums von Cannabis sei V nicht in der Lage, das Sorgerecht ordnungsgemäß auszuüben. Der S ist derzeit bei den Großeltern mütterlicherseits untergebracht, möchte aber unbedingt zum V. V fragt nach seinen Chancen in einem Sorgerechtsverfahren.

Hatte der verstorbene Elternteil die alleinige elterliche Sorge inne, muss das Familiengericht gem. § 1680 Abs. 2 BGB die elterliche Sorge übertragen, es sei denn, dies würde dem Kindeswohl widersprechen. Dies soll z. B. der Fall sein, wenn die mit der Übertragung verbundenen Veränderungen gerade in der häufig dramatischen Situation des Todes des anderen Elternteils für das Kind zu erheblichen Belastungen führen würde. Dies ist bejaht worden, bei einer Übertragung der elterlichen Sorge auf den leiblichen Vater gegen den Wunsch des Kindes, das mit dem Lebensgefährten der verstorbenen Mutter bereits seit neun Jahren zusammengelebt hat (BayObLG FamRZ 99, 103).

Im Beispiel wollte der S zum V. Allein der Cannabiskonsum kann Anlass geben zu prüfen, ob die Umsiedlung dem Kindeswohl widersprechen könnte. Hier gilt: Übermäßiger Alkoholgenuss oder der gelegentliche Drogenkonsum eines Elternteils sprechen nicht zwingend dagegen, das Sorgerecht auszuüben (Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht, 8. Aufl., § 1 Rn. 254). Dabei sind zwei Wertungsgesichtspunkte bedeutsam: Zum einen hat der Gesetzgeber Cannabiskonsum in bestimmtem Umfang legalisiert, zum anderen erfolgt der Konsum des V aus medizinischen Gründen und ohne irgendwelche Auffälligkeiten. Die Gründe, warum das Gericht im Eilverfahren das Sorgerecht – vielleicht erst einmal – auf das JA übertragen hat, gibt das Beispiel nicht her. Bei sorgfältiger Prüfung und Sachverhaltsklärung mit allen zur Verfügung stehenden Beweismitteln dürfte alles für eine Entscheidung zugunsten des V sprechen.

Lösung

Der Anwalt des V muss das eingeleitete Verfahren betreiben, damit das Sorgerecht auf V übertragen wird. Dabei dürften sich die Bedenken wegen des Cannabiskonsums erforderlichenfalls mithilfe eines Sachverständigengutachtens ausräumen lassen. (St)

AUSGABE: FK 5/2025, S. 77 · ID: 50327970

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte