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BetreuungsrechtErbfall und Vergütung: Das ist bei gesetzlicher Betreuung zu beachten
| Während der Betreuung bestehen Ansprüche auf Vergütung und Aufwendungsersatz, jedoch darf nur Letzterer direkt entnommen werden. Nach dem Erbfall ist der Betreuer gewöhnlicher Nachlassgläubiger, wodurch er auf die Erben oder eine Nachlasspflegschaft angewiesen ist. Eine Selbst-zahlung ist rechtlich problematisch, da die Betreuungsbefugnis mit dem Tod endet, § 1874 BGB. Auch Vollmachten ändern daran wenig. Eigenmächtige Zahlungen bergen Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken, § 266 StGB. |
1. Trennung zwischen Vergütung und Aufwendungsersatz
Gesetzlichen Betreuern steht ein Vergütungsanspruch zu, §§ 1875 ff. BGB. Davon zu unterscheiden ist der Aufwendungsersatz. Hat der Betreuer die Vermögenssorge inne, darf er während der Laufzeit der Betreuung zwar den sich aus dem Gesetz ergebenden Aufwendungsersatz direkt dem Vermögen des Betreuten entnehmen (BayObLG in FamRZ 01, 793), nicht aber den Vergütungsanspruch. Der Vergütungsanspruch muss gerichtlich bewilligt werden. Folgendes Beispiel zeigt ein immer häufiger auftretendes Problem:
Beispiel |
Für den Betreuten B ist eine gesetzliche Betreuung angeordnet. Hieraus entsteht ein Vergütungsanspruch, respektive ein Aufwendungsersatz des Betreuers Bt. B stirbt, bevor die Ansprüche ausgeglichen sind. Für den Bt ist fraglich, ob er sich selbst die maßgeblichen Gelder nach dem Erbfall auszahlen kann. |
Im Erbfall ist der gesetzliche Betreuer „normaler“ Gläubiger in Bezug auf den Nachlass. Sowohl Vergütungsanspruch als auch Aufwendungsersatz sind Nachlassverbindlichkeiten, § 1967 BGB. Bis ein Erbe feststeht, können Monate oder Jahre vergehen. In dieser Zeit weiß er nicht, gegenüber wem er seine Ansprüche geltend machen soll. Selbst wenn dies über eine Nachlasspflegschaft gem. § 1960 f. BGB behoben wird, dauert es zumeist Monate, bis das Nachlassgericht eine solche angeordnet hat. Zudem besteht das Risiko, dass der Nachlass überschuldet ist und er auf ein Nachlassinsolvenzverfahren verwiesen wird. Oft erheben Erben im Betreuungsverfahren Gegenansprüche wie Auskunfts- und Schadenersatzansprüche.
2. „Selbstzahlung“ nach dem Erbfall
Es gibt drei Fälle, in denen er in die Situation kommt, sich selbst zu bezahlen, und zwar
- 1. weil er gem. § 1940 BGB zum bargeldlosen Zahlungsverkehr verpflichtet ist und mittels Online-Banking oder mit einer Bankkarte Zahlungen vornehmen kann,
- 2. er neben der ihm zugewiesenen Vermögenssorge über eine gesonderte Kontovollmacht verfügt, die der geschäftsfähige Betroffene erteilt hat,
- 3. er eine Vorsorgevollmacht hat, die wirksam und nicht widerrufen ist.
In diesen Fällen kann der gesetzliche Betreuer sich selbst bezahlen. Dies gilt erst recht, wenn er genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte vermeidet, insbesondere nicht über Wertpapiere mit Blick auf § 1849 BGB verfügt.
Dennoch ist die Selbstbezahlung nach dem Erbfall m. E. in den drei Konstellationen kritisch. Denn die Betreuung endet mit dem Tod des Betroffenen, § 1870 BGB. Der gesetzliche Betreuer ist verpflichtet, das Vermögen und die Unterlagen herauszugeben und eine Schlussrechnungslegung vorzulegen, § 1872 BGB. § 1874 BGB schränkt dessen Rechtsmacht nach dem Erbfall ein: Der Betreuer muss im Rahmen des ihm übertragenen Aufgabenkreises die Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, besorgen, bis der Erbe diese besorgen kann.
Eine Fortführung und hier die Selbstzahlung wäre also nur zulässig, wenn es sich um eine unaufschiebbare Angelegenheit handeln würde. Eine solche liegt nur vor, wenn es sich um fristgebundene Angelegenheiten oder solche handelt, bei deren Unterlassung dem Erben ein Nachteil drohen würde. Die Rechtsprechung zu § 1874 BGB ist noch kaum ausgeprägt. Im Schrifttum wird auf einen Gleichklang zu § 1698b BGB (Fortführung dringender Geschäfte nach Tod des Kindes) verwiesen (vgl. dazu Thieke, BtPrax 23, 193). Nicht jeder Nachteil soll ein Tätigwerden des gesetzlichen Betreuers rechtfertigen. Vielmehr muss die Erheblichkeitsschwelle überschritten werden. Bei einem Vergütungsanspruch oder einem Anspruch auf Aufwendungsersatz ist das m. E. nicht der Fall. Denn der gesetzliche Betreuer kann selbst mahnen, Schadenersatz androhen oder eine Klage erheben. Durch eine eigene Fristsetzung kann er die Zahlungsnotwendigkeit aber nicht selbst auf die in § 1874 BGB erforderliche Dringlichkeitsstufe heben. Dies erschiene treuwidrig, § 242 BGB.
Die Vergütung und der Aufwendungsersatz werden im Beispiel mit dem Erbfall fällig, sodass eine Bezahlung durch die Erben nicht sachfremd ist. Die Forderungshöhe ist meist nicht hoch, sodass die kurzfristige Nichtzahlung für den gesetzlichen Betreuer nicht existenzbedrohend ist und diese Situation für ihn auch zu seinem Berufsbild gehört, denn sein Mandat endet eben häufig mit dem Tod des Betroffenen.
Auch bei einer Konto- bzw. einer Vorsorgevollmacht ist die Antwort ähnlich, weil der Rechtsgedanke des § 1874 BGB auch hier gilt. Bei der Kontovollmacht allein ist diese Wirkung stärker, da es sich nicht um eine umfassende Rechtsbefugnis handelt. Bei einer transmortalen Vorsorgevollmacht kann erheblich sein, wie die Vollmacht konkret ausgestaltet ist, also eine Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB vorhanden ist oder eine spezielle Vergütungs- und Aufwendungsersatzregelung. In beiden Fällen droht zudem das Risiko des Widerrufs durch die Erben und eine Schadenersatzpflicht aus dem Auftragsrecht, §§ 670 ff. BGB.
Merke | In allen Fällen sind die §§ 177 ff. BGB beachtenswert. Es drohen Schadenersatzansprüche. Untreue (§ 266 StGB) steht im Raum. Deshalb ist in jedweder Konstellation davon abzuraten, eine solche Selbstzahlung vorzunehmen. |
AUSGABE: FK 5/2025, S. 89 · ID: 50320342