Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Juni 2025 abgeschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
endlich zeigt ein Oberlandesgericht einem mit angesichts seiner noch laufenden Erprobungsphase schon erstaunlicher Chuzpe ausgestatteten Richter die Bedeutung von verfassungsrechtlich geschütztem rechtlichem Gehör auf. Gleichzeitig aber auch, wie man unter Kollegen, wenn mal von dem gemeinsamen Berufsabschluss der Befähigung zum Richteramt ausgeht, nicht umgehen sollte, wenngleich man im Gerichtssaal an unterschiedlicher Stelle sitzt.
Das OLG Brandenburg hat einer Zulassungsbeschwerde des Unterzeichners stattgegeben, mit der eine Gehörsverletzung gerügt worden war (17.4.25, 2 ORbs 32/25, Abruf-Nr. 247731). Im Zusammenhang mit Terminsverlegungsanträgen oder Verwerfungsurteilen gelingt dies ja einigermaßen regelmäßig. Außerhalb solcher Umstände ist dies aber überaus selten und daher bemerkenswert.
Was war geschehen? Der Verteidiger hatte mit dem Richter einige Zeit vor der Verhandlung telefoniert und Bereitschaft erkannt, d4ass eine punktefreie Geldbuße infrage käme, wenn der Betroffene bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h in Vorleistung ginge und im Termin einen Nachschulungsnachweis beim Verkehrspsychologen dabei habe. So ausgestattet war dann ein befreundeter, ortsnäherer Kollege beim AG Lübben. Der Richter konnte sich sodann überraschenderweise weder an das Telefonat noch an seine Aufgeschlossenheit gegenüber der erfolgten Nachschulung erinnern und lehnte derartiges Entgegenkommen kategorisch ab. Den Aussetzungsantrag des Kollegen vor Ort mit der Begründung, weder der abwesende Betroffene noch der Hauptverteidiger habe mit so einer Volte rechnen müssen, verwarf er dann auch noch und verurteilte den Betroffenen. Dieser gemachte „kurze Prozess“ war dann offenbar auch dem Brandenburgischen OLG zu viel, das sich sogar über den Verwerfungsantrag der GenStA hinwegsetzte.
Mit kollegialen Grüßen
Leif Hermann Kroll
AUSGABE: VA 6/2025, S. 2 · ID: 50400104