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GutachterkostenUnterlassungsklage gegen Zeithonorar-Argument: Wie gegen Versicherer geschickt vorgehen?

Top-BeitragAbo-Inhalt19.03.2024537 Min. Lesedauer

| Die fernab der Rechtsprechung des BGH liegende Strategie mancher Versicherer, die Schadengutachter in eine Zeithonorar-Abrechnung zwingen zu wollen, führt in der Berufsgruppe der Kfz-Sachverständigen zu Unruhe. Den einen geht es ums Geld, den anderen daneben auch noch um den guten Ruf, wie eine Leserfrage zeigt. |

Frage: Das durch uns in Rechnung gestellte Honorar für unsere Gutachten liegt stets unterhalb der Ergebnisse der BVSK-Honorarbefragung. Die Fa. LogiCheck kürzt dennoch regelmäßig unser Honorar, die Versicherung versendet dann die Kürzungsberichte an unsere Auftraggeber. Abgesehen von der widersprüchlichen und falschen Rechtsauffassung kommt es immer häufiger vor, dass in die Berechnungen falsche Zahlen eingesetzt werden. Oftmals wird aus den Netto-Reparaturkosten lt. Gutachten nochmals die MwSt. abgezogen, oder die Wertminderung wird nicht berücksichtigt. Seit einiger Zeit lässt auch die Allianz durch die Fa. Control-Expert unsere Rechnungen kürzen. Meistens geht es um zwei oder drei Fotos, die angeblich nicht benötigt werden, oder um Fahrtkosten, die nicht erstattet werden, da in unserem Gutachten lt. Kürzungsbericht der Besichtigungsort nicht angegeben sei, obwohl dieser selbstverständlich angegeben ist.

Mit den Kürzungsberichten wird unseren Auftraggebern vorgegaukelt, wir berechneten ein überhöhtes Honorar. Aus unserer Sicht ist dies geschäftsschädigend und könnte dazu führen, dass wir Auftraggeber verlieren. Können wir uns dagegen wehren, z. B. durch eine Unterlassungsklage?

Antwort: Eine falsche Rechtsauffassung ist per se nicht unzulässig und kann deshalb auch nicht per Unterlassungsklage unterbunden werden. Anders ist es bei falschen Tatsachenbehauptungen; diese sind angreifbar.

Nur falsche Tatsachenbehauptungen sind angreifbar

Wenn in den Prüfberichten Tatsachen falsch dargestellt werden, wenn z. B.behauptet würde, nach der Rechtsprechung des BGH müsse der Schadengutachter auf Zeitaufwandsbasis abrechnen, wird das zur geschäftsschädigenden unwahren Tatsachenbehauptung, die in einen Unterlassungsanspruch führen kann. Die von Ihnen beschriebenen fehlerhaft angewendeten Berechnungsgrundlagen sind auch im Tatsachenbereich angesiedelt. Ein einmaliger Anwendungsirrtum wäre nicht abnahmbar.

Die relevante Thematik ist das Werkvertragsrecht

In einer Auseinandersetzung um einen Unterlassungsanspruch kommt es tatsächlich auf die werkvertragliche (Vor-)Frage an, ob der Schadengutachter „so“ oder „so“ abrechnen darf. Die schadenrechtliche Frage, ob der Geschädigte eine fehlerhafte Abrechnung erkennen könnte, ist eine andere.

Deshalb reklamieren wir ausnahmsweise auch nicht Ihre Formulierung in Ihrer Fragestellung, dass „unser Honorar“ oder „unsere Rechnung“ gekürzt werde. Denn am Ende wird ja der Schadenersatzanspruch des Geschädigten beschnitten mit der Folge, dass zu wenig Schadenersatz zur Verfügung steht, um auf Ihre Rechnung gebucht zu werden.

So bereiten Sie Unterlassungsklagen optimal vor

Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklagen sind teuer und nicht immer ein Selbstläufer. Deshalb will so etwas gut vorbereitet sein. Unabhängig von den Kosten sitzt der auf Unterlassung in Anspruch genommene Gegner anschließend ja auf einem noch höheren Ross, wenn er den Rechtsstreit um die Unlauterkeit seines Verhaltens gewinnt.

Deshalb raten wir dazu, einen solchen Streit optimal vorzubereiten. Zur optimalen Vorbereitung könnte helfen:

  • Es sollten mehrere Vorgänge mit falschen Tatsachenbehauptungen identifiziert und archiviert werden, die denselben Versicherer betreffen.
  • Zwei oder drei Schadenersatzprozesse um die Zeithonorarthematik sollten beim Gericht Ihres Bürositzes bereits gewonnen sein. Der Rechtsanwalts-Textbaustein RA065 (→ Abruf-Nr. 49585910) ist die Arbeitshilfe für die Argumentation gegen Zeithonorar.
  • Perfekt wäre es, wenn man auch einen werkvertraglichen Prozess um die Zeithonorarfrage gewonnen hätte. Das kann man etwa auf diese Weise erreichen: Man suche einen „geländegängigen“ Kunden, der so einen Prüfbericht bekommen hat. Der schreibt dann an den Schadengutachter, wenn die Rechtslage so sei, wie vom Versicherer beschrieben, zahle er natürlich den Restbetrag auch nicht. Dann wird dieser Kunde aus dem Gutachtenvertrag heraus, also werkvertraglich verklagt. Auch dort hilft auf der Seite des Gutachters, der dann der Kläger ist, die Argumentationslinie aus dem Baustein RA065. Das kann eigentlich nicht schiefgehen. Und wenn es gegen jede Wahrscheinlichkeit doch schiefgeht, wird niemand davon erfahren. Denn das ist dann ja ein Rechtsstreit „unter Freunden“.

Wenn alles perfekt vorbereitet ist, kann man das Unterfangen wagen, gegen den Versicherer auch wettbewerbsrechtlich vorzugehen. Aus der Hüfte geschossen erscheint es UE zu gefährlich. Das mag alles recht lange dauern, aber sowohl das Kostenrisiko als auch das Risiko, die Gegenseite auf ein allzu hohes Ross zu setzen, ist dann minimiert.

Weiterführende Hinweise
  • Rechtsanwaltstextbaustein RA065: Klagebaustein gegen die LogiCheck Argumente Zeithonorar und diverse Nebenkosten → Abruf-Nr. 49585910
  • Rechtsprechungsübersicht „Gutachtenkosten: SV-Zeithonorarkampagne läuft ins Leere“ → Abruf-Nr. 49868696

AUSGABE: UE 4/2024, S. 14 · ID: 49966191

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