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Umgang mit dem FinanzamtVerspätungszuschlag: So wehren Sie sich mit Erfolg

Abo-Inhalt29.11.20227832 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Seit dem Veranlagungszeitraum 2018 gilt eine längere Frist für die Abgabe der Steuererklärungen – im Gegenzug greift das Finanzamt bei verspäteten Abgaben aber auch rigoroser durch. In der Praxis führt das immer wieder zu Streit, denn neben saftigen Steuernachzahlungen werden häufig auch hohe Verspätungszuschläge festgesetzt. Das kann selbst in einem Erstattungsfall passieren. SSP klärt Sie auf, wann welche Argumente gegen die Festsetzung von Verspätungszuschlägen Aussicht auf Erfolg haben. |

Der Hintergrund zum Verspätungszuschlag

Der Verspätungszuschlag nach § 152 AO ist mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens“ umfangreich neu geregelt worden. Die geänderten Vorschriften sind am 01.01.2017 in Kraft getreten und waren erstmals auf Steuererklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 einzureichen waren, also ab dem Veranlagungszeitraum 2018.

Gesetzlich vorgeschrieben oder nach Ermessen?

Besonders charakteristisch für die Neuregelung ist die Unterscheidung zwischen dem sog. Pflicht-Verspätungszuschlag, dessen Festsetzung gesetzlich vorgeschrieben ist, und dem sog. Kann-Verspätungszuschlag, dessen Festsetzung im Ermessen der Finanzverwaltung liegt.

Höhe des Verspätungszuschlags

Nach der Neuregelung darf der Verspätungszuschlag höchstens 25.000 Euro betragen. Dabei gilt die Grenze für jede Pflichtverletzung isoliert. Das bedeutet, wenn die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuererklärung 2020 verspätet abgegeben wurde, dreimal bis zu 25.000 Euro Verspätungszuschlag festgesetzt werden könnte. Als Mindest-Verspätungszuschlag werden, sofern ein Verspätungszuschlag dem Grunde nach festgesetzt wird, 25 Euro pro angefallenen Monat der Verspätung angesetzt.

Wichtig | Mit § 152 Abs. 12 AO gibt es bei den Verspätungszuschlägen eine eigene Korrekturvorschrift. Wird der zugrundeliegende Bescheid korrigiert und wirkt sich das auf die Höhe der Steuer aus, wird auch die Höhe des Verspätungszuschlags korrigiert. Die Änderung kann also sowohl „nach unten“ als auch „nach oben“ erfolgen (Ausnahme: Bei Verlustrückträgen und rückwirkenden Ereignissen).

Der Pflicht-Verspätungszuschlag

Der Pflicht-Verspätungszuschlag ist in § 152 Abs. 2 AO geregelt. Demnach ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in vielen Fällen vorzunehmen, ohne dass ein Ermessensspielraum besteht oder es einer Ermessensausübung bedarf (vgl. auch LfSt Bayern, Verfügung vom 24.03.2021, Az. S 0323.1.1-2/18 St43, Abruf-Nr. 232409). Diskussionen mit den Finanzbeamten laufen also vielfach ins Leere.

Der „Kann-Verspätungszuschlag“

Neben dem „Pflicht-Verspätungszuschlag“ gibt es noch den „Kann-Verspätungszuschlag“. Er ist in § 152 Abs. 3 AO geregelt. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des zuständigen Finanzbeamten. Damit er das Ermessen so auslegt, dass kein Zuschlag festgesetzt wird, müssen Sie entschuldbare Gründe für die Fristversäumnis vortragen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen beratenen und unberatenen Fällen.

Unberatene Fälle

Sie haben Ihre Einkommensteuererklärung 2020

Beispiel: Nicht beratener Steuerzahler hat zu spät abgegeben

Ein Steuerzahler hat seine Einkommensteuererklärung 2020 eigenständig erstellt und fünf Monate zu spät (März 2022) abgegeben. Die festgesetzte ESt beträgt 50.000 Euro, wobei bereits 30.000 Euro Lohnsteuer geleistet wurden. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit 20.000 Euro. Das Finanzamt setzt für fünf Monate insgesamt 1,25 Prozent (5 x 0,25 Prozent) und damit 250 Euro Verspätungszuschlag fest. Hat ein Einspruch Aussicht auf Erfolg?

Antwort: Das Finanzamt ist gesetzlich verpflichtet, einen Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn die Steuererklärung für den Besteuerungszeitraum 2020 nicht innerhalb von 20 Monaten (also bis Ende August 2022) abgegeben wurde. Da die Einkommensteuererklärung jedoch vor Ablauf dieser Frist abgegeben wurde, handelt es sich um einen sog. „Kann-Verspätungszuschlag“ i. S. v. § 152 Abs. 1 AO. Ein Antrag auf Herabsetzung, z. B. im Einspruchsverfahren, kann insoweit erfolgsversprechend sein. Damit die festgesetzten Verspätungszuschläge herabgesetzt werden, müssen jedoch entschuldbare Gründe vorgetragen werden, weswegen die Steuererklärung nicht fristgerecht eingereicht werden konnte.

  • 1. zwar verspätet, aber spätestens bis zum 31.08.2022 abgegeben;
  • 2. nach dem 31.08.2022 abgegeben, jedoch hat die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO (rückwirkend) verlängert;
  • 3. nach dem 31.08.2022 abgegeben, jedoch wurde die Steuer auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt;
  • 4. nach dem 31.08.2022 abgegeben, wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt.

Beratene Fälle

Es handelt sich nicht um einen Pflicht-Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 2 AO, wenn

  • die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO verlängert hat oder diese Frist rückwirkend verlängert,
  • die Steuer auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt wird,
  • die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt oder bei jährlich abzugebenden LSt-Anmeldungen, bei Anmeldungen von Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen nach § 48 Abs. 2 UStDV.

Insoweit sind auch in beratenen Fällen entschuldbare Gründe für die Fristversäumnis vorzutragen, um die Festsetzung des Zuschlags zu umgehen. Bei einer Steuernachzahlung kommt es in „Beraterfällen“ also immer zu einem Pflicht-Verspätungszuschlag!

Beispiel: Beratener Steuerzahler hat zu spät abgegeben

Ein Steuerzahler hat die Einkommensteuererklärung 2020 von einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein erstellen lassen. Sie ist fünf Monate zu spät abgegeben worden (Januar 2023). Die festgesetzte ESt beträgt 50.000 Euro, wobei der Steuerzahler bereits 52.000 Euro LSt gezahlt hat, sodass sich eine Erstattung von 2.000 Euro ergibt. Das Finanzamt hat einen Verspätungszuschlag von 125 Euro (5 x 25 Euro) festgesetzt. Hat ein Einspruch Aussicht auf Erfolg?

Antwort: Wird die Steuererklärung 2020 nicht innerhalb von 20 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs abgegeben (hier: bis Ende August 2022), handelt es sich grundsätzlich um einen „Pflicht-Verspätungszuschlag“. Die Festsetzung erfolgt hier jedoch nur nach § 152 Abs. 3 i. V. m. § 152 Abs. 1 AO, da es sich um eine „negative Steuer“ handelt. Das bedeutet, dass es sich hier um ein Entschließungsermessen handelt („das Finanzamt kann, muss aber nicht festsetzen“). Die „bereinigte Steuer“ ist hier negativ, deswegen greift der Mindestverspätungszuschlag mit 25 Euro je Monat. Das Finanzamt kann folglich 125 Euro Verspätungszuschlag festsetzen. Wichtig: Entschließt sich das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festzusetzen, ist die Höhe gesetzlich festgelegt und kann nicht „verhandelt“ werden. Ein Einspruch kann folglich Aussicht auf Erfolg haben, wenn Gründe vorgetragen werden, die die verspätete Abgabe als entschuldbar erscheinen lassen.

Wann ist eine Verspätung entschuldbar?

Eine verspätete oder versäumte Erklärungsabgabe kann entschuldbar sein. Die Entschuldigungsgründe muss der Steuerzahler glaubhaft machen.

Ein Entschuldigungsgrund liegt z. B. vor, wenn für die Fristversäumnis eine Krankheit ursächlich war. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung zum „alten“ Verspätungszuschlag weitere Kriterien entwickelt, die das Finanzamt bei einer ermessensgerechten Entscheidung zu würdigen hat. Diese Kriterien sind nach Ansicht der Autoren auf den „neuen“ Verspätungszuschlag anwendbar. Danach muss das Finanzamt bei der Ermessensausübung folgende Kriterien, die gleichwertig nebeneinander stehen, berücksichtigen:

  • Zweck des Verspätungszuschlags
  • Dauer der Fristüberschreitung
  • Höhe des Zahlungsanspruchs
  • Vorteile
  • Grad des Verschuldens
  • Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Wann ist eine Verspätung unentschuldbar?

Das Versäumnis ist regelmäßig nicht entschuldbar, wenn Steuererklärungen wiederholt nicht oder nicht fristgerecht abgegeben oder vom Finanzamt antragsgemäß bewilligte Fristverlängerungen nicht eingehalten wurden. Selbst bei erstmaliger Fristüberschreitung muss die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht ermessensfehlerhaft sein.

Keine entschuldbaren Gründe sind zudem

  • Arbeitsüberlastung sowie persönliche Anforderungen oder Ereignisse, die von vorhersehbarer Natur sind,
  • Personalmangel,
  • Urlaub oder eine voraussehbare Geschäftsreise,
  • vermehrte Belastung wegen einer Außenprüfung,
  • Erkrankungen von Angehörigen (BFH, Urteil vom 29.03.2007, Az. IX R 9/05, Abruf-Nr. 213965) und
  • das bewusste Verstreichenlassen der Steuererklärungsfrist, wenn auch infolge eines Irrtums über die materielle Rechtslage (BFH, Urteil vom 26.04.1989, BStBl. 1989 II, 693).

Wichtig | Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen (z. B. Steuerberater) steht dem eigenen Verschulden gleich (§ 152 Abs. 1 S. 3 AO).

Verspätungszuschlag festgesetzt: So wehren Sie sich

Hat das Finanzamt einen Verspätungszuschlag festgesetzt, gilt es, sich mit guten Argumenten zu wehren. Je besser die Gründe, desto höher ist die Aussicht auf Erfolg. Gute Gründe, die gegen eine Festsetzung eines Verspätungszuschlags nach § 152 Abs. 1 AO („Ermessen“) sprechen und gegenüber dem Finanzamt vorgetragen werden sollten, liegen vor, wenn

  • die Verspätung erstmalig ist,
  • die Verspätung gering ist (z. B. nur einen Monat)
  • der Verspätungszuschlag außer Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steht (z. B. 50 Euro Nachzahlung bei einem Verspätungszuschlag von 125 Euro),
  • es sich um einen Erstattungsfall handelt.

Diese weiteren Ausnahmeregelungen sollten Sie kennen

In Fällen, die erstmals nach Ablauf der gesetzlichen Frist zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert wurden und bis zu diesem Zugang davon ausgingen, keine Erklärungen abgeben zu müssen, ist ein Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach dem Ablauf der in der Aufforderung genannten Frist liegen.

Die Rentner-Regelung in § 152 Abs. 5 S. 3 AO

Diese Regelung in § 152 Abs. 5 S. 3 AO zielt insbesondere auf Rentner ab.

Beispiel

Der Steuerzahler ist Rentner und wird von einem Steuerberater betreut. Er hat in den Vorjahren vom Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung erhalten. Am 30.05.2022 ist er aufgefordert worden, für 2019 eine Einkommensteuererklärung bis zum 30.06.2022 einzureichen. Er hat die Erklärung über den Steuerberater am 10.07.2022 eingereicht, die zur Festsetzung einer ESt in Höhe von 1.000 Euro führt. Das Finanzamt setzt für zehn Monate insgesamt 250 Euro Verspätungszuschläge fest (10 x 25 Euro). Hat ein Einspruch Aussicht auf Erfolg?

Antwort: Ja, er sollte Einspruch einlegen und sich auf § 152 Abs. 5 S. 3 AO berufen. Der Zeitraum vom 01.09.2021 (die gesetzliche Abgabefrist endete am 31.08.2021) bis zum 30.06.2022 (Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Abgabefrist) wird nach § 152 Abs. 5 S. 3 AO nämlich nicht berücksichtigt. Damit wäre der Verspätungszuschlag lediglich für einen Monat zu bemessen und würde sich auf 25 Euro reduzieren. Ein Antrag auf Herabsetzung der weiteren 25 Euro für den Monat Juli 2022 hätte hier aber keine Aussicht auf Erfolg, weil der Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 2 AO festgesetzt wird (Pflicht-Verspätungszuschlag).

Freiwillige Abgabe führt bei Rentnern in die Falle Verspätungszuschlag

Bei Rentnern, die ihre Steuerpflicht eigenständig prüfen lassen (z. B. Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein) und zum Ergebnis kommen, Steuererklärungen (für weiter zurückliegende Veranlagungszeiträume) einreichen zu müssen, greift die gesetzliche Verschonungsregelung nicht. Sie werden daher beim Nachreichen von Steuererklärungen nach den regulären Fristen in der Regel mit Verspätungszuschlägen belastet. Die Folge: Hinsichtlich des Verspätungszuschlags ist es besser, vom Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert zu werden als die Steuererklärung freiwillig abzugeben.

Auf Erlass aus Bayern berufen und Verspätungszuschlag verhindern

Auf diese Ungerechtigkeit hat u. a. der Deutsche Steuerberaterverband aufmerksam gemacht. Manche Finanzbehörden wie z. B. Bayern haben mit einem Erlass reagiert (Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 24.03.2021). Die entsprechende Passage lautet:

“Wird bei bestehender Steuererklärungspflicht … eines Rentners die Einkommensteuererklärung … unaufgefordert abgegeben und werden ausschließlich Renteneinkünfte erzielt, bestehen keine Bedenken, den obligatorisch festzusetzenden Verspätungszuschlag (§ 152 Abs. 2 AO) von Amts wegen durch die rückwirkende Gewährung einer Fristverlängerung zu verhindern bzw. zu beseitigen oder – soweit dies nicht möglich ist – auf Antrag des Steuerpflichtigen nach § 227 AO zu erlassen.”

Soweit ersichtlich haben Nordrhein-Westfalen und Sachsen mittlerweile entsprechende Verfügungen veröffentlicht, sodass von einer Absprache auf Bund-Länder-Ebene auszugehen ist. Damit können Rentner nun auch ohne Aufforderung der Verwaltung die Erklärungen abgeben, ohne Angst vor Verspätungszuschlägen haben zu müssen. Das gilt auch, wenn neben den Renteneinkünften Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt werden, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben.

Freiwillige Abgabe aufgrund von Progressionseinkünften

Ein Verspätungszuschlag ist ebenfalls nicht zwingend festzusetzen, wenn die Steuererklärungspflicht darauf beruht, dass der Steuerzahler Lohnersatzleistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, bezogen hat (z. B. Kurzarbeitergeld). Hier kann das Finanzamt nach Lage des Einzelfalls eine rückwirkende Fristverlängerung gewähren, um so den Verspätungszuschlag zu umgehen (Bayerisches Landesamt für Steuern vom 24.03.2021).

Wichtig | Die Billigkeitsregelung gilt nicht, wenn dem Steuerzahler klar sein muss, dass er vom Finanzamt steuerlich geführt wird. Wer also z. B. verheiratet und in die Steuerklassenkombination III/V eingruppiert ist, kann sich auf diese Ausnahmeregelung nicht berufen.

Letzter Rettungsanker: Erlass aus Billigkeitsgründen

Hat der Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags keinen Erfolg, besteht noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Erlass aus Billigkeitsgründen nach § 227 AO zu stellen. Aufgrund des sog. Mindestverspätungszuschlags kann es nämlich zu erheblichen Verzerrungen kommen. Dies zeigt folgendes Beispiel deutlich auf.

Beispiel

Das Finanzamt fordert Steuerzahler A zur rückwirkenden Abgabe der Einkommensteuererklärung auf. A lässt die Steuererklärung über einen Lohnsteuerhilfeverein erstellen. Es kommt zu einer Steuernachzahlung von 50 Euro. Aufgrund des Pflicht-Verspätungszuschlags werden jedoch 250 Euro Verspätungszuschlag festgesetzt.

Lösung: Da es sich um eine Nachzahlung handelt, handelt es sich um einen Pflicht-Verspätungszuschlag. Das Finanzamt hat kein Entschließungsermessen. Ein Einspruch verspricht folglich keine Aussicht auf Erfolg, wohl aber ein Antrag auf Erlass aus Billigkeitsgründen. Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden. Insoweit handelt es sich jedoch um einen Ermessensfall. Nach § 5 AO hat das Finanzamt dabei ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die Praxis zeigt, dass die Finanzämter hier überwiegend „kulant“ sind. Daher kann (eher) davon ausgegangen werden, dass insoweit der Verspätungszuschlag (zumindest teilweise) erlassen wird.

Fazit | Auch die Rechtsprechung hat sich jüngst –steuerzahlerfreundlich – mit dem Verspätungszuschlag befasst. Ist eine der Voraussetzungen des § 152 Abs. 3 AO erfüllt, steht die Festsetzung des Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts gemäß § 152 Abs. 1 AO. D. h.: Wurde ein Antrag auf Fristverlängerung gestellt und dieser genehmigt, kann es bei einer verspäteten Abgabe keinesfalls zu einem Pflicht-Verspätungszuschlag kommen. Es ist nur ein „Kann-Verspätungszuschlag“ möglich (FG Münster, Urteil vom 10.02.2022, Az. 9 K 1547/21 U, Abruf-Nr. 232416).

AUSGABE: SSP 12/2022, S. 6 · ID: 48518116

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