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UmsatzsteuereBay-Handel: BFH begrenzt Umsatzsteuerlast
| Bereits im Jahr 2020 hatte der BFH in zwei Entscheidungen klargestellt, wo bei eBay-Veräußerungen die Grenze zwischen privater Sammlung, Trödel und einkommensteuerpflichtigem Gewerbe verläuft. Nun hat er zur Umsatzsteuerpflicht von eBay-Händlern nachgelegt. Der BFH hat die Umsatzsteuerpflicht zwar bejaht, aber mit der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG zugunsten der Händler auch eine günstigere Besteuerungsform zugelassen. SSP bringt Sie auf den Stand der Dinge. |
Großvolumiger An- und Verkauf aus Haushaltsauflösungen
Im aktuellen Fall vor dem BFH hatte eine eBay-Händlerin in den Jahren 2009 bis 2013 Gegenstände aus Haushaltsauflösungen angekauft und auf eBay in Versteigerungen zum Verkauf angeboten. Dazu hatte sie vier eBay-Konten angelegt und zwei Girokonten eröffnet.
350.000 Euro Umsatz in fünf Jahren
Aus den Auktionen erzielte sie in den fünf Streitjahren Umsätze in Höhe von insgesamt 350.000 Euro. Aufzeichnungen zu ihrem Online-Handel hatte sie nicht getätigt. Daher war nicht feststellbar, ob die veräußerten Haushaltsgegenstände nur aus privaten oder auch gewerblichen Haushaltsauflösungen stammten, das heißt ob nur von Privatpersonen oder auch von anderen Unternehmern angekauft wurde.
BFH bejaht Unternehmereigenschaft
Der BFH musste zunächst entscheiden, ob die Händlerin Unternehmer im Sinne des UStG war. Als solcher gilt, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig und nachhaltig ausübt – auch ohne Absicht, Gewinn zu erzielen. Die Nachhaltigkeit ist anzunehmen, wenn
- eine beträchtliche Anzahl Verkäufe über mehrere Jahre vorliegen (vom BFH bejaht z. B. für durchschnittlich zehn eBay-Verkäufe pro Woche),
- bewährte Vertriebswege (Handelsplattformen wie z. B. eBay, Amazon) genutzt werden oder
- der Umfang eine strukturierte Betriebsorganisation erfordert (Kauf von Verpackungsmaterialien und Postwertzeichen in großem Umfang).
Der An- und Weiterverkauf aus Haushaltsauflösungen entsprach diesen Kriterien, vor allem wegen des Handelsvolumens. Ob die eBay-Accounts als private oder gewerbliche Zugänge angemeldet wurden, war für den BFH ohne Belang (BFH, Urteil vom 12.05.2022, Az. V R 19/20, Abruf-Nr. 232216).
Wiederverkäufer können Differenzbesteuerung nutzen
Aufgrund des Handelsvolumens der eBay-Händlerin hat der BFH aber auch die Differenzbesteuerung als gewerbliche Wiederverkäuferin für anwendbar erachtet. Für die Lieferung beweglicher körperlicher Gegenstände können gewerbsmäßige Wiederverkäufer gemäß § 25a UStG die Umsatzsteuer auch nach der Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis ermitteln („Margen-Besteuerung“). Die Umsatzsteuer fällt dann deutlich geringer aus als bei Bemessung nach dem Verkaufspreis (Entgelt). Aus den Haushaltsauflösungen wurden nur bewegliche Gegenstände weiterveräußert.
Formelle Voraussetzungen sind kein Hindernis
Zwar setzt die Differenzbesteuerung voraus, dass aus den Aufzeichnungen des Wiederverkäufers ersichtlich ist,
- zu welchem Preis er die gehandelten Gegenstände eingekauft hat und
- ob er sie von einem Nicht- oder Kleinunternehmer erworben hat.
Diese sieht der BFH aber nicht als K.o.-Kriterium für die Besteuerung nach der Marge an. Fehlen Aufzeichnungen, kann eine Schätzung der Einkaufspreise nach § 162 AO mit Sicherheitsabschlägen erfolgen. Die gegenüber der Regelbesteuerung günstigere Differenzbesteuerung bleibt so erhalten.
Praxistipp | Diese Klarstellung des BFH ist insbesondere für Händler hilfreich, die selbst zunächst von einem nicht steuerbaren Umfang ihres „Trödels“ ausgegangen waren und daher kaum Aufzeichnungen gefertigt haben. |
Nicht jeder eBay-Händler kann Differenzbesteuerung wählen
Gewerbsmäßiger Wiederverkäufer i. S. v. § 25a UStG und der MwStSystRL ist nur, wer üblicherweise bewegliche Gegenstände einkauft und wieder verkauft. Die Absicht des Wiederverkaufs muss dabei bereits beim Erwerb (zumindest nachrangig) bestehen.
Problematisch kann dies sein, wenn man sich jahrelang eine Sammlung aufgebaut (oder geerbt) hat und diese Sammlungsstücke dann in einzelnen eBay-Auktionen verkauft. In einem Fall vor dem FG Münster hatte die eBay-Auktionarin über einen Zeitraum von anderthalb Jahren in über 40 Versteigerungen historische Zäune, Tore und Brunnen aus einer geerbten Sammlung zu hohen Preisen veräußert. Das FG Münster sah die Veräußerungen als umsatzsteuerpflichtig an, die Differenzbesteuerung hat das FG aber nicht zugelassen. Grund: Beim Erwerb der Stücke habe es an der Wiederverkaufsabsicht gefehlt (FG Münster, Urteil vom 26.11.2020, Az. 5 K 2113/18 U, Abruf-Nr. 220418).
Wichtig | Nicht anwendbar ist die Differenzbesteuerung auch für eBay-Händler, die ihre Waren von anderen Unternehmern mit Umsatzsteuer-Ausweis erwerben. Hier gelten die allgemeinen Regelungen zum Abzug von Vorsteuer aus § 15 UStG.
- Beitrag „Ab wann wird Ihr eBay-Handel zum steuerpflichtigen Gewerbebetrieb?“, SSP 4/2021, Seite 16 → Abruf-Nr. 47121369
- Beitrag „Verkäufe über eBay bei Ehegatten clever verteilen“, SSP 5/2018, Seite 4 → Abruf-Nr. 45241505
AUSGABE: SSP 12/2022, S. 23 · ID: 48752455