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WerbungskostenFahrt zur Arbeit: Trotz Fahrgemeinschaft erhöhte Entfernungspauschale absetzbar?
| Die Spritpreise sind hoch wie nie. Daher organisieren mehr und mehr Arbeitnehmer Fahrgemeinschaften, um zur Arbeit zu gelangen. Doch wie verhält es sich mit der Steuererklärung? Kann die Entfernungspauschale dennoch geltend gemacht werden? Können auch die ab dem Jahr 2021 geltenden erhöhten Pauschalen von 0,35 Euro ab dem 21. Kilometer als Werbungskosten genutzt werden? Bestehen Höchstbeträge? SSP beantwortet alle Fragen auf Basis des aktuellen BMF-Schreibens vom 18.11.2021 und zeigt Ihnen, warum Fahrgemeinschaften wirklich attraktiv sind. |
Inhaltsverzeichnis
Die Entfernungspauschale-Regelung
Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG können Sie für jeden Arbeitstag, an dem Sie Ihre erste Tätigkeitsstätte aufsuchen, eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ansetzen, maximal 4.500 Euro im Kalenderjahr. Ein höherer Betrag als 4.500 Euro ist möglich, wenn Sie einen eigenen oder einen zur Nutzung überlassenen Kraftwagen nutzen. Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht (vom 21.12.2019, Abruf-Nr. 213348) ist die Entfernungspauschale nochmals angehoben worden. Sie beträgt
- ab dem Jahr 2021 ab dem 21. Entfernungskilometer 0,35 Euro und
- von 2024 bis 2026 ab dem 21. Entfernungskilometer 0,38 Euro.
Die Entfernungspauschale ist dabei unabhängig vom Verkehrsmittel zu gewähren. Da es sich um eine „Pauschale“ handelt, kommt es grundsätzlich nicht auf die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen an.
Beispiel |
Arbeitnehmer Anton ist im Jahr 2021 an 200 Tagen zu seiner 44,7 Kilometer entfernt liegenden ersten Tätigkeitsstätte (Firma) mit seinem eigenen Auto gefahren. Anton kann für die ersten 20 Kilometer 1.200 Euro (200 Tage x 20 km x 0,30 Euro) und für die restlichen 24 Kilometer 1.680 Euro (200 Tage x 24 km x 0,35 Euro) als Werbungskosten absetzen, in Summe also 2.880 Euro. |
So werden Fahrgemeinschaften behandelt
Unabhängig von der Art der Fahrgemeinschaft ist bei jedem Teilnehmer der Fahrgemeinschaft die Entfernungspauschale entsprechend der für ihn maßgebenden Entfernungsstrecke anzusetzen. Umwegstrecken, insbesondere zum Abholen von Mitfahrern, sind in die Entfernungsermittlung nicht einzubeziehen. Dabei ist zu beachten, dass der Höchstbetrag für die Entfernungspauschale von 4.500 Euro auch bei einer wechselseitigen Fahrgemeinschaft greift, und zwar für die Mitfahrer der Fahrgemeinschaft an den Arbeitstagen, an denen sie ihren eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw nicht einsetzen (BMF-Schreiben vom 18.11.2021, Az. V C 5 – S 2351/20/10001 :002, Rz. 17, Abruf-Nr. 225940).
Die Ermittlungsschritte bei Fahrgemeinschaften
Zunächst müssen Sie die Fahrten ermitteln, bei denen Sie mitgenommen worden sind. Diese Aufwendungen sind bis zu einem Höchstbetrag von 4.500 Euro begrenzt, da Sie nicht mit Ihrem eigenen Pkw gefahren sind. Im zweiten Schritt ermitteln Sie die Aufwendungen, die Ihnen durch Fahrten entstanden sind, die Sie selbst durchgeführt haben. Das sind die Fahrten, bei denen Sie Kollegen mitgenommen haben bzw. allein zur ersten Tätigkeitsstätte gefahren sind. Diese Aufwendungen sind der Höhe nach unbegrenzt. Im letzten Schritt addieren Sie die Aufwendungen aus den Schritten eins und zwei. Die Summe ergibt die anzusetzende Entfernungspauschale.
Beispiel zeigt konkrete Berechnung
Das folgende Beispiel zeigt Ihnen, wie die Ermittlung in der Fahrgemeinschaft konkret vonstatten geht:
Beispiel: Fahrgemeinschaft mit drei Mitfahrern bzw. -innen |
Praxisfall verdeutlicht den Prozess ... Anja, Björn und Claas bilden eine Fahrgemeinschaft. Im Jahr 2021 sind sie an 220 Tagen zusammen zur Arbeit gefahren. Auswirkungen für Anja: Für Anja sind zunächst die der Höhe nach begrenzten Aufwendungen aufgrund der Mitnahme durch die Fahrgemeinschaft zu ermitteln: ... zur Ermittlung der Werbungskosten Im zweiten Schritt sind die der Höhe nach unbegrenzten Aufwendungen für die Fahrten mit dem eigenen Pkw zu ermitteln: Nun werden die Ergebnisse aus Schritt 1 und 2 addiert. Für Anja ergibt sich eine Entfernungspauschale in Höhe von 5.555 Euro. |
Auswirkungen für Björn: So wirkt sich die Fahrgemeinschaft ... Für Björn sind zunächst die der Höhe nach begrenzten Aufwendungen aufgrund der Mitnahme durch die Fahrgemeinschaft zu ermitteln: Es greift insoweit der Höchstbetrag von 4.500 Euro. Da Björn keine eigenen Fahrten durchgeführt hat, erübrigt sich Schritt 2. Damit ergibt sich für Björn eine Entfernungspauschale in Höhe von 4.500 Euro. Auswirkungen für Claas: ... für alle Beteiligten konkret steuerlich aus Auch für Claas sind zunächst die der Höhe nach begrenzten Aufwendungen aufgrund der Mitnahme durch die Fahrgemeinschaft zu ermitteln: Im zweiten Schritt sind die der Höhe nach unbegrenzten Aufwendungen für die Fahrten mit dem eigenen Pkw zu ermitteln Nun werden die Ergebnisse aus Schritt ein und zwei addiert. Für Claas ergibt sich eine Entfernungspauschale in Höhe von 6.325 Euro. |
Wichtig | Setzt bei einer Fahrgemeinschaft nur ein Teilnehmer seinen Pkw ein, kann er die Entfernungspauschale ohne Begrenzung auf den Höchstbetrag von 4.500 Euro geltend machen. Eine Umwegstrecke zum Abholen der Mitfahrer ist nicht in die Entfernungsermittlung einzubeziehen. Den Mitfahrern wird gleichfalls die Entfernungspauschale gewährt, allerdings bei ihnen begrenzt auf den Höchstbetrag von 4.500 Euro. Ein Entgelt für die Mitnahme beeinflusst die Entfernungspauschale nicht. Die Einkünfte können allerdings – sofern sie die Freigrenze von 256 Euro übersteigen – als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig sein (BFH, Urteil vom 15.03.1994, BStBl. II S. 516). Als Werbungskosten sind nur die durch die Mitnahme veranlassten Mehraufwendungen (0,02 Euro je Person und gefahrenem Kilometer) gegenzurechnen. Die Arbeitskollegen können ihr Entgelt nicht zusätzlich als Werbungskosten abziehen, dafür bekommen sie ja die Entfernungspauschale.
Mit Fahrgemeinschaften Fahrtkosten und Steuern sparen Fazit | Sowohl der Gesetzgeber als auch die Finanzverwaltung fördern die Bildung von Fahrgemeinschaften. Und zwar u. a. in der Form, dass auch „Nichtfahrer“ Werbungskosten für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte absetzen können. Nutzen Sie dieses attraktive Fahrtkosten- und Steuersparmodell. |
AUSGABE: SSP 1/2022, S. 12 · ID: 47835676