Strafprozess
Die Gebühren des Vollverteidigers in der Strafvollstreckung
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Besondere VerfahrensituationenVerfahren zur Gerichtsstandsbestimmung: So rechnen Sie ab
| Sog. Gerichtsstandsbestimmungsverfahren kommen in der Praxis immer wieder vor. Für Anwälte fallen hierfür aber nur unter bestimmten Umständen (isoliertes Gerichtsstandsbestimmungsverfahren) gesonderte Gebühren an. |
1. Grundsatz: Bestimmungsverfahren zählt zum Rechtszug
Nach § 16 Nr. 3a RVG zählt das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts und das Verfahren, für das der Gerichtsstand bestimmt werden soll, gebührenrechtlich zu derselben Angelegenheit. Dies gilt auch, wenn das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor Klageerhebung oder Antragstellung endet, ohne dass das zuständige Gericht bestimmt worden ist. Die Folge ist: Die Tätigkeit im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren wird mit der Tätigkeit zur Hauptsache abgegolten.
Beispiel 1: Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung und Rechtsstreit | |
Auf den Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung folgt ein Rechtsstreit Rechtsanwalt R wird von dem in Koblenz wohnenden K beauftragt, von B1 aus Koblenz und B2 aus Mainz als Gesamtschuldner 10.000 EUR einzuklagen. Das angerufene OLG Koblenz bestimmt als zuständiges Gericht das LG Koblenz. Dort ergeht nach mündlicher Verhandlung ein Urteil. Die Beklagten werden durch unterschiedliche Anwälte vertreten. Lösung Es liegt eine gebührenrechtliche Angelegenheit vor. Die Tätigkeit des Bestimmungsverfahrens geht in der Vergütung für die Hauptsache unter. Die Rechtsanwälte können wie folgt abrechnen: | |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 10.000 EUR | 798,20 EUR |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 10.000 EUR | 736,80 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG | 295,45 EUR |
1.850,45 EUR |
Beispiel 2: Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung ohne Rechtsstreit |
Zuständigkeitsbestimmungsverfahren endet vor Klageerhebung Anders als in Beispiel 1 besteht nach Ansicht des OLG ein gemeinsamer Gerichtsstand, sodass K den Antrag zurücknimmt. Das Gericht bestimmt den Wert mit 2.500 EUR (vgl. BayObLG IBR 02, 584; KG 5.1.06, 28 AR 166/05) Lösung Es liegt eine gebührenrechtliche Angelegenheit vor (§ 16 Nr. 3a S. 2 RVG). Die Tätigkeit des Bestimmungsverfahrens geht in der Vergütung für die Hauptsache unter. Die Rechtsanwälte können wie im Beispiel 1 abrechnen. |
Beispiel 3: Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung und Erledigung | |
Nach Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung erledigt sich Angelegenheit Rechtsanwalt R wird von dem in Koblenz wohnenden K beauftragt, von B1 aus Koblenz und B2 aus Mainz als Gesamtschuldner 10.000 EUR einzuklagen. Nachdem R vor dem OLG Koblenz ein Verfahren auf Zuständigkeitsbestimmung anhängig macht, wird die Forderung gezahlt und die Angelegenheit ist erledigt. Lösung Da dem R ein Klageauftrag erteilt wurde, ist die Verfahrensgebühr für die Hauptsache entstanden (vgl. Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG), jedoch nur in Höhe von 0,8 gemäß Nr. 3101 VV RVG. Die Tätigkeit des Bestimmungsverfahrens geht in der Vergütung für die Hauptsache unter. R kann wie folgt abrechnen: | |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG aus 10.000 EUR | 491,20 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG | 97,13 EUR |
608,33 EUR |
2. Ausnahme: Isoliertes Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
Wird dem Rechtsanwalt ausschließlich der Auftrag für das Gerichtsstandsbestimmungsverfahren – also kein unbedingter Klageauftrag – erteilt, kann er diese Tätigkeit als Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV RVG abrechnen.
Beispiel 4: Isoliertes Gerichtsstandsbestimmungsverfahren | |
Dem Anwalt wird kein (unbedingter) Klageauftrag erteilt Rechtsanwalt R wird von dem in Koblenz wohnenden K beauftragt, von B1 aus Koblenz und B2 aus Mainz als Gesamtschuldner 10.000 EUR einzuklagen. Das angerufene OLG Koblenz bestimmt als zuständiges Gericht das LG Koblenz. Für das Klageverfahren beauftragt K Rechtsanwalt Z. Lösung R kann für seine Einzeltätigkeit wie folgt abrechnen: | |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV RVG aus 10.000 EUR | 491,20 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG | 97,13 EUR |
| 608,33 EUR |
AUSGABE: RVGprof 4/2023, S. 68 · ID: 49219926