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LeserforumBeiderseitige PKH: Haftung des Zweitschuldners nach PKH-Aufhebung beim Entscheidungsschuldner?

Abo-Inhalt21.03.20233277 Min. Lesedauer

| Frage: Muss der obsiegende Beklagte die PKH-Gebühren an die Staatskasse zurückerstatten, wenn seine PKH-Bewilligung nachträglich aufgehoben wird, der Kläger seinen PKH-Anspruch aber behält? |

Antwort von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock (Koblenz): Nein. Wenn bei dem Beklagten die PKH aufgehoben wird, dem Kläger aber weiterhin PKH gewährt ist, darf die Staatskasse die Kosten nicht gegenüber dem Beklagten geltend machen. Sonst wäre der Beklagte mit Kosten belastet, die nach der gerichtlichen Kostenentscheidung eigentlich der Kläger zu tragen hätte.

Beispiel: Beiderseitige PKH

Beiden Parteien wird PKH ohne Ratenzahlung hinsichtlich einer Zahlungsklage über 10.000 EUR bewilligt und jeweils ein Rechtsanwalt beigeordnet. Die Klage wird nach mündlicher Verhandlung abgewiesen und dem Kläger werden die Verfahrenskosten auferlegt. Der Beklagten- und Klägervertreter macht gegenüber der Staatskasse folgende Vergütung nach § 49 RVG geltend:

1,3-Verfahrensgebühr aus 10.000 EUR, Nr. 3100 VV RVG

440,70 EUR

1,2-Terminsgebühr aus 10.000 EUR, Nr. 3104 VV RVG

406,80 EUR

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

164,82 EUR

1.032,32 EUR

Später wird die PKH für den Beklagten nach § 124 Abs. 1 ZPO aufgehoben. Er muss die PKH-Gebühren dennoch nicht an die Staatskasse erstatten. Denn § 31 Abs. 3 S. 1 HS 1 GKG regelt dazu: „Soweit einem Kostenschuldner, der aufgrund von § 29 Nr. 1 haftet (Entscheidungsschuldner), Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, darf die Haftung eines anderen Kostenschuldners nicht geltend gemacht werden ...“ „Entscheidungsschuldner“ ist hier der Kläger und „ein anderer Kostenschuldner“ ist hier der Beklagte.

Merke | Würde die PKH allerdings auch beim Kläger aufgehoben werden, gilt § 31 Abs. 2 S. 1 GKG: „Soweit ein Kostenschuldner aufgrund von § 29 Nr. 1 oder 2 (Erstschuldner) haftet, soll die Haftung eines anderen Kostenschuldners nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint.“

Sollte dieser Fall eintreten, kann der Beklagte zwar erfolgreich von der Staatskasse in Anspruch genommen werden. Er kann aber die gezahlten Kosten (im Beispiel in Höhe von 1.032,32 EUR) gegen den Kläger durch einen Beschluss nach §§ 103 ff. ZPO festsetzen lassen. Dabei handelt es sich um einen eigenen Kostenerstattungsanspruch des Beklagten, der erst nach 30 Jahren verjährt (vgl. BGH NJW 06, 1962).

Weiterführender Hinweis
  • Praxisfälle: „Die Staatskasse kann auch den bedürftigen Beteiligten in Anspruch nehmen“, RVG prof. 23, 13

AUSGABE: RVGprof 4/2023, S. 57 · ID: 49219809

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