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HonorarermittlungWelche Kostenberechnung ist für die Honorarermittlung die Richtige?
| In der Praxis ist die zeitversetzte Planung von Objekt- und Fachplaner der Regelfall. Der „richtige Zeitpunkt“ für die Erstellung der Kostenberechnung ist also immer kritisch. Sie darf weder zu früh erfolgen, sodass die Ergebnisse der Fachplanung nicht integriert werden können, noch zu spät, da sie Ihrem Bauherrn als Investitionsgrundlage dient. PBP erläutert Ihnen, wie Sie Fehler im Umgang mit der Kostenberechnung vermeiden, insbesondere bei vorgezogener Genehmigungsplanung oder zeitversetzter Planung. |
Inhaltsverzeichnis
- Kostenberechnungen bei vorgezogener Genehmigung
- Kostenberechnungen bei zeitversetzter Planung
- Grundlagen für die richtige Kostenberechnung
- Nachträgliche Entwurfsänderungen: Wie damit vorgehen?
- Risiken einer „zu späten“ Kostenberechnung
- Keine Ausschreibungsergebnisse in Kostenberechnung
- Nur richtige Kostenberechnung ist Honorargrundlage
- Checkliste zur Anwendung im Büro
Kostenberechnungen bei vorgezogener Genehmigung
Vor allem bei großen und/oder komplexen Bauvorhaben wird der Architekt immer wieder mit einer vorgezogenen Genehmigungsplanung konfrontiert. Das ist z.B. der Fall,
- wenn die Entwurfsplanung noch nicht abgeschlossen werden kann, weil Beiträge anderer Planungsbeteiligter noch nicht integriert werden konnten oder
- weil langwierige Genehmigungsprozesse – z. B. wegen besonderer Umweltauflagen – auf Wunsch des Auftraggebers bereits auf Grundlage der Vorplanung begonnen werden sollen.
Vom Architekten wird in solchen Fällen auf Basis der Vorplanung oder einer lediglich begonnenen Entwurfsplanung eine Kostenschätzung oder bereits eine „Kostenberechnung“ erstellt und dem Auftraggeber übergeben. Weitere „aktualisierte Kostenberechnungen“ erhält er mit dem Fortschreiten der Planung. Doch welche Kostenberechnung ist am Ende die Grundlage für die Honorarermittlung nach HOAI?
Kostenberechnungen bei zeitversetzter Planung
Aber auch bei einem scheinbar ungestörten Planungsablauf kann sich diese Frage stellen. Der Architekt erbringt (nach seiner Auffassung) die Lph 1 bis 4, reicht die Genehmigung ein und beginnt umgehend mit der Ausführungsplanung. Die Entwurfsplanungen der TA- und Tragwerksplanung laufen zeitversetzt hinterher. Die Ergebnisse liegen meist erst während der Ausführungsplanung vor und werden dann direkt in diese eingearbeitet. Durch die erst zeitversetzt vorliegende Kostenberechnung der TA-Planung ergibt sich i. d. F. in den späteren Kostenermittlungen des Objektplaners oftmals eine Kostensteigerung, da die Kosten für die haustechnischen Gewerke höher sind als zum Zeitpunkt der „Entwurfsplanung“ des Architekten angenommen bzw. kostenerhöhende Maßnahmen der Gebäudeplanung erforderlich werden. Sind diese erhöhten Kosten nun ebenfalls Grundlage für die Honorarermittlung nach HOAI bzw. welche Kostenermittlung ist in einem solchen Fall zur Honorarermittlung heranzuziehen?
Grundlagen für die richtige Kostenberechnung
Grundlage für das Architektenhonorar ist gemäß HOAI 2021 und 2013 (§ 4 Abs. 1 HOAI i. V. m. § 2 Nr. 11 HOAI) die Kostenberechnung nach DIN 276, Teil 1 in der Fassung von 2008. Diese
- „gilt für die Kostenplanung im Hochbau“,
- legt „Begriffe der Kostenplanung im Bauwesen fest“ […] und
- „schafft damit die Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Kostenermittlungen“.
Nach Kapitel 2.4.3 ist die Kostenberechnung „die Ermittlung der Kosten auf der Grundlage der Entwurfsplanung“. Sie basiert auf
- „Planungsunterlagen, z. B. durchgearbeitete Entwurfszeichnungen (Maßstab nach Art und Größe des Bauvorhabens), ggf. auch Detailpläne mehrfacher wiederkehrender Raumgruppen,
- Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen,
- Erläuterungen, z. B. Beschreibung der Einzelheiten in der Systematik der Kostengliederung, die aus Zeichnungen und Berechnungsunterlagen nicht zu ersehen, aber für die Berechnung und die Beurteilung der Kosten von Bedeutung sind.“
Außerdem gibt die DIN 276 aus dem Jahr 2008 – abweichend von der neuesten Fassung von 2018 – vor, dass „die Gesamtkosten nach Kostengruppen mind. bis zur 2. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden.“ Letztes fordert auch § 2 Abs.11 HOAI. Die Kostenberechnung ist auf der Basis von Mengen und Einheitspreisen zu berechnen. Eine gewerkeweise Gliederung ist möglich, doch auch hier ist die Zuordnung der Kostengruppen zwingend.
Wichtig | Während sich für andere Leistungsbilder in der DIN 276 erhebliche Änderungen gegenüber der Fassung von 2008 ergeben haben, sind für die Gebäudeplanung nur wenige, honorarrechtlich unbedeutende Änderungen zu verzeichnen. Es ist jedoch ein formaler Fehler, wenn Sie als Architekt bei der Honorarberechnung nach HOAI eine Kostenberechnung nach der Fassung von 2018 zugrunde legen.
Vollständigkeit erforderlich
Die Kostenberechnung muss vollständig sein. Sie umfasst sieben Hauptgruppen (Kostengruppe 100-700). Grundlage für Ihre Erstellung ist
- die abgeschlossene Entwurfsplanung (das ergibt sich aus dem Wortlaut „durchgearbeitete Entwurfszeichnungen…“) und
- die Objektbeschreibung (als “Erläuterungen zum Bauobjekt“ bezeichnet).
Wichtig | Die Kostenberechnung stellt den Abschluss der Lph 3 dar.
Richtiger Zeitpunkt der Erstellung
Honorarrechtlich ist die Ermittlung der Kosten mit der Beendigung der Lph 3 ebenfalls abgeschlossen. Entscheidend für die Erstellung der Kostenberechnung ist gemäß DIN 276 der Planungsstand „zum Zeitpunkt der abgeschlossenen Entwurfsplanung“. Das ist gemäß HOAI (Grundleistung 3 b, Gebäude) dann der Fall, wenn
- die durchgearbeitete Entwurfsplanung vorliegt, also die Ergebnisse der fachplanerischen Entwurfsplanungen und anderer an der Planung fachlich Beteiligter in die Gebäudeentwurfsplanung integriert undFachplanerbeistellungen müssen integriert werden
- die wesentlichen Entwurfsergebnisse der Fachplaner in die Objektbeschreibung des Gebäudeplaners aufgenommen sind.
Bei der Kostenberechnung des Objektplaners für Gebäude wirkt nach dem Grundleistungskatalog der HOAI
- der Tragwerksplaner (Grundleistung 3f, Tragwerksplanung) mit und
- die TA-Planer steuern ihre Kostenberechnung (Grundleistung 3f, TA) bei.
Erst wenn beide Voraussetzungen gegeben sind, werden Sie als Objektplaner in die Lage versetzt, eine richtige und vollständige Kostenberechnung aufzustellen und eben das ist der „richtige“ Zeitpunkt der Erstellung. Mit anderen Worten: Der abgeschlossene Planungsstand der Lph 3 entscheidet nach § 6 Abs. 1 HOAI über die Kosten zur Honorarermittlung. Spätere oder frühere Kostenberechnungen sind dagegen nicht relevant, sofern nicht neue Anforderungen oder Änderungen (§ 10 HOAI) zu Kostenänderungen führen.
Fehlerhafte Kostenberechnungen sind zu korrigieren
Fehlerhafte Kostenberechnungen sind – egal ob sie zu hoch oder zu niedrig ermittelt wurden – sowohl aus werkvertraglicher Sicht als auch als Honorarberechnungsgrundlage zu korrigieren. Die Korrektur entbindet Sie als Architekt jedoch nicht von möglichen Haftungsrisiken, die aus einer falschen Kostenermittlung entstehen können (z. B. Schadenersatzanspruch wegen einer Investitionsentscheidung des Auftraggebers auf einer fehlerhaften Grundlage). Schließlich sind Sie als Architekt gehalten, die wirtschaftlichen Belange Ihres Auftraggebers zu beachten (OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2018, Az. 21 U 22/17, Abruf-Nr. 208454) und die Kostenberechnung soll Ihrem Auftraggeber zur Entscheidungsfindung dienen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.04.2020, Az. 8 U 92/18, Abruf-Nr. 223600; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 10.02.2021, Az. VII ZR 80/20).
Nachträgliche Entwurfsänderungen: Wie damit vorgehen?
Änderungen nach Abschluss der Entwurfsplanung, die der Architekt nicht zu vertreten hat, sind der Regelfall geworden. Nach § 10 Abs. 1 HOAI führen diese zur Anpassung der Honorarberechnungsgrundlage und somit auch zur Änderung der Kostenberechnung.
Praxistipp | Um in einem solchen Fall Klarheit und Transparenz zu schaffen, wird dringend empfohlen, alle Änderungen auch in die Entwurfsplanung als eigenen Planungsstand einzuarbeiten, und zwar auch dann, wenn die Lph 3 schon lange abgeschlossen wurde. Folgt man dem Grundsatz der DIN 276 i. V. m. § 6 HOAI, dass das Honorar auf Basis der Kostenberechnung zu ermitteln ist und diese auf den durchgearbeiteten Entwurfszeichnungen beruht, ist es nur folgerichtig, wenn die Entwurfszeichnungen zur geänderten Kostenberechnung passen. Gleiches gilt für die Objektbeschreibung. Durch die Änderung werden Wiederholungen einzelner Grundleistungen der Lph 3 erforderlich (§ 10 Abs. 2 HOAI). |
Wichtig | Nachträgliche Baukostensteigerungen führen jedoch nicht zu einer Aktualisierung der Kostenberechnung.
Risiken einer „zu späten“ Kostenberechnung
Insbesondere bei zeitversetzter Bearbeitung der Gebäude- und Fachplanung besteht das Risiko, dass die Kostenberechnung nicht „rechtzeitig“ erstellt wird. Wird sie also erst lange nach der Beendigung der Entwurfsphase und insbesondere während der Bauphase erstellt, ist sie für den Auftraggeber als Entscheidungsgrundlage für die Ausführung des Bauvorhabens ggf. nicht mehr brauchbar.
Zu diesem Zeitpunkt ist ihr eigentlicher Zweck nicht mehr gegeben, weil der „point of no return“ bereits überschritten oder ein „Gegensteuern“ nur sehr schwer möglich ist. Das kann u. a. dazu führen, dass die wertlos gewordene Grundleistung dem Auftraggeber nicht berechnet werden kann (Honorarabzug für diese Teilleistung – OLG Hamm, Urteil vom 24.01.2006, Az. 21 U 139/01, Abruf-Nr. 062391). Eine Honorarkürzung ist auch berechtigt, wenn die Kostenberechnung erst zur Schlussrechnung erstellt wird.
Keine Ausschreibungsergebnisse in Kostenberechnung
In der Praxis ist zu beobachten, dass manche Architekten Ausschreibungsergebnisse abwarten, die dann Einzug in die Kostenberechnung erhalten. Ein solches Vorgehen widerspricht den Grundsätzen der DIN 276. Enthält eine Kostenberechnung Angebots- oder Auftragspreise, ist sie als Honorarberechnungsgrundlage unzulässig. Nichtsdestotrotz ist eine Kostenverfolgung im Rahmen der Informationspflicht gegenüber dem Auftraggeber sinnvoll und notwendig.
Dass eine Kostenberechnung keine Angebotspreise oder abgerechneten Kosten enthalten darf, gilt auch für nachträglich erstellte bzw. aktualisierte Kostenberechnungen aufgrund von Änderungen des Vertragsgegenstands. Seit dem Inkrafttreten der HOAI 2009 ist es nicht mehr zulässig, das Honorar auf der Grundlage eines Kostenanschlags oder einer Kostenfeststellung abzurechnen. Es sei denn, dies ist ausdrücklich so vereinbart worden und der Auftrag erfolgte nach dem 01.01.2021, also im Gültigkeitsbereich der HOAI 2021.
Nur richtige Kostenberechnung ist Honorargrundlage
Um eine prüffähige Schlussrechnung zur Honorarberechnung vorzulegen, ist eine Kostenberechnung zwingend erforderlich und muss ggf. auch nachträglich erstellt werden. Im Ausnahmefall kann auch eine Kostenschätzung zur Honorarermittlung herangezogen werden, so § 6 Abs. 1 HOAI.
Wichtig | Egal, ob die Kostenberechnung nachträglich erstellt oder – aufgrund von Änderungen – aktualisiert wird. Es bleibt immer der Grundsatz, dass die Kostenberechnung auf Grundlage und zum Zeitpunkt der Entwurfsplanung zu erstellen ist.
Checkliste zur Anwendung im Büro
In der folgenden Checkliste sind die wichtigsten „Abarbeitungsthemen“ beim Thema Kostenberechnung noch einmal zusammengefasst.
Checkliste / Zu beachtende Punkte bei der Kostenberechnung | |
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Fazit | Weil die Kostenberechnung sowohl honorarrechtlich als auch werkvertraglich (als zu erbringende Leistung) einen sehr hohen Stellenwert besitzt, ist es notwendig, dass die Lph 3 sorgfältig bearbeitet wird. Beachten Sie dass eine „vollständige Kostenberechnung“ auf „vollständigen Entwurfszeichnungen“ und einer vollständigen Objektbeschreibung fußt. Nur die richtige und vollständige Kostenberechnung ist honorarrelevant. |
AUSGABE: PBP 6/2023, S. 3 · ID: 49308832