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Öffentliche AufträgeVergabekammer Sachsen: Referenzgewinnung rechtfertigt niedrige Angebotspreise
| Ein ungewöhnlich niedriges Angebot darf nicht ausgeschlossen werden, wenn der Bieter nachvollziehbar erklären kann, dass er z. B. aufgrund sach- und/oder unternehmensbezogener sowie wettbewerbsorientierter Gründe günstiger als das Bieterumfeld kalkuliert hat. Ein nachvollziehbarer Grund für eine sehr niedrige Kalkulation kann im Einzelfall die Erlangung einer neuen Referenz sein. Das hat die VK Sachsen entschieden. VgV-Verfahren werden damit wohl auch künftig über das Honorar laufen. Es gilt, sich je nach Bürosituation darauf einzustellen. |
Um diesen Fall ging es bei der VK Sachsen
Auftragsgegenstand waren Planungsleistungen der Lph 8 und 9 für die Objektplanung von Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerken. Als Zuschlagskriterien waren vorgesehen: Preis (Gewicht 60 Prozent), personenbezogene Referenzen (30 Prozent) und Personaleinsatz der Bauoberleitung (zehn Prozent). Ein unterlegener Bieter wollte die Bezuschlagung an das erstplatzierte Büro verhindern. Er argumentierte, das Honorar sei unauskömmlich kalkuliert, der Bieter deshalb auszuschließen. Es ging vor Gericht.
Die Entscheidung der VK Sachsen
Die VK Sachsen hat den Nachprüfungsantrag abgelehnt. Sie tat das mit den folgenden Leitsätzen (VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2023, Az. 1/SVK/031-22, Abruf-Nr. 234995):
- Die Vergabekammer hat nicht zu bewerten, ob ein Angebot auskömmlich oder unauskömmlich ist, sondern ob die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot als auskömmlich oder unauskömmlich zu bewerten, auf Basis eines zutreffend und hinreichend ermittelten Sachverhalts und einer gesicherten Erkenntnisgrundlage getroffen wurde und im Ergebnis nachvollziehbar und vertretbar ist. Bei dieser Prognoseentscheidung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten Nachprüfbarkeit durch die Vergabekammer unterliegt.VK muss nicht über Auskömmlichkeit entscheiden
- Ein Ausschluss eines ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angebots kommt nicht in Betracht, wenn der Auftraggeber nach der Prüfung gemäß § 60 Abs. 1 und 2 VgV anhand der vom Bieter vorgelegten Unterlagen die geringe Höhe des Preises zufriedenstellend aufklären kann.
- Sofern der Bieter eine seriöse Kalkulation seines ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angebots nachweist, indem er die Gründe seiner Angebots- und Preisgestaltung nachvollziehbar und stichhaltig aufschlüsselt, darf sein Angebot nicht ausgeschlossen werden. Ein nachvollziehbarer Grund für eine sehr niedrige Kalkulation kann im Einzelfall z. B. die Erlangung einer neuen Referenz sein, um damit ein – wettbewerblich erwünschtes – Verbleiben im Markt zu gewährleisten.Erlangung neuer Referenz ist akzeptabler Grund für sehr niedrige Kalkulation
AUSGABE: PBP 6/2023, S. 20 · ID: 49424695