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Planungsverträge mit ZeithonorarEine Praxisalternative für terminlich anspruchsvolle Umbau-Projekte mit VgV-Verfahren

Abo-Inhalt30.05.20235793 Min. Lesedauer

| Planungsverträge mit (mindestens anteiligen) Zeithonoraren bringen bei einer Reihe von Maßnahmen allen Beteiligten wirtschaftliche Vorteile. Das gilt insbesondere, wenn es um Termineinhaltungen bei komplexen Umbauten im Bestand und den zur Zielerreichung erforderlichen Leistungen des Planers geht. PBP unterstützt Sie in dieser Ausgabe (ab Seite 12) mit Vorschlägen für Vertragsklauseln. Und Sie erfahren, warum sich dieses Honorarmodell auch für die – demnächst rapide zunehmenden – VgV-Verfahren insbesondere bei Umbauten mit hohem Termindruck bestens eignet. |

Ziel: Zunehmende Anzahl an VgV-Verfahren gut bewältigen

VgV-Verfahren werden deswegen rapide zunehmen (das Bundeswirtschaftsministerium geht von 10.000 zusätzlichen Verfahren aus), weil in Kürze eine Änderung der VgV in Kraft tritt. Und zwar hat der Bundestag dem Bundesrat am 04.05.2023 die „Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen ...“ zur Zustimmung weitergeleitet. Darin ist u. a. geregelt, dass die Auftragswertermittlung von Planungsleistungen in § 3 Abs. 7 S. 2 VgV gestrichen wird. Künftig werden Einzelhonorare der Leistungsbilder bei der Schwellenwertberechnung addiert. Viele – bisherige – Unterschwellenvergaben werden dann zu EU-weiten Vergaben, zu VgV-Verfahren.

Gestaltung von VgV-Verfahren beim Bauen im Bestand

Besondere Brisanz bringt diese Änderung für das Bauen im Bestand bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Gebäudebetriebs mit sich. Solche VgV-Verfahren sind nämlich dadurch gekennzeichnet, dass eine Reihe konkreter Leistungsinhalte zu Beginn des Verfahrens noch gar nicht feststehen (können). Schließlich wird die konkrete Aufgabenstellung erst nach Auftragserteilung in der Lph 1 finalisiert. Auch die Beratungen zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf und die Klärung von Zielkonflikten (Kosten, Termine, Standards etc.) folgen erst nach Auftragserteilung.

Diese (naturgemäß) oft anfallenden Leistungsanpassungen haben Auswirkungen auf das Honorar. Hinzu kommt, dass beim Bauen im Bestand eine Reihe von Spezialhonorarthemen aufkommen. Denken Sie z. B. an

  • erforderliche Leistungen nach § 650p BGB,
  • die ergänzende Beauftragung erforderlicher Besonderer Leistungen (z. B. Bestandsaufnahmen und Bauschadenserkundungen),
  • die Planung provisorischer Maßnahmen im Betrieb (Umorganisationen für durchgehende Nutzung, Anpassung von Rettungswegen, temporär geänderte Wegeführungen),
  • kurzfristige Änderungen von Detailterminplanungen, die über die Grundleistungen hinausgehen,
  • Nutzerabstimmungen, um z. B. provisorische Maßnahmen zu organisieren,
  • zusätzliche Leistungen, die bei Auftragserteilung noch nicht bekannt waren.

Alte Zöpfe abschneiden und neue Honorarmodelle angehen

Möchte der öffentliche Auftraggeber ständige Vertragsverhandlungen mit seinen Planern (oder dem Generalplaner) und damit Zusatzaufwand minimieren, stellt sich die Frage, warum er nicht eine kombinierte Vergütung aus dem HOAI-Berechnungsmodell (z. B. für die Lph 1 bis 4 oder 1 bis 7) und aufwandsbezogenem Honorar wählt.

Bisher scheiterte das oft daran, dass landläufig die Auffassung vertreten wird, Zeithonorare und VgV-Verfahren passen nicht zusammen. Die Argumente lauten

  • bei Zeithonoraren ließe sich keine feste Auftragssumme ermitteln oder
  • ein ordnungsgemäßer Wettbewerb nach Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht möglich.

Dazu muss zunächst festgestellt werden, dass auch nach dem HOAI-Berechnungsschema die tatsächlichen Honorare meist erst weit nach Auftragserteilung in den Einzelheiten konkret ermittelt werden können. Das liegt z. B. daran, dass sich bei Umbauten viele HOAI-Honorarberechnungskomponenten häufig erst weit nach Vertragsabschluss – auf der Grundlage zwischenzeitlich erzielter Planungsergebnisse – ergeben. Typischerweise werden etwa

  • anrechenbare Kosten,
  • anrechenbare Kosten aus mitverarbeiteter Bausubstanz oder
  • die Honorarzone

erst in Lph 3 final ermittelt. Mit anderen Worten: Jede Honorarvereinbarung in einem VgV-Verfahren wird zunächst aus Gleichbehandlungsgründen auf plausiblen Annahmen beruhen, die später evtl. angepasst werden. Das sieht die HOAI seit Jahrzehnten so vor.

Ablauf von VgV-Verfahren mit aufwandsbezogenem Honorar

Um die neuen Herausforderungen in VgV-Verfahren gut meistern zu können, müssen zwei Fragen beantwortet werden:

  • 1. Wie werden die aufwandsbezogenen Kalkulationsvorgaben (voraussichtliche Arbeitsstunden je Berufsgruppe) ermittelt und der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt?
  • 2. Wie kann das aufwandsbezogene Honorar der Höhe nach so disponiert werden, dass später keine Überraschungen auftreten?

Die Lösung kann nach Vorschlag von PBP darin bestehen, dass der (öffentliche) Auftraggeber den Bietern einen selbst eingeschätzten Zeitaufwand vorgibt, so wie das bei konventionellen VgV-Verfahren auch mit den anrechenbaren Kosten (aus Gleichbehandlungsgründen) erfolgt. Der Bieter gibt dann seine Stundensätze an. Die Gleichbehandlung ist gegeben.

Wichtig | Die anzubietenden Stundensätze müssen auskömmlich sein. Hier gibt es von Berufsverbänden kalkulatorische Ermittlungshilfen, die es den Auslobern ermöglichen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Prüfungsroutinen sind öffentlichen Auftraggebern (Stichwort Auskömmlichkeitsprüfung) ohnehin aus VOB/A-Verfahren bekannt. Dort dürfen unangemessen niedrige Stundensätze bzw. Angebote auch nicht beauftragt werden.

1. Schritt: Auftraggeber schätzt voraussichtlichen Aufwand

Schritt Eins besteht darin, dass der Auftraggeber den inhaltlichen Umfang des Zeithonorars (z. B. Lph 8 und alle Besonderen Leistungen) und den dafür voraussichtlich erforderlichen Aufwand schätzt. Eine vergleichbare Vorauskalkulation müssen öffentliche Auftraggeber bei der Schwellenwertermittlung ohnehin erbringen.

Mit den geschätzten Stundenvorgaben als Aufwandsangabe vermeidet der Auftraggeber, dass ein Bewerber einen (unangemessen hohen) Stundensatz bei gleichzeitig sehr geringem – von ihm selbst kalkulierten – Zeitaufwand anbietet, um später mit dem tatsächlichem Aufwand den Wettbewerb ad absurdum zu führen.

2. Schritt: Auftragnehmer bietet seine Stundensätze an

Der zweite Schritt besteht darin, dass die Bieter im VgV-Verfahren angeben, wie hoch ihre Stundensätze für die einzelnen – vom Auftraggeber – genannten Berufsgruppen sind. Daraus ergibt sich dann die Honorarsumme.

Die Musterkalkulation zu Ihrer Orientierung

In der nachstehenden Beispieltabelle finden Sie eine Musterkalkulation bzw. ein Musterhonorarangebot für die Lph 8 nebst Besonderer Leistungen. Im Musterfall hat der Auftraggeber den Aufwand für die Lph 8 mit 1.140 Stunden ermittelt und für Besondere Leistungen noch einmal 690 Stunden geschätzt.

Es wird unterstellt, dass die Grundleistungen für die Lph 1 bis 7 nach HOAI und die Grundleistungen der Lph 8 sowie Besondere Leistungen nach Aufwand abgerechnet werden. Das Beispiel wurde gewählt, weil beim Bauen im Bestand und der Aufrechterhaltung der Gebäudenutzung während der Umbauarbeiten ein relevanter Anteil des für den Projekterfolg entscheidenden Aufwands in der Lph 8 (Grundleistungen) und in Besonderen Leistungen anfällt. Das Muster gilt für alle Leistungsbilder sinngemäß.

49468237_Grafik 2.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Wichtig | Diese Beispiel-Vorausschätzung betrifft nur das Leistungsbild Gebäude. Wie erwähnt, sind die Honorare der anderen Leistungsbilder mit Änderung der VgV ebenfalls zu würdigen und bei der Schwellenwertermittlung hinzuzurechnen. Der Schwellenwert wird also im Beispiel überschritten.

Nachstehendes Beispiel zeigt, wie das Angebot im Leistungsbild Gebäude im Rahmen eines VgV-Verfahrens aussehen könnte. Die freien Felder sind die Eingabefelder.

49468237_Grafik 1.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Fazit | Zeithonorare können auch in VgV-Verfahren verwendet werden, wenn sehr kurzfristig auszuführende Umbauten im Betrieb mit sehr kleinteiligen, nicht im Einzelnen vorhersehbaren Leistungen anfallen. Sie führen zu einer wesentlichen Vereinfachung beim Projektablauf, bringen Einspareffekte bei den sonstigen Projektkosten (z. B. bei temporären Provisorien) und sparen dem öffentlichen Auftraggeber außerdem noch Personalaufwand.

Weiterführende hinweise
  • Es bleibt die Frage, wie die kalkulatorisch grob geschätzte und aus Gleichbehandlungsgründen vom Auftraggeber angegebene Stundenanzahl im Vertragsablauf kontrolliert und überwacht wird. Diese Frage wird PPB in der Juli-Ausgabe erörtern.
  • Beitrag „Alternative Honorarmodelle: Musterlösung für Modernisierungen im laufenden Gebäudebetrieb“, PBP 6/2023, Seite 4 → Abruf-Nr. 49475241
  • Beitrag „Alternative Honorarmodelle für die Objektplanung“, PBP 5/2023, Seite 4 → Abruf-Nr. 49333380
  • Beitrag „Alternative Honorarmodelle in der TA: So könnten Honorarangebote aussehen“, PBP 4/2023, Seite 8 → Abruf-Nr. 49056934 und 3/2023, Seite 9 → Abruf-Nr. 49053867

AUSGABE: PBP 6/2023, S. 8 · ID: 49468237

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