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VOB/BBGH: Ohne wirksame Einbeziehung der VOB/B keine Kündigung bei Mängeln vor der Abnahme

Abo-Inhalt05.05.20235235 Min. Lesedauer

| Von einem Planer kann erwartet werden, dass er den Wortlaut des BGB und der VOB/B kennt sowie die Grundzüge der BGH-Rechtsprechung. Das ist gängige Rechtsprechung zur Beratungspflicht gegenüber Auftraggebern. Deswegen tun Sie gut daran, sich mit einschlägiger Rechtsprechung vertraut zu machen. Das gilt auch für Kündigungsmöglichkeiten gegenüber ausführenden Unternehmen, die mit Mängelbeseitigungsverlangen lax umgehen. So einen Fall hat jetzt der BGH entschieden. |

Der Fall vor dem BGH

Im konkreten Fall beauftragte ein Auftraggeber einen Straßen- und Tiefbauer als Sub, entsprechende Arbeiten entlang einer Stadtbahntrasse durchzuführen. Die Parteien bezogen in den Vertrag die VOB/B ein. Die Auftragssumme belief sich auf ca. drei Mio. Euro. Während der Ausführung rügte der Auftraggeber mehrfach die Qualität des verbauten Betons und verlangte unter Fristsetzungen die Beseitigung des Mangels. In späteren Mängelrügen drohte er der Auftragnehmerin die außerordentliche Kündigung des ganzen oder eines Teils des Auftrags an. Der Tiefbauer beseitigte die behaupteten Mängel nicht. Diese hätten mit einem Aufwand von ca. 6.000 Euro bei laufendem Baubetrieb in zwei bis drei Arbeitstagen erledigt werden können. Nach Ablauf der letzten gesetzten Frist kündigte der Auftraggeber den Bauvertrag hinsichtlich aller zu diesem Zeitpunkt noch nicht erbrachten Arbeiten. Er bezog sich auf § 4 Nr. 7 S. 3 i. V. m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B.

Die Entscheidung der BGH

Der BGH hielt die Kündigung für unwirksam. Entscheidend dafür war, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart war, sondern an verschiedenen Stellen davon abwich. In dem Fall sei jede Regelung der VOB/B dahingegen zu überprüfen, ob sie mit dem Recht der AGB vereinbar sei. Für § 4 Nr. 7 S. 3 i. V. m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VOB/B gelte das nicht. Eine Kündigung aus wichtigem Grund setze voraus, dass der Auftragnehmer durch ein den Vertragszweck gefährdendes Verhalten die vertragliche Vertrauensgrundlage zum Auftraggeber derart erschüttert habe, dass diesem unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das sei hier nicht gegeben (BGH, Urteil vom 19.01.2023, Az. VII ZR 34/20, Abruf-Nr. 234044).

Wichtig | Ist die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart, kann eine Aufforderung zur Mangelbeseitigung während der Ausführungsphase nicht mehr unter Berufung auf § 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B mit der Androhung einer Kündigung und ggf. ihrem Vollzug verknüpft werden. Der BGH hat aber auch klargestellt, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund auf anderer rechtlicher Grundlage schon während der Ausführungsphase möglich ist. Bei Mängeln, die bereits vor der Abnahme erkennbar sind, könnte das der Fall sein, wenn mehrere Mängel oder ein nicht nur geringfügiger Mangel vorliegen.

AUSGABE: PBP 6/2023, S. 23 · ID: 49417624

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