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UnternehmensnachfolgeBüronachfolge jenseits der Familie: Können Sie Anteile auch steuergünstig schenken?

Abo-Inhalt29.04.20235232 Min. Lesedauer

| Wenn Sie keinen Nachfolger in der Familie haben, ist die Suche unter den eigenen – leitenden – Mitarbeitern die erste Option. Hohe „Einstandszahlungen“ sind ein Hinderungsgrund für Mitarbeiter, die prinzipiell Interesse hätten und auch befähigt wären. Um diese Hürde zu senken, wäre zu überlegen, solchen Mitarbeitern einen – ersten – Anteil am Büro zu schenken. Eine Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Sachsen-Anhalt lehrt nämlich, dass das steuerlich funktioniert. PBP empfiehlt aber, die anstehende Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abzuwarten. |

Nachfolgeregelung in Ehegatten-Ingenieurbüro

Im konkreten Fall wollten Ehegatten als Gesellschafter einer GmbH eine Nachfolgeregelung innerhalb der Familie herbeiführen. Sie sahen jedoch eine alleinige Übertragung der Anteile an ihren Sohn als kritisch an. Ihm fehlte die Branchenkenntnis; und er verfügte auch nicht über unternehmerische Erfahrungen. Die Lösung bestand dann darin, dem Sohn die wesentlichen Anteile zu übertragen und fünf leitenden Angestellten gleichzeitig ebenfalls Anteile an der GmbH zu gewähren (jeweils 5,08 Prozent).

Das Finanzamt sah in dieser Zuwendung an die Mitarbeiter lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn i. S. v. § 19 EStG. Die neuen Mitbüroinhaber wehrten sich dagegen. Sie zogen vors FG und klagten.

Finanzgericht widerspricht Finanzamt

Die Klage war erfolgreich. Das FG Sachsen-Anhalt hat eine Schenkung bejaht, und zwar aus folgenden Gründen (FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.04.2022, Az. 3 K 161/21, Abruf-Nr. 232096).

Diese Gründe veranlassen das FG zur Annahme einer Schenkung

Im Geschäftsanteilsübertragungsvertrag war weder ein Grund für die Übertragung angegeben noch eine Gegenleistung verlangt worden. Es war auch nicht geregelt, dass die Übertragung der Anteile (in der Vergangenheit erfolgte oder in der Zukunft zu erwartende) Dienste der leitenden Angestellten für die Gesellschaft abgelten soll.

Es war keinerlei „Haltefrist“ für die Anteile vereinbart. Und es war auch nicht geregelt, dass die „Beschenkten“ die Anteile erst nach einer bestimmten Frist der Weiterbeschäftigung bei der GmbH veräußern dürfen; die Übertragung war vielmehr „vorbehalt- und bedingungslos“ erfolgt.

Anteilsübertragungen waren gesellschaftsrechtlich veranlasst

Letztlich führte der Vorgang zu einer Übertragung der Anteile im Rahmen der Unternehmensnachfolge. Ziel war es, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Dabei standen gesellschaftsrechtliche strategische Überlegungen im Vordergrund. Der gesellschaftsrechtlich motivierten Schenkung lag eine Sonderrechtsbeziehung zugrunde, die auch selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen kann und somit nicht zu Arbeitslohn führt.

Anteilsübertragung war keine Entlohnung

In der Gesamtbetrachtung kam das FG zum Ergebnis, dass die Übertragung von GmbH-Anteilen auf leitende Angestellte des Unternehmens vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen der betrieblichen Nachfolgeregelung in erster Linie durch die Nachfolgeregelung verursacht war. Die Annahme von Arbeitslohn scheitert an dem Umstand, dass nicht ersichtlich war, für welche früheren oder in der Zukunft zu erbringenden Leistungen die Arbeitnehmer durch die Anteilsübertragung entlohnt werden sollten.

Die Steuervorteile einer Schenkung

Die Steuervorteile einer Schenkung gegenüber der Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn sind zweierlei Natur:

  • Steuerfreibetrag: Die Anteilsübertragung an einen Dritten fällt in die Steuerklasse III (§ 16 ErbStG). Der Steuerfreibetrag beträgt 20.000 Euro.
  • Steuersatz: Bei Anteilen, die bis 600.000 Euro wert sind, beträgt der Schenkungsteuersatz 30 Prozent.

Würde der Anteil als Arbeitslohn lohnversteuert, so würde der Wert dem normalen Arbeitslohn des Mitarbeiters hinzugerechnet. Da davon auszugehen ist, dass ein leitender Mitarbeiter gut verdient, würde das dazu führen, dass die Schenkung (hier dann Arbeitslohn) mit einem Grenzsteuersatz von weit über 30 Prozent besteuert wird.

Beispiel

Ingenieur Lothar Ganso schenkt Mitarbeiter A, der jetzt als Projektleiter arbeitet und das Büro später übernehmen soll, eine Beteiligung in Höhe bzw. im Wert von 19.500 Euro. A (alleinstehend) verdient aktuell 70.000 Euro brutto im Jahr. Folge:

  • Besteuerung als Schenkung (FG Sachsen-Anhalt): null Euro, weil unter Schenkungsteuerfreibetrag
  • Besteuerung als Arbeitslohn (Finanzverwaltung):
    • Lohnsteuer normal (70.000 Euro Bruttolohn): 14.080 Euro
    • Lohnsteuer mit Schenkung (89.500 Bruttolohn): 21.993 Euro

Ginge es nach der Finanzverwaltung, dann kassierte der Fiskus bei der Schenkung kräftig mit, es wären Mehrsteuern in Höhe von 7.913 Euro fällig. Deshalb sollten sich die Beteiligten auf die Entscheidung des FG Sachsen-Anhalt berufen.

BFH hat letztes Wort

Wie erwähnt, steht das Modell noch unter dem Vorbehalt, dass das höchste deutsche Steuergericht – der BFH – zustimmt. Bei ihm ist die Revision unter dem Az. VI R 21/22 anhängig. PBP hält Sie über den Fortgang auf dem Laufenden.

AUSGABE: PBP 6/2023, S. 26 · ID: 49417613

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