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ZustellungsrechtRücksendung des Empfangsbekenntnisses beim VU
| Die Zustellung eines elektronischen Dokuments an einen Anwalt wird nach § 173 Abs. 3 S. 1 ZPO durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis (EB) nachgewiesen, das an das Gericht zu übermitteln ist. Die Zustellung ist als bewirkt anzusehen, wenn der Anwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen. Oft wird damit allerdings „gespielt“, um noch etwas Zeit für die eigene Bearbeitung zu gewinnen oder aber auch, um für den Mandanten die zwangsweise Inanspruchnahme möglichst lange zu verzögern. Das wird allerdings nicht von allen Gegnern und Gerichten akzeptiert, wie eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt – mit unangenehmen Folgen. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Beklagte hat am 6.5. Versäumnisurteil (VU) ergehen lassen. Angeblich soll ihm das Urteil erst am 17.5. zugestellt worden sein, während der Gegner die Zustellung für den 10.5. angegeben hatte. Am 28.5. hat sein Bevollmächtigter Einspruch eingelegt. Diesen hat das LG mit der Annahme als unzulässig zurückgewiesen, dass das VU schon vor dem 14.5. zugestellt worden sei. Der Anwalt habe in dem Empfangsbekenntnis ein falsches Datum angegeben. Das OLG ist dem LG gefolgt (27.1.25, 3 U 58/24, Abruf-Nr. 248588). Das vom Anwalt elektronisch abgegebene EB erbringt gegenüber dem Gericht den vollen Beweis nicht nur für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt, sondern auch für den angegebenen Zeitpunkt der Zustellung (BGH 17.1.24, VII ZB 22/23). Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des EB ist aber zulässig und möglich. Er setzt voraus, dass die Beweiswirkung des § 173 Abs. 3 S. 1 ZPO vollständig entkräftet und jede ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die in ihm enthaltenen Angaben richtig sein können.
Entkräftet werden kann die Beweiswirkung anhand verschiedener Indizien. Mit dem BGH (7.10.21, IX ZB 41/20) nimmt das OLG an, dass allein das Verstreichen einer ungewöhnlich langen Zeit zwischen gerichtlicher Verfügung und Datum auf dem EB noch kein hinreichendes Indiz darstellt. Im konkreten Fall kamen weitere Indizien hinzu, auf die ein Augenmerk zu richten ist. Dies gilt umso mehr, als aus Indizien auf das wahre Zustelldatum geschlossen werden kann.
Checkliste / Gerichtliche Prüfung des Zustellungsdatums im EB |
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Relevanz für die Praxis
Die anwaltliche Sicht ist immer eine doppelte. Wer rechtsverfolgend tätig ist und eine Verzögerungstaktik des Gegners vermutet, sollte mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf auf eine amtswegige Aufklärung dringen. Wer dagegen mit der Rückgabe von EB in Verzug geraten ist, muss dem Eindruck der Missbräuchlichkeit plausibel, frühzeitig und eigeninitiativ entgegentreten.
AUSGABE: FMP 7/2025, S. 127 · ID: 50451547