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UmgangsauflageUmgang: Gericht darf kein Rauchverbot erteilen

Abo-Inhalt02.01.2025462 Min. LesedauerVon RAin Dr. Gudrun Möller, FAin Familienrecht, BGM Anwaltssozietät, Münster

| Das OLG Bamberg hat sich damit auseinandergesetzt, welche Anordnungsbefugnisse das AG im Rahmen des § 1684 BGB hat. |

Sachverhalt

Die Beteiligten M und V sind getrennt lebende Eltern, deren Kinder E und G (zehn und acht Jahre) bei der allein sorgeberechtigten M leben. Eine frühere Umgangsvereinbarung wurde geändert, nachdem ein Kind den Umgang mit dem Vater aufgrund eines Streits verweigerte. Das AG entschied u. a., dass der V es unterlassen müsse, im Beisein der Kinder die M zu beschimpfen oder zu bedrohen. Er müsse Beschimpfungen der Kinder unterlassen. Es gab ihm auf, während der Umgangszeiten im Beisein der Kinder nicht in den Wohnräumen zu rauchen. Die Wohnräume sind vor Umgangsbeginn ausreichend zu lüften. Die Beschwerde des V dagegen war teilweise erfolgreich.

Leitsätze OLG Bamberg 7.8.24, 7 UF 80/24

  • 1. Das Gebot, dass ein zum Umgang berechtigter Vater während des Umgangs in Gegenwart der Kinder nicht in seiner Wohnung rauchen darf, kann nicht auf § 1684 Abs. 2 oder 3 BGB gestützt werden.
  • 2. Als milderes Mittel gegenüber der Einschränkung oder des Ausschlusses des Umgangs kann ein derartiges Gebot nach § 1684 Abs. 4 S. 2 erfolgen, wenn andernfalls das Wohl der Kinder konkret gefährdet wäre. Allein die Feststellung, dass das sog. Passiv-Rauchen grundsätzlich gesundheitsschädigend ist, reicht insoweit allerdings nicht aus.
  • 3. Ob Kinder vor den Gefahren des Passiv-Rauchens auch dann geschützt werden sollen, wenn die Voraussetzungen der §§ 1666, 1684 Abs. 4 BGB nicht vorliegen, muss der Gesetzgeber entscheiden.
  • (Abruf-Nr. 243546)

Entscheidungsgründe

Das Rauchverbot in den Wohnräumen während der Umgangszeiten im Beisein der Kinder hat keine gesetzliche Grundlage, auch wenn es dem Kindeswohl dient, da auch das Passiv-Rauchen gesundheitsschädlich ist. Es ist nicht ersichtlich, dass das Rauchen in Gegenwart der Kinder „die Erziehung erschwert“, § 1684 Abs. 2 BGB. Das Verhalten der Eltern mag (mit-)bestimmen, ob die Kinder selbst Raucher werden. Hier ging die Initiative zur gerichtlichen Anordnung vom Jugendamt aus. Die Entscheidung darüber dürfte aber Teil der der M allein zustehenden Gesundheitssorge sein.

Das AG ist befugt, die Ausübung des Umgangsrechts näher zu regeln, also Art, Zeit und Ort des Umgangs zu bestimmen, § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB. Diese Bestimmung greift stets in das sog. Umgangsbestimmungsrecht der Eltern (hier der allein sorgeberechtigten M) ein. Eine Befugnis, in sonstige Rechte der Eltern (hier des V) einzugreifen, ergibt sich daraus nicht.

Das AG kann nur mittels Anordnungen die Beteiligten anhalten, die in § 1684 Abs. 2 BGB geregelten Pflichten zu erfüllen, § 1684 Abs. 3 S. 2 BGB. Möglich wäre ein derartiges Gebot demnach nur, wenn der V mit dem Rauchen während des Umgangs konkret das Kindeswohl gefährden würde, § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB. Rauchen in Gegenwart von Kindern gefährdet aber nicht stets konkret und erheblich deren körperliches Wohl (so aber Ritter, FamRZ 11, 1408 Anm. zu KG FamRZ 11, 825; zum „Rauchverbot für Eltern“ vgl. auch Weber, NZFam 18, 510 mit Hinweis auf BayObLG NJW-RR 93, 1224). Dass bei E und G gesundheitliche Beeinträchtigungen (wie z. B. Asthma) bestehen, die durch das Rauchen des V in ihrem Beisein verstärkt werden, wurde nicht behauptet.

Allerdings wird der V damit leben müssen, wenn seine Kinder äußern sollten, sie würden ihn nicht mehr in seiner Wohnung besuchen oder übernachten wollen, wenn er dort in ihrem Beisein raucht und die Wohnung nach (kaltem) Rauch „stinkt“. Denn das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit geht den Rechten des Vaters sicher vor.

Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Pflicht des V, sich bei seiner Tochter schriftlich für die Beschimpfungen zu entschuldigen. Das Gebot, die M im Beisein der Kinder nicht zu beschimpfen und zu bedrohen sowie die Kinder nicht zu beschimpfen, folgt aus allgemeinen (insbesondere strafrechtlichen) Vorschriften. Zudem müssen die Eltern nach § 1684 Abs. 2 BGB alles unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Zwar kann das AG nach § 1684 Abs. 3 S. 2 BGB „durch Anordnungen“ dazu anhalten, die in § 1684 Abs. 2 BGB geregelten Pflichten zu erfüllen. Gleichwohl sind Gebote hier nicht notwendig. Zum einen ist die bloße Wiedergabe gesetzlicher Vorgaben im Tenor regelmäßig überflüssig. Zum anderen sind die Anordnungen („beschimpfen“) nicht hinreichend bestimmt, sodass sie keine geeignete Grundlage für etwaige Ordnungsmittel (§ 89 FamFG) darstellen.

Sollte der V dauerhaft oder wiederholt gegen die sog. Wohlverhaltenspflicht verstoßen, kann das AG Umgangspflegschaft anordnen, § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB. U. U. wären auch Maßnahmen nach § 1684 Abs. 4 S. 1 oder 2 BGB denkbar.

Relevanz für die Praxis

Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, den Nichtraucherschutz für Kinder umfassender als bislang zu regeln. Denkbar wäre nach Ansicht des OLG Bamberg etwa, das Rauchen in geschlossenen Räumen in Gegenwart von Kindern gänzlich zu untersagen. Notwendig wäre insoweit aber der – noch – nicht erkennbare Wille, den Rechten der Kinder in bestimmten Fällen Vorrang einzuräumen gegenüber den Rechten ihrer Eltern.

Das OLG Bamberg weist zu Recht darauf hin, dass das AG bei Verstößen gegen die Wohlverhaltenspflicht eine Umgangspflegschaft anordnen kann, § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB. Aufgabe des Umgangspflegers ist, dafür zu sorgen, dass kindeswohldienliche Umgangskontakte durchgeführt werden und den Widerstand eines Elternteils oder beider Eltern gegen den jeweils anderen Elternteil bzw. gegenüber Umgangskontakten zu überwinden (BeckOGK-Altrogge (Stand 15.11.21, § 1684 Rn. 500).

AUSGABE: FK 1/2025, S. 5 · ID: 50148741

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