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MaklerwechselUrsprungsmakler hat Anspruch auf Auskunft und Belege gegenüber Versicherern und Kunden

Abo-Inhalt07.02.2024940 Min. Lesedauer

| In der Praxis kommt es vor, dass der Kunde einen weiteren Makler beauftragt, ohne zuvor den Maklervertrag mit dem Ursprungsmakler gekündigt bzw. die Maklervollmacht widerrufen zu haben. Für den Ursprungsmakler steht seine weitere Courtage auf dem Spiel. Auch Schadenersatzansprüche gegen den Kunden stehen im Raum. Da ist es verständlich, dass der Ursprungsmakler vom Versicherer bzw. Kunden Auskunft über bzw. Nachweise für den Maklerwechsel verlangt. VVP erläutert, welche Rechte der Ursprungsmakler gegenüber Versicherern und Kunden hat. |

Maklerwechsel und die Situation beim Ursprungsmakler

Der Kunde kann mehrere Vermittler mit derselben Tätigkeit getrennt nebeneinander beauftragen. Mit einer neuen (weiteren) Beauftragung wird nicht automatisch (konkludent) der Ursprungsmaklervertrag gekündigt bzw. die Ursprungsmaklervollmacht widerrufen.

Solange die Makler-Kunden-Beziehung formell nicht beendet ist, steht der Ursprungsmakler dem Kunden gegenüber als dessen Sachwalter in der „Pflicht“, genauso wie der neue Makler.

Der Versicherer schuldet die Courtage nur einmal. Er spricht die Courtage bei einem Maklerwechsel in der Regel (nach den Makler-Usancen) dem Makler mit der neueren Vollmacht zu. Damit hat der Ursprungsmakler ein Interesse zu erfahren, ob ein weiterer Makler von seinem Kunden beauftragt wurde. Nur so kann er prüfen, ob er gegebenenfalls weiterhin einen Courtage-Anspruch gegenüber dem Versicherer oder einen Schadenersatzanspruch gegen den Kunden für entgangene Courtage hat.

Das sind die Rechte des Ursprungsmaklers im Überblick

Der Ursprungsmakler hat das Recht, über den Maklerwechsel nebst der Daten des Neu-Maklers umfassend informiert zu werden.

  • Er hat einen Auskunfts- und Vorlage-Anspruch hinsichtlich der Courtage gegen den Versicherer.
  • Er hat eventuell einen Auskunfts- und Vorlage-Anspruch hinsichtlich eines Schadenersatzes für entgangene Courtagen gegen den Kunden.
  • Gegen den Neu-Makler hat der Ursprungsmakler keinen Auskunfts- und Vorlage-Anspruch.

Wichtig | Weder Versicherer noch Kunde sind aber verpflichtet, dem Ursprungsmakler eine Kopie des neuen Maklerauftrags bzw. der neuen Maklervollmacht oder eine Abschrift des Kundenwunsches nach Maklerwechsel zu übersenden. Versicherer oder Kunde müssen diese Unterlagen lediglich zur Einsicht zur Verfügung stellen.

Praxistipp | Versuchen Sie als Ursprungsmakler zunächst, dass der Versicherer Ihnen die Kopien ggf. gegen Kostenübernahme übermittelt, bevor Sie sich auf den Weg machen.

Das setzt der Auskunftsanspruch des Ursprungsmaklers voraus

Der Ursprungsmakler hat einen Auskunftsanspruch bezüglich des Maklerwechsels und der Daten des neuen Maklers gegen den Versicherer bzw. Kunden. Dieser Anspruch ergibt sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Voraussetzung für den Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben ist, dass folgende vier Punkte erfüllt sind:

  • Der berechtigte Ursprungsmakler ist im Ungewissen über Bestehen oder Umfang seines Rechts auf Courtage gegen den Versicherer bzw. eventuell auf Schadenersatz gegen den Kunden.
  • Der berechtigte Ursprungsmakler kann sich die erforderliche Information auf zumutbare Weise nicht selbst beschaffen.
  • Der verpflichtete Versicherer bzw. Kunde kann die Auskunft zur Beseitigung der Ungewissheit (Maklerwechsel) leicht geben.
  • Dem berechtigten Ursprungsmakler steht kein vorrangiger Auskunftsanspruch gegen einen anderen Beteiligten zu.

Meist sind sämtliche der vier vorstehenden Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch hier zugunsten des Ursprungsmaklers erfüllt.

Schuldner des Auskunftsanspruchs ist der Schuldner des Hauptanspruchs, sprich derjenige, gegen den der Leistungsanspruch geltend gemacht werden kann. Das ist bei der Courtage der Versicherer und bezüglich eines eventuellen Schadenersatzes für entgangene Courtage der Kunde.

Wichtig | Somit kann der Ursprungsmakler zur Durchsetzung seiner Ansprüche sowohl vom Versicherer als auch vom Kunden Auskunft über alle notwendigen Informationen verlangen, die den Maklerwechsel bzw. den neuen Makler betreffen.

Praxistipp | Weisen Sie als Ursprungsmakler den Versicherer zunächst auf seine Auskunftspflicht hin. Denn die Klärung über das Bestehen eines Courtage-Anspruchs geht der Klärung eines Schadenersatzes für entgangene Courtage vor.

Ursprungsmakler hat Anspruch auf Vorlage der Belege

Im Rahmen des genannten Auskunftsanspruchs, der aus Treu und Glauben abgeleitet ist, ergibt sich auch ein Anspruch auf Vorlage von Belegen. Nur so kann der Ursprungsmakler (Gläubiger) die Richtigkeit der Auskunft prüfen. Und nur so lassen sich Zweifel an der Auskunft ausräumen.

Voraussetzungen des Vorlage-Anspruchs

Der Vorlage-Anspruch des Ursprungsmaklers setzt zweierlei voraus:

  • 1. Der Ursprungsmakler (Gläubiger) ist auf die Vorlage der Belege angewiesen.
  • 2. Dem Versicherer bzw. Kunden (Schuldner) kann die zusätzliche Verpflichtung zugemutet werden.

Vorlage-Anspruch bei Maklerwechsel besteht in der Regel

Diese beiden Voraussetzungen sind beim Maklerwechsel meist erfüllt:

Praxistipps |

  • In den meisten Fällen wird der Versicherer Unterlagen über den Maklerwechsel vorliegen haben.
  • Es kann aber auch sein, dass er keine vorlegen kann, weil er diese an den Kunden zurückgegeben und sich nur eine Notiz für seine Unterlagen gemacht hat. In diesem Fall muss er die Unterlagen vom Kunden zurückfordern, um sie dem Ursprungsmakler vorlegen zu können.
  • Der Kunde kann die Unterlagen dem Ursprungsmakler aber auch direkt vorlegen, weil er ebenfalls vorlagepflichtig ist.
  • Sollte der Kunde sämtliche Unterlagen dem neuen Makler ausgehändigt haben, muss er sie von ihm zurückfordern und dem Ursprungsmakler vorlegen.
  • Der Ursprungsmakler ist auf die Kenntnis des Inhalts des neuen Makler-Auftrags oder sonstiger Unterlagen angewiesen. Nur so kann er prüfen, ob der Maklerwechsel auch tatsächlich stattgefunden und der neue Makler neben der Vermittlung von neuem Geschäft auch die Betreuung für bestehende Verträge für den Kunden übernommen hat. Letzteres ist nicht immer der Fall, wie die Praxis zeigt.
  • Wegen des geringen Aufwands ist es dem Versicherer bzw. Kunden zumutbar, die Unterlagen vorzulegen.

Wichtig | Vom neuen Makler kann der Ursprungsmakler die Unterlagen nicht herausverlangen. Dem Ursprungsmakler steht nämlich vorrangig ein Vorlage-Anspruch gegenüber dem Versicherer und dem Kunden zu.

Auskunfts- und Vorlage-Anspruch besteht auch bei Kündigung

Der Anspruch des Ursprungsmaklers auf Auskunft und Vorlage geht nicht unter, wenn im Zuge des Maklerwechsels der Kunde den Maklervertrag kündigt oder der Versicherer die Courtage-Zusage widerruft. Auch in diesem Fall kann der Ursprungsmakler Auskunft und Vorlage der relevanten Unterlagen verlangen, wenn er ein berechtigtes Interesse bzw. Informationsbedürfnis gegenüber dem Versicherer oder Kunden hat.

Es gibt kein datenschutzrechtliches Hindernis

Versicherer oder Kunden können sich nicht darauf berufen, dass der Datenschutz und insbesondere die DSGVO es verböten, Daten des neuen Maklers oder eine Kopie des neuen Maklerauftrags/der neuen Maklervollmacht an den Ursprungsmakler durch Vorlage oder Übermittlung offenzulegen.

  • Maklergesellschaften in der Rechtsform einer juristischen Person wie der GmbH oder AG werden von der DSGVO nicht erfasst.
  • Und auch in Bezug auf die Übermittlung von Daten eines Einzelmaklers kann sich der Versicherer (bzw. der Kunde) nicht hinter der DSGVO verstecken:
    • Denn der Ursprungsmakler hat wegen der vom Versicherer zu zahlenden Courtage bzw. wegen eines vom Kunden ggf. zu zahlenden Schadenersatzes ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten des neuen Maklers. Der neue Makler hat kein schutzwürdiges Interesse, das dem Ausschluss der Offenlegung seiner Daten durch Vorlage bzw. Übermittlung entgegenstünde (vgl. Art. 6 Abs. 1 f) i. V. m. Art. 4 Nr. 2 und Nr. 10 DSGVO).
    • Und selbst, wenn man bei der gebotenen Interessenabwägung zu dem Ergebnis käme, dass die Interessen vom Ursprungsmakler und neuem Makler zumindest gleichwertig wären, dürfte gegenüber dem Ursprungsmakler eine Offenlegung der Daten durch Vorlage bzw. Übermittlung stattfinden. Argument: Bei Gleichwertigkeit der Interessen wäre die Beweisführung für eine höhere Gewichtung des geltend gemachten Interesses nicht möglich (vgl. Gola, DSGVO, Kommentar, München 2017, Art. 6, Rz. 52).

Das sind die Ansprüche bei fingiertem Maklerwechsel

Macht der Versicherer – ggf. im Zusammenspiel mit dem Kunden – einen Maklerwechsel geltend, der nicht stattgefunden hat, verhält er sich treuwidrig (§ 162 Abs. 2 BGB). Das hat zur Folge:

  • Der Ursprungsmakler hätte nach wie vor einen Courtage-, zumindest aber einen Schadenersatzanspruch.
  • Der Agierende auf Seiten des Versicherers würde sich in diesem Fall gegebenenfalls wegen Betrugs/versuchten Betrugs strafbar machen, der Kunde gegebenenfalls wegen Mittäterschaft oder Teilnahme daran.

AUSGABE: VVP 3/2024, S. 7 · ID: 49880065

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