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ProzessrechtNur teilweise per WhatsApp weitergeleiteter Bußgeldbescheid ist nicht wirksam zugestellt

Abo-Inhalt09.09.202468 Min. Lesedauer

| Nur die wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides unterbricht nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 OWiG die Verjährungsfrist. Daher spielen Zustellungsfragen in der Praxis immer wieder eine große Rolle. In dem Zusammenhang ist hinzuweisen auf einen Beschluss des AG Ulm. |

1. Zustellung an Meldeadresse, Weiterleitung per WhatsApp

Die Verwaltungsbehörde hatte gegen die Betroffene wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße festgesetzt. Der Bußgeldbescheid wurde ihr ausweislich der Zustellungsurkunde am 19.7.23 an ihre Meldeadresse zugestellt. Ihre Mutter hatte ihr am 31.7.23 lediglich die erste Seite des Bußgeldbescheids per WhatsApp geschickt. Die Betroffene hat sich per E-Mail unter Angabe des korrekten Aktenzeichens und des korrekten Gesamtbetrags bei der Verwaltungsbehörde gemeldet und um Zahlungserleichterung gebeten. Die Behörde bot am selben Tag eine Ratenzahlung an und wies auf die Rechtskraft zum 3.8.23 hin. Die Betroffene antwortete noch am 31.7.23. Sie legte dann über ihren Verteidiger am 7.9.23 Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Zudem wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist beantragt. Die Verwaltungsbehörde hat den Einspruch verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen.

2. Weiterleitung per WhatsApp ist keine Zustellung

Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte beim AG Erfolg (AG Ulm 5.3.24, 5 OWi 2260/23, Abruf-Nr. 241509). Der AG-Beschluss enthält zwei Kernaussagen:

  • Zunächst weist er daraufhin, dass die Zustellung unwirksam war. Die Betroffene, die Soldatin war, habe nämlich ihren Lebensmittelpunkt verlegt in die Nähe ihres Standorts. An der (früheren) Meldeadresse habe sie sich nur noch zu Heimatbesuchen aufgehalten. Die Betroffene habe sich auch nicht dadurch widersprüchlich verhalten, dass sie auf ein Anhörungsschreiben geantwortet habe, welches an eine Adresse versendet wurde, die nicht (mehr) Lebensmittelpunkt gewesen sei, sondern nur noch Meldeadresse (Soldatin auf Heimatbesuch).
  • Und: Die Zustellung ist nach Auffassung des AG auch nicht dadurch geheilt worden, dass der Betroffenen von ihrer Mutter lediglich die erste Seite des Bußgeldbescheids per WhatsApp übersandt worden sei. Das erfülle nicht die Voraussetzungen einer tatsächlichen Zustellung im Sinne der Zustellungsvorschriften. Dafür wäre es erforderlich, dass die Betroffene vom gesamten Bescheid sichere Kenntnis hätte nehmen können.
Weiterführender Hinweis
  • Zu den Zustellungsfragen eingehend Burhoff in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl., 2024, Rn. 4284 ff.

AUSGABE: VA 10/2024, S. 178 · ID: 50034394

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